Transporteur 09/20, A. Miskovez – Go-Box: leise Töne, hohe Strafen

Wer Mautstrecken benützt, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, begeht eine Verwaltungsübertretung mit einem Strafrahmen von 300 € bis 3000 €. Das Verpassen eines kurzen und leisen akustischen Signals der Go-Box beim Durchqueren einer Abbuchungsstelle kann somit teuer kommen.

Auch einen unserer Mandanten hat es getroffen und so wurde diesem vorgeworfen, er habe seinen Lkw auf dem mautpflichtigen Straßennetz gelenkt, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben. Konkret führte die Behörde aus, dass die Go-Box nicht ordnungsgemäß und dauerhaft montiert gewesen sei, wodurch es bei einer Abbuchungsstelle zu keiner Abbuchung kam. Wir setzten uns zur Wehr und konnten vergangenen Monat vor dem Landesverwaltungsgericht die Einstellung des Verfahrens erreichen.

Wird festgestellt, dass beim Durchfahren einer Abbuchungsstelle keine Maut abgebucht wurde, so gehen die Behörden davon aus, dass die Go-Box nicht richtig montiert, defekt oder nicht genügend Guthaben auf dieser vorhanden war. Im gegenständlichen Fall legte unser Mandant jedoch eine längere Strecke zurück und durchfuhr hierbei zahlreiche Abbuchungsstellen. Mit den entsprechenden Protokollen konnte auch belegt werden, dass die Abbuchung bei allen anderen Abbuchungsstellen ordnungsgemäß durchgeführt wurde und somit nur bei einer ausblieb. Dieser Umstand allein spricht schon für die ordnungsgemäße Montage und das Funktionieren der Go-Box.

Darüber hinaus war auf den von der Behörde angefertigten Lichtbildern ersichtlich, dass die Go-Box auch entsprechend der Montageanleitung, auf der hierfür vorgeschriebenen Stelle angebracht wurde. Wie die Behörde dennoch zu dem Entschluss kam, dass die Go-Box nicht ordnungsgemäß, an der hierfür vorgesehene Stelle montiert worden sei, ist daher fragwürdig, zumal die Lichtbilder der Behörde vorliegen.

Schließlich vertrat die Behörde auch die Ansicht, dass die vermeintliche Mautprellerei unserem Mandanten anzulasten sei, da diesen ein Verschulden trifft. Er hätte nämlich beim Durchfahren der Abbuchungsstelle darauf achten müssen, ob die Go-Box den vorgesehenen Ton abgibt.

Tatsächlich hat sich unser Mandant vor der Fahrt davon überzeugt, dass die Go-Box ordnungsgemäß angebracht und eingestellt war und darüber hinaus während der Fahrt auf die akustischen Signale der Go-Box geachtet. In der Praxis kommt es jedoch in Einzelfällen vor, dass der Ton der Go-Box überhört wird, da die Aufmerksamkeit des Fahrers in diesem Moment zum Beispiel einem Fahrmanöver, der Verkehrssituation etc. gewidmet ist. Daher kann es durchaus vorkommen, dass dem Fahrer das einmalige Nichtabbuchen, auch bei Einhaltung seiner Pflichten als Lenker eines Schwerlastwagenfahrzeuges, trotz großer Sorgfaltsübung, nicht auffällt. Dieser Umstand allein stellt jedoch kein Verschulden dar.

Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verfahrens

Das Landesverwaltungsgericht folgte unserer Ansicht und stellte unabhängig davon, ob die Go-Box nun tatsächlich ordnungsgemäß angebracht war, fest, dass unserem Mandanten kein Verschulden vorzuwerfen ist. Für die vorgeworfene Verwaltungsübertretung genügt als Verschuldungsgrad bereits Fahrlässigkeit, jedoch lag eine solche Fahrlässigkeit im konkreten Fall nicht vor. Das Gericht vertrat die Ansicht, dass auch einem mit den rechtlich geschützten Werten angemessen verbundenen, besonnenen und einsichtigen Lkw-Fahrer das einmalige Überhören eines akustischen Signals der Go-Box passieren kann. Zusammengefasst ist daher das einmalige Überhören eines kurzen Tons vertretbar und ist einem Lkw-Fahrer nicht gleich ein Verschulden anzulasten. Aus praktischer Sicht sind wir sehr erfreut über diese Entscheidung, da in diesem Fall Verständnis für den harten und sehr anspruchsvollen Beruf des LKW-Lenkers gezeigt und nicht wie gewohnt bei leichtesten Unachtsamkeiten hart vorgegangen und gestraft wurde.

Transporteur 09/20, A. Miskovez – Go-Box: leise Töne, hohe Strafen

Transporteur 09/20, Dr. Schärmer – Heiße Ware im Sommer! – Haftung bei temperaturgeführten Transporten

Ausgangslage

Ein Transportunternehmen wurde von einem Großhändler mit dem Transport einer Komplettladung Pharmaware beauftragt. Dabei handelte es sich um Impfstoffe und wurde für den Transport ein Temperaturbereich von 2 °C bis 8 °C vorgeschrieben. Als die Ware an der Entladestelle eintraf, wurde festgestellt, dass die Ware eine zu hohe Temperatur aufwies. Der Auftraggeber des Frachtführers forderte Schadenersatz für den eingetretenen Temperaturschaden und begründete dies damit, dass die Ware ordnungsgemäß vorgekühlt übergeben wurde und der Temperaturschaden daher durch eine falsche Einstellung des Kühlaggregats während des Transports entstand.

Wann liegt ein Temperaturschaden vor?

Die Beschädigung des Frachtgutes ist eine äußere oder innere Substanzverschlechterung, die eine Wertminderung des Gutes zur Folge hat. Bei temperaturgeführten Transporten handelt es sich meist um eine innere Substanzverschlechterungen. Diese liegen dann vor, wenn das Gut zwar nach außen hin wie körperlich unversehrt erscheint, aber durch äußere Einflüsse während des Transportes Qualitätsminderungen erlitten hat, die dazu führen, dass nur eine Verwertung mit geringem Erlös möglich wird. Der häufigste Fall eines Temperaturschadens liegt vor, wenn Substanzverschlechterung aufgrund der Erwärmung, infolge ausgefallener oder unzureichender Kühlanlagen entstehen. Zu beachten ist jedoch, dass es nicht unbedingt zu einer Beschädigung der Güter kommen muss, sondern auch dann ein Schaden im Sinne der CMR-Konvention vorliegt, wenn die Güter eine zu niedrige bzw. zu hohe Temperatur aufweisen. Die Wertminderung liegt hierbei nämlich darin, dass der Käufer bzw. Empfänger in der Regel die erwärmte oder unterkühlte Ware nicht mehr abnehmen muss.

Im gegenständlichen Fall lag eine Beschädigung des Transportgutes vor, da dessen Qualität während des Transports gemindert wurde. Gemäß der deutschen Arzneimittel- und Wirkstoffherstellungsverordnung (AMWHV) sind Arzneimittel so zu lagern und zu transportieren, dass ihre Qualität nicht nachteilig beeinflusst wird. Da für die Aufbewahrung des Impfstoffs nach den Fachinformationen des Herstellers eine Temperatur von 2 °C bis 8 °C vorgesehen ist, liegt bei einer Erwärmung über diese Temperatur hinaus eine Qualitätsminderung vor.

Wer haftet für den Temperaturschaden?

Grundsätzlich haftet der Frachtführer gemäß Art. 17 Abs. 1 der CMR für die Beschädigung des Gutes, sofern diese zwischen dem Zeitpunkt der Übernahme des Gutes und dem seiner Ablieferung eintritt. Diese Haftung wird als Obhutshaftung bezeichnet und umfasst somit Schäden, die während des Obhutszeitraums des Frachtführers entstehen. Der Frachtführer ist jedoch von dieser Haftung befreit, wenn insbesondere die Beschädigung durch ein Verschulden des Verfügungsberechtigten oder durch eine nicht vom Frachtführer verschuldete Weisung des Verfügungsberechtigten entstand (Art. 17 Abs. 2 CMR).

Diese Haftungsbefreiungsgründe führen somit dazu, dass der Frachtführer möglicherweise auch dann von seiner Haftung befreit ist, wenn der Schaden in seinem Obhutszeitraum eingetreten ist. Hierbei wird auf ein Verschulden bzw. Fehlverhalten des Verfügungsberechtigten abgestellt.

Bei Temperaturschäden ist somit in erster Linie zu untersuchen, ob der Schaden überhaupt im Obhutszeitraum des Frachtführers eingetreten ist. Wird die Ware zum Beispiel nicht ausreichend vorgekühlt, bevor sie dem Frachtführer übergeben wird, so liegt ein Schaden vor, der bereits vor dem Obhutszeitraum des Frachtführers eintrat und ist der Frachtführer somit von seiner Haftung ohnehin befreit. Wird hingegen festgestellt, dass die Ware ordnungsgemäß vorgekühlt wurde und der Temperaturschaden somit während des Transports eingetreten ist, so sind die Haftungsbefreiungsgründe des Art. 17 Abs. 2 CMR zu prüfen. In der Praxis liegt ein solcher Haftungsbefreiungsgrund oft dann vor, wenn dem Frachtführer eine falsche Temperatur für den Transport vorgeschrieben wurde. So ist der Schaden zwar im Obhutszeitraum des Frachtführers eingetreten, jedoch trifft ihn hierfür kein Verschulden, da der Schaden auf eine Weisung bzw. auf ein Verschulden des Verfügungsberechtigten zurückzuführen ist.

Wen trifft die Beweislast?

Die oben angeführten Haftungsregelungen sind übersichtlich und klar. Was in der Praxis oft Probleme bereitet, ist die Beweislastverteilung und somit die Frage wer was beweisen muss. Es lässt sich nämlich nicht immer feststellen, ob der Schaden nun während des Transports oder außerhalb des Obhutszeitraums des Frachtführers eingetreten ist.

Grundsätzlich ist es Sache des Anspruchstellers, darzulegen und zu beweisen, dass dem Frachtführer das Gut vorgekühlt und in unbeschädigtem Zustand übergeben worden ist. In der Praxis muss somit der Auftraggeber beweisen, dass er dem Frachtführer das Gut in ordnungsgemäßem Zustand übergeben hat. Als wichtigstes Beweismittel dient hierbei der CMR-Frachtbrief.

Gemäß Art. 9 Abs. 1 CMR dient der Frachtbrief bis zum Beweis des Gegenteils als Nachweis für die ordnungsgemäße Übernahme des Gutes durch den Frachtführer. Ist das Gut bei Übernahme mit Mängeln behaftet, so sind vom Frachtführer entsprechende Vorbehalte einzutragen. Dem Frachtbrief kommt somit aufgrund dieser Bestimmung eine erhöhte Beweiswirkung zu. Diese erhöhte Beweiswirkung bedeutet, dass davon ausgegangen wird, dass die Angaben im Frachtbrief der Wirklichkeit entsprechen und obliegt es dem Frachtführer das Gegenteil zu beweisen. Der Übergang dieser Beweispflicht wird Beweislastumkehr genannt.

In anderen Worten lässt sich diese Beweisregelung so zusammenfassen, dass grundsätzlich der Auftraggeber die ordnungsgemäße Übergabe des Gutes beweisen muss. Das Vorliegen eines „reingezeichneten“ Frachtbriefes stellt einen solchen Beweis bereits dar. In weiterer Folge obliegt es dann dem Frachtführer das Gegenteil zu beweisen, wenn dieser der Meinung ist, dass das Gut nicht ordnungsgemäß vorgekühlt wurde.

Bei einem Temperaturschaden, wie im gegenständlichen Fall, wird somit der Absender behaupten, dass der Schaden auf eine nicht ordnungsgemäße Kühlung während des Transports zurückzuführen ist und der Frachtführer versucht darzulegen, dass die Ware bereits unzureichend vorgekühlt übergeben wurde.

Für den Frachtführer empfiehlt es sich daher in der Praxis, soweit möglich, bei der Übernahme des Gutes Temperaturkontrollen vorzunehmen und Temperaturprotokolle des Kühlaggregats aufzubewahren. Durch diese zwei Beweismittel wird dem Frachtführer in der Praxis die Haftungsbefreiung leichter fallen.

Vortransport – Beweislast beim Auftraggeber

Für den Auftraggeber spielt der Frachtbrief eine wichtige Rolle, da bereits der „reingezeichnete“ Frachtbrief zu einer Beweislastumkehr führt und den Auftraggeber von seiner Haftung befreien kann. In der aktuellen Entscheidung des OLG Brandenburg (7 U 119/18) hat das Gericht jedoch klargestellt, dass die Beweiswirkung eines „reingezeichneten“ Frachtbriefes sich nur auf die Übernahme des Gutes mit der vorgesehenen Temperatur erstreckt. Dies bedeutet jedoch nicht automatisch, dass das Gut unbeschädigt übergeben wurde. Dies ist vor allem für jene Fälle wichtig, in denen es einen Vortransport gab. Der „reingezeichnete“ Frachtbrief beweist dann zwar, dass das Gut mit einer ordnungsgemäßen Temperatur übergeben wurde, jedoch nicht, dass dieses auch beim Vortransport ordnungsgemäß gekühlt wurde. Die Beweislast für die Einhaltung der Temperatur während des Vortransports, trägt somit weiterhin der Auftraggeber.

Zusammengefasst stellt der „reingezeichnete“ Frachtbrief einen Beweis dafür dar, dass die Güter zum Zeitpunkt der Übergabe an den Frachtführer die vereinbarte Temperatur aufwiesen, jedoch nicht dafür, dass die Kühlkette auch bei einem allfälligen Vortransport eingehalten wurde. Diesen Umstand müsste der Auftraggeber daher, zum Beispiel durch Vorlage entsprechender Temperaturprotokolle des vorherigen Frachtführers, belegen.

Zusammenfassung, Praxistipps:

 >>>Die Beschädigung des Frachtgutes ist eine äußere oder innere Substanzverschlechterung, die eine Wertminderung des Gutes zur Folge hat.

>>> Zu beachten ist jedoch, dass es nicht unbedingt zu einer Beschädigung der Güter kommen muss, sondern auch dann ein Schaden vorliegt, wenn die Güter eine zu niedrige bzw. zu hohe Temperatur aufweisen.

>>> Die Wertminderung liegt hierbei darin, dass der Käufer bzw. Empfänger in der Regel die erwärmte oder unterkühlte Ware nicht mehr annehmen muss.

>>> Grundsätzlich haftet der Frachtführer gemäß Art. 17 Abs. 1 der CMR-Konvention für die Beschädigung des Gutes, sofern diese zwischen dem Zeitpunkt der Übernahme des Gutes und dem seiner Ablieferung eintritt.

>>> Der Frachtführer ist jedoch von dieser Haftung befreit, wenn die Beschädigung durch ein Verschulden oder eine Weisung des Verfügungsberechtigten verursacht wurde.

>>> Bei Temperaturschäden ist somit in erster Linie zu untersuchen, ob der Schaden überhaupt im Obhutszeitraum des Frachtführers eingetreten ist.

>>> Grundsätzlich ist es Sache des Anspruchstellers, darzulegen und zu beweisen, dass dem Frachtführer das Gut vorgekühlt und in unbeschädigtem Zustand übergeben wurde.

>>> Als wichtigstes Beweismittel dient hierbei der CMR-Frachtbrief. Gemäß Art. 9 Abs. 1 CMR dient der Frachtbrief bis zum Beweis des Gegenteils als Nachweis für die ordnungsgemäße Übernahme des Gutes durch den Frachtführer.

>>> Grundsätzlich muss der Auftraggeber die ordnungsgemäße Übergabe des Gutes beweisen, jedoch stellt das Vorliegen eines „reingezeichneten“ Frachtbriefes einen solchen Beweis bereits dar und obliegt es in weiterer Folge dem Frachtführer das Gegenteil zu beweisen, wenn dieser der Meinung ist, dass das Gut nicht ordnungsgemäß vorgekühlt wurde.

>>> Der „reingezeichnete“ Frachtbrief stellt einen Beweis dafür dar, dass die Güter zum Zeitpunkt der Übergabe an den Frachtführer die vereinbarte Temperatur aufwiesen, jedoch nicht dafür, dass die Kühlkette auch bei einem allfälligen Vortransport eingehalten wurde.

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