Transporteur 08/21 – Dr. Schärmer – Zwickmühle – reparieren oder auf Freigabe des Versicherers warten?

Ausgangslage

Immer wieder ist unsere Kanzlei mit der Geltendmachung von reparaturbedingtem Gewinnentgang beauftragt. Im gegenständlichen Fall wurde das Fahrzeug unseres Mandanten im Zuge eines Verkehrsunfalls beschädigt. Schuld war hierbei der gegnerische Lenker. Das Fahrzeug wurde unverzüglich in eine Fachwerkstätte gebracht. Aufgrund der langen Bestelldauer einiger Ersatzteile, dauerte es insgesamt 83 Tage bis der LKW vollständig repariert und wieder im Einsatz war.

Das Fahrzeug wurde in der Fachwerkstätte zwar sehr bald von einem Sachverständigen besichtigt, allerdings wurden wesentliche, für die Reparatur notwendigen Teile, erst 21 Tage nach der Besichtigung des Sachverständigen bestellt. Dieser Zeitraum, in dem mit der Reparatur zugewartet wurde, ist darauf zurückzuführen, dass unser Mandant auf die Reparaturfreigabe der gegnerischen Haftpflichtversicherung wartete. Es ist in der Transportbranche üblich, dass mit der Reparatur zugewartet wird, bis die gegnerische Haftpflichtversicherung die Reparaturfreigabe erteilt und Kostenübernahme bestätigt oder etwa, bei einem Totalschaden, die Reparatur ablehnt.

Aufgrund des besonderen Aufbaus sowie zahlreicher technischer Spezifikationen des gegenständlichen Fahrzeuges, konnte für den Zeitraum von 2-3 Monaten auch kein gleichwertiges Ersatzfahrzeug angemietet werden, um die bereits geplanten Aufträge des verunfallten Fahrzeuges zu erfüllen. Durch den Ausfall des verunfallten LKWs konnte unser Mandant daher einen „Generalauftrag“ nicht mehr erfüllen, sodass dieser von einem Mitbewerber übernommen wurde.

Neben den angefallenen Reparaturkosten, forderten wir von der gegnerischen Haftpflichtversicherung somit auch den Verdienstentgang/Gewinnausfall für die angefallenen Stehtage.

Zwangssituation – Unsicherheit für den Transportunternehmer

 Wird das Fahrzeug eines Transportunternehmers durch fremdes Verschulden beschädigt, so steht grundsätzlich neben dem Ersatz der Reparaturkosten auch ein Anspruch auf Ersatz des entgangenen Gewinns zu. Gemäß § 1304 ABGB trifft den Geschädigten jedoch die allgemeine Rechtspflicht, den ihm zu ersetzenden Schaden so gering wie möglich zu halten. Diese Verpflichtung wird als Schadensminderungspflicht bezeichnet. Der Geschädigte hat deshalb alles ihm Zumutbare zu tun, um den bereits entstandenen und täglich entstehenden Schaden (entgangener Gewinn für jeden Stehtag) so gering wie möglich zu halten. Ein langes Zuwarten mit dem Beginn der Reparatur, da die Reparaturfreigabe vom gegnerischen Haftpflichtversicherer bisher nicht erfolgte, läuft diesem Prinzip zuwider.

Aus den obigen Schilderungen wird schnell klar, in welcher schwierigen Situation sich der Geschädigte Fahrzeugeigentümer nun befindet. Einerseits weiß dieser nach einem Unfall oft noch nicht einmal, ob die gegnerische Haftpflichtversicherung voll für die Reparaturkosten aufkommt und andererseits ist oft ungewiss, ob nun ein teilweiser oder etwa ein Totalschaden vorliegt. Ohne Kostenrisiko kann der geschädigte Fahrzeugeigentümer das Fahrzeug daher erst dann reparieren lassen, wenn die gegnerische Haftpflichtversicherung einer solchen Reparatur zustimmt.

Logisch erscheint daher, dass der Geschädigte einfach auf die Reparaturfreigabe wartet und den für diesen „Warte-Zeitraum“ entstandenen Gewinnentgang, später ebenfalls bei der gegnerischen Haftpflichtversicherung geltend macht. Immerhin ist diese Verzögerung auf die „Untätigkeit“ der gegnerischen Haftpflichtversicherung zurückzuführen.

Diesem schiebt die Rechtsprechung jedoch einen Riegel vor und besagt, dass der geschädigte Transportunternehmer, aufgrund der ihn treffenden Schadensminderungspflicht, in der Regel nicht bis zur Freigabe durch den gegnerischen Haftpflichtversicherer zuwarten darf, sondern mit der Reparatur begonnen werden muss. Hierdurch wird die insgesamte Stehdauer verringert und somit der Schaden gemindert. Ist die Reparaturwürdigkeit des beschädigten Fahrzeuges somit nicht ernstlich in Zweifel zu ziehen, so ist ein Zuwarten bis zur Reparaturfreigabe nicht gerechtfertigt (lediglich wenige Tage sind in solch einem Fall vertretbar). Wenn nicht von Anfang an feststeht, ob das Fahrzeug repariert wird oder etwa ein Totalschaden vorliegt, ist das Zuwarten mit der Reparatur auch um weitere Tage gerechtfertigt. Keineswegs ist jedoch das Zuwarten über mehrere Monate vertretbar.

Diese unvorteilhafte Situation bedeutet für den geschädigten Transportunternehmer, dass dieser auf eigenes Risiko die Reparaturwürdigkeit des Fahrzeuges beurteilen (Reparatur oder Totalschaden) und unverzüglich mit der Reparatur beginnen muss. Dies im Ungewissen darüber, ob die gegnerische Haftpflichtversicherung schlussendlich für die Reparaturkosten aufkommen wird.

Was tun in solch einer Situation?

Die Einholung eines Sachverständigengutachtens wird stets empfohlen und sorgt bereits früh für Gewissheit. Wir empfehlen mit dem Sachverständigen abzuklären, ob das beschädigte Fahrzeug jedenfalls zu reparieren oder das Vorliegen eines Totalschadens fraglich ist. Sollte der Sachverständige hier mitteilen, dass jedenfalls kein Totalschaden vorliegt, ist ehestmöglich der Reparaturauftrag zu erteilen, anderenfalls später das Risiko besteht, auf dem entstandenen Gewinnentgang „sitzen zu bleiben“.

Das Vorliegen/Nichtvorliegen eines Totalschadens ist von vielen Faktoren abhängig, kann im Einzelfall aber bereits vorab selbst abgeschätzt werden, wenn beispielsweise der Schaden sehr groß/klein und das Fahrzeug bereits mehrere/erst wenige Jahre im Einsatz ist.

Für die Ermittlung der Höhe des Gewinnentgang ist jedenfalls ein Sachverständigengutachten erforderlich. Im Einzelfall sind dem Sachverständigen folgende Umstände nachzuweisen:

* dass keine Ersatzfahrzeuge im Unternehmen vorhanden waren;

* wie das beschädigte Fahrzeug tatsächlich ausgelastet war;

* dass die Anmietung eines Ersatzfahrzeuges nicht möglich war;

* dass konkrete Aufträge aufgrund der Beschädigung des Fahrzeuges abgelehnt werden mussten; etc.

Eine schriftliche Dokumentation dieser Umstände ist für die Durchsetzung des Anspruchs besonders hilfreich und spart Kosten.

Insbesondere in einem Gerichtsverfahren gestaltet sich der Nachweis eines Gewinnentganges – für welchen der Anspruchsteller beweispflichtig ist – als besonders kostenintensiv und aufwendig, da es in der Regel der Einholung mehrerer Sachverständigengutachten (Buchhaltung, Transportwesen) bedarf. Der rechtsschutzversicherte Unternehmer ist hier klar im Vorteil.

Gerichte können den Gewinnentgang, wenn dessen Höhe nur schwer zu ermitteln ist, unter gewissen Voraussetzungen gemäß § 273 ZPO nach freier Überzeugung festsetzen.

Allgemein empfiehlt es sich im Zweifel, einen Experten mit der Prüfung und Geltendmachung des Gewinnentganges zu beauftragen. Nur so ist gewährleistet, dass sämtliche für die Durchsetzung des Anspruchs erforderlichen Voraussetzungen rechtzeitig geschaffen werden und es im Nachhinein nicht zu bösen Überraschungen kommt.

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Transporteur 08/21 – A. Miskovez – Achtung! – Strafen von unzuständigen Behörden sind rechtswidrig

Ausgangslage

Anlassfall war ein Gefahrguttransport eines Mandanten, bei dem die Ladungssicherung bemängelt wurde. Die Unterwegskontrolle ereignete sich im Bezirk „B“. Unser Mandant hat seinen Sitz im Bezirk „L“. Neben dem Lenker wurde auch der verantwortliche Beauftragte gemäß § 9 Abs. 2 VStG zur Verantwortung gezogen und bestraft. Die Bestrafung erfolgte hierbei durch die für den Bezirk B zuständige Behörde.

Zuständigkeit im Verwaltungsstrafverfahren

  • 27 Abs. 1 VStG normiert, dass jene Behörde örtlich zuständig ist, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist. Um daher festzustellen, welche Behörde zur Verfolgung einer Verwaltungsübertretung zuständig ist, ist zunächst zu untersuchen, wo der Tatort liegt.

Tatort bei Transportunternehmen

Bei der Bestrafung des Fahrers ist klar, dass der Tatort an dem Ort ist, an dem der Fahrer angehalten wird. Nicht ganz so einfach gestaltet sich die Situation bei Strafen gegen den Geschäftsführer oder verantwortliche Beauftragte von juristischen Personen (Bsp. Transportunternehmen GmbH).

Wird ein zur Vertretung einer juristischen Person nach außen befugtes Organ gemäß § 9 Abs. 1 VStG (Geschäftsführer) verwaltungsstrafrechtlich zur Verantwortung gezogen, so ist der Tatort der Verwaltungsübertretung der Sitz der Unternehmensleitung (VwGH 12.07.2012, 2011/02/0029; 14.12.2007, 2007/02/0277).

Delikte außenvertretungsbefugter Organe juristischer Personen gelten grundsätzlich an jenem Ort begangen, an dem Dispositionen und Anweisungen zur Vermeidung der Verstöße gegen Verwaltungsvorschriften hätten gesetzt werden müssen (dies ist der Sitz der Leitungsorgane).

Dies ist darauf zurückzuführen, dass der Geschäftsführer eines Transportunternehmens, die entsprechenden Anweisungen zur Vermeidung von Verwaltungsübertretungen am Sitz des Unternehmens erteilt und nicht etwa am Ort der Kontrolle.

Ein verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs. 2 VStG kommt seinen Verpflichtungen an dessen Einsatzort nach. Aus diesem Grund ist der Tatort bei verantwortlichen Beauftragten ebenfalls nicht der Ort der Unterwegskontrolle, sondern der Einsatzort des Verantwortlichen.

Unzuständige Behörde – Rechtswidrigkeit

Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass die Verwaltungsbehörde des Bezirkes B für die Verfolgung der Tat des verantwortlichen Beauftragten unzuständig war. Da der verantwortliche Beauftragte seinen Einsatzort am Sitz des Unternehmens im Bezirk L hat, wäre auch die für den Bezirk L zuständige Verwaltungsbehörde, zur Verfolgung der Übertretung zuständig gewesen.

Festzuhalten ist, dass das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich diese Meinung nicht vertreten hat und auf einer Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde B beharrt. Aus diesem Grund haben wir gegen die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben und ist das Verfahren derzeit beim VwGH anhängig. Selbstverständlich werden wir nach Ausgang des Verfahrens wie gewohnt berichten.

Transporteur 08/21 – A. Miskovez – Achtung! – Strafen von unzuständigen Behörden sind rechtswidrig

Expansion bei CE: Mag. Miskovez neuer Partner beim spezialisierten Logistik-Seminar-Anbieter Dr. Schärmer & Dr. Spendel CARGO EXPERTS GmbH

Seit Beginn des Monats dürfen sich die Gründer und Gesellschafter des renommierten Seminaranbieters im Logistikbereich über den Eintritt des neuen Gesellschafters Mag. Alexej Miskovez freuen. Aufgrund seiner langjährigen Erfahrung in verschiedensten Bereichen der Transportbranche sowie zahlreichen Weiterbildungen in den Bereichen Ladungssicherung, Gefahrgut und EU-Sozialvorschriften ist Mag. Alexej Miskovez ein erfahrener Navigator zwischen Recht und Praxis und wird das Seminarangebot der Cargo-Experts zukünftig erweitern. Bis zum Ende des Jahres sind folgende Seminare geplant:

  • Praxisseminar: Transportrecht in der Praxis (LIVE mit LKW)– Oktober 2021, Dezember 2021
  • Fokus dieses Ein-Tages-Intensiv-Workshops ist es, die aktuelle Rechtslage im Transportrecht und die Transportpraxis durch die einschlägige und jahrelange Erfahrung von führenden Spezialisten zu erlernen. Die Erfahrung zeigt, dass ein theoretischer Frontalunterricht allein nicht genug Nachhaltigkeit bringt.

 

  • Ausbildung zum zertifizierten Ladungssicherungsbeauftragten– 18.10. bis 22.10.2021
  • Durch die EUROSAFE-Ausbildung können Sie sich zum Spezialist im Bereich der Ladungssicherung zertifizieren.

 

  • Webinar: Frachtbrief – fatale Folgen vermeiden– September 2021
  • Der Frachtbrief ist das bedeutendste Dokument rund um den Transport. Die falsche Ausstellung des Frachtbriefes kann von hohen Strafen, über ungünstige Beweiswirkungen bis hin zu Fahrzeug-Beschlagnahmen führen. Dieses Webinar fokussiert sich auf die rechtlichen Wirkungen des Frachtbriefes sowie die korrekte Ausstellung und Handhabung des Frachtbriefes um ungewünschte Haftungsfallen zu vermeiden.

 

  • Webinar: Aktuelle Rechtsprechung im Transportrecht aus Sicht der führenden Praxis-Spezialisten– Oktober 2021
  • Dieses Webinar dient als „Update“ für Mitarbeiter aus allen Bereichen der Transportbranche. Anhand aktueller Judikatur werden neue Problemstellungen und Haftungsthematiken im Transportbereich analysiert.

 

  • Intensiv-Ausbildung zum Claims Handling Manager – Transport und Logistik:– Tirol, November 2021
  • Die Ausbildung fokussiert auf die praxisgerechte Vermittlung von Transport- und Versicherungsrecht. Darauf aufbauender Schwerpunkt ist der praktische Erwerb der Fähigkeit, Claims zu beurteilen, Schäden abzuwickeln und Risikovorsorge zu treffen. Eine Abschlussprüfung stellt das Verständnis der Thematik sicher.

 

  • Webinar: Das wichtigste zum Brexit und zu GB-Transporten für den Spediteur, Transporteur und Handel:– jederzeit downloadbar
  • Die neue Situation bringt neue Herausforderungen für alle Unternehmen im Bereich von Großbritannien-Geschäften sowie für Spediteure und Transporteure bei GB-Transporten. Unsere Experten bereiten Sie auf die Herausforderungen vor und berichten über erste Erfahrungen aus der Praxis.

Versäumen Sie kein Seminar: Die genaueren Informationen und Daten zu den obigen Seminaren finden Sie demnächst auf unserer Homepage.

Hat man nach einer Anhaltung kurz vor dem Fahrtziel zu einem Kontrollplatz zu fahren?

Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind nach dem Kraftfahrgesetz bekanntlich dazu berechtigt, Fahrzeuge an Ort und Stelle der Anhaltung auf den gesetzmäßigen Zustand zu überprüfen. Bei einer Kontrolle, die einige Kilometer weit entfernt vom tatsächlichen Anhalteort stattfindet, kann begrifflich nicht mehr von einer derartigen Prüfung an Ort und Stelle die Rede sein. Ist der Anweisung, zu einem Kontrollplatz zu fahren, daher Folge zu leisten?

Von Fahrzeuglenkern die Fahrt zu einem anderen Ort zu verlangen, ist Kontrollorganen ausschließlich nach § 58 Abs 3 und nach § 101 Abs 7 KFG gestattet.

  • Nach § 58 Abs 3 KFG ist den Kontrollorganen zu folgen, wenn Fahrzeuge offensichtlich nicht verkehrs- und betriebssicher sind. Dann kann die Fahrt zu einer geeigneten Prüfstelle, die nicht mehr als 10 km vom Weg zum Fahrtziel entfernt ist, verlangt werden. Diesfalls muss jedoch eine Überprüfung bzw Begutachtung durchgeführt werden, bei der das Fahrzeug einem Sachverständigen, einem Verein oder Gewerbetreibenden vorgeführt wird.
  • Da Kontrollorgane an Ort und Stelle praktisch nie das Gewicht überprüfen können, ist es Kontrollorganen zudem gemäß § 101 Abs 7 KFG erlaubt, vom Fahrzeuglenker die Fahrt zu einer nicht mehr als 10 km weit entfernten Waage zu verlangen.

Auch wenn das Fahrzeug kurz vor dem Fahrtziel angehalten wird, ist bei einer Entfernung von unter 10 km in einfacher Strecke (die Rückfahrt zum Fahrtziel wird nicht einberechnet) in der Regel von einer angemessenen gesetzmäßigen Handlung der Kontrollorgane auszugehen. Dieser ist Folge zu leisten, da ansonsten eine Verwaltungsübertretung gemäß § 102 Abs 11 KFG vorliegen kann.

Ist das Fahrtziel bereits erreicht oder wird die Entfernung von 10 km überschritten, so sind Anweisungen, zu einem Kontrollplatz zu fahren, sowie in der Folge stattfindende Überprüfungen unzulässig. Zu beachten ist allerdings, dass die bei unzulässig durchgeführten Überprüfungen oder Verwiegungen festgestellten Mängel in einem allfälligen Verfahren jedoch verwertetet werden können, da kein Beweisverwertungsverbot besteht. Im Falle einer unzulässigen Anweisung von Kontrollorganen kann der Fahrer oder Transportunternehmer daher einen spezialisierten Anwalt einschalten, der die entsprechenden Maßnahmen ergreift und ihm zu seinem Recht verhilft.

Dr. Dominik Schärmer

Foto: monticello / stock.adobe.com

KFG – häufige Ungenauigkeit der Behörde

Immer wieder schreiben die Behörden in ihren Straferkenntnissen seitenlange Vorwürfe, aus denen nicht klar hervorgeht, was nun konkret vorgeworfen wird. Die Behörde schreibt hierbei die vorgeworfene Rechtsnorm quasi ab und obliegt es dem Beschuldigten oft sein Verhalten selbst unter die Strafnorm zu subsumieren. Dies ist jedoch rechtswidrig. Vergangene Woche konnten wir für einen unserer Mandanten erneut die Aufhebung eines Straferkenntnisses erreichen, da die Behörde erneut zu ungenau war.
§ 4 Abs. 2 KFG besagt, dass Fahrzeug und Anhänger so gebaut und ausgerüstet sein müssen, dass durch ihren sachgemäßen Betrieb weder

  • Gefahren für den Lenker oder
  • beförderte Personen oder
  • andere Straßenbenützer
  • noch Beschädigungen der Straße oder
  • schädliche Erschütterungen noch
  • übermäßig Lärm,
  • Rauch,
  • übler Geruch,
  • schädliche Luftverunreinigungen oder
  • vermeidbare Verschmutzungen anderer Straßenbenützer
  • oder ihrer Fahrzeuge entstehen.

Es handelt sich hierbei um eine Vorschrift mit zahlreichen Ge- und Verboten. Deshalb wird diese Vorschrift oft von den Behörden zur Bestrafung herangezogen. Unter dem Motto „Irgendwas von dem wird er schon begangen haben“ wird die ganze Norm in Vorwurf angeführt und muss sich der Beschuldigte nun quasi selbst aussuchen ob der vorgeworfene Mangel eine Gefahr darstellt oder etwa übermäßig Lärm, Rauch, üblen Geruch etc. verursacht.

Ein solches Vorgehen verstößt jedoch gegen das Konkretisierungsgebot des § 44a VStG. Demnach sind die Tat und die Tatumstände so genau zu umschreiben, dass der Beschuldigte genau ableiten kann welches konkrete Verhalten ihm vorgeworfen wird.

Wird daher ein Mangel festgestellt, so hat die Behörde zusätzlich zur einschlägigen Vorschrift anzuführen, welcher der oben aufgezählten Umstände durch den Mangel verwirklicht ist.

Mag. Alexej Miskovez

Foto: benjaminnolte / stock.adobe.com

Zuwarten mit dem Reparaturauftrag kann Katastrophe für die spätere Geltendmachung von Gewinnentgang sein! Die Reparaturfreigabe der gegnerischen Versicherung ist keine Reparaturvoraussetzung!

Immer wieder ist unsere Kanzlei mit der Geltendmachung von reparaturbedingtem Gewinnentgang beauftragt. In der Regel liegen derartigen Fällen von Dritter Seite verschuldete Beschädigungen eines Fahrzeuges zugrunde. Während der Dauer der Reparatur kann das Fahrzeug dann keinen Umsatz generieren und entgeht dem Transportunternehmer dadurch Gewinn. Im Zuge der späteren Abwicklung des Schadens wird von unserer Kanzlei zusätzlich zu den Reparaturkosten ein angemessener stehzeitbedingter Gewinnentgang geltend gemacht. Neben der Höhe des Gewinnentganges stellt sich dann insbesondere die Frage, für welche Dauer dieser zusteht. In der Regel wird von Transport- und Speditionsunternehmen bei derartigen Schäden vor der Beauftragung der Reparatur des Fahrzeuges die Reparaturfreigabe von der gegnerischen Haftpflichtversicherung abgewartet. Dies kann sich im Einzelfall aber negativ auf den ersatzfähigen Gewinnentgang auswirken. Laut Rechtsprechung trifft den Transportunternehmer nämlich eine Schadensminderungspflicht und muss ein Reparaturauftrag daher, wenn sich aus der verzögerten Erteilung eine Vergrößerung des Schadens, z.B. durch Entstehen eines höheren Gewinnentganges, voraussichtlich ergeben wird, ehestmöglich erteilt werden. Ein Abwarten der Reparaturfreigabe wäre demnach unzulässig. Für den Zeitraum zwischen erstmöglicher Erteilung des Reparaturauftrages und tatsächlicher Erteilung des Reparaturauftrages steht dementsprechend kein Gewinnentgang zu. Ein Zuwarten mit dem Reparaturauftrag kann aber unter Umständen dann gerechtfertigt sein, wenn die Reparaturwürdigkeit des beschädigten Fahrzeuges nicht von vornherein feststeht, also beispielsweise das Vorliegen eines Totalschadens fraglich ist.

Praxistipps:

  1. In der Regel werden die beschädigten Fahrzeuge von Sachverständigen vorab besichtigt. Wir empfehlen, bei dieser Besichtigung anwesend zu sein und mit dem Sachverständigen abzuklären, ob das beschädigte Fahrzeug jedenfalls zu reparieren oder das Vorliegen eines Totalschadens fraglich ist. Sollte der Sachverständige hier mitteilen, dass jedenfalls kein Totalschaden vorliegt, ist ehestmöglich der Reparaturauftrag zu erteilen, anderenfalls später das Risiko besteht, auf dem entstandenen Gewinnentgang „sitzen zu bleiben“.
  2. Das Vorliegen/Nichtvorliegen eines Totalschadens ist von vielen Faktoren abhängig, kann im Einzelfall aber bereits vorab selbst abgeschätzt werden, wenn beispielsweise der Schaden sehr groß/klein und das Fahrzeug bereits mehrere/erst wenige Jahre im Einsatz ist.
  3. Für die Ermittlung der Höhe des Gewinnentgang ist jedenfalls ein Sachverständigengutachten erforderlich. Im Einzelfall sind dem Sachverständigen folgende Umstände nachzuweisen: Dass keine Ersatzfahrzeuge im Unternehmen vorhanden waren; Wie das beschädigte Fahrzeug tatsächlich ausgelastet war; Dass die Anmietung eines Ersatzfahrzeuges nicht möglich war; Dass konkrete Aufträge aufgrund der Beschädigung des Fahrzeuges abgelehnt werden mussten; etc. Eine schriftliche Dokumentation dieser Umstände ist für die Durchsetzung des Anspruchs besonders hilfreich und spart Kosten.
  4. Insbesondere in einem Gerichtsverfahren gestaltet sich der Nachweis eines Gewinnentganges – für welchen der Anspruchsteller beweispflichtig ist – als besonders kostenintensiv und aufwendig, da es in der Regel der Einholung mehrerer Sachverständigengutachten (Buchhaltung, Transportwesen) bedarf. Der rechtsschutzversicherte Unternehmer ist hier klar im Vorteil.
  5. Gerichte können den Gewinnentgang, wenn dessen Höhe nur schwer zu ermitteln ist, unter gewissen Voraussetzungen gemäß § 273 ZPO nach freier Überzeugung festsetzen.
  6. Allgemein empfiehlt es sich im Zweifel, einen Experten mit der Prüfung und Geltendmachung des Gewinnentganges zu beauftragen. Nur so ist gewährleistet, dass sämtliche für die Durchsetzung des Anspruchs erforderlichen Voraussetzungen rechtzeitig geschaffen werden und es im Nachhinein nicht zu bösen Überraschungen kommt.

Gerne können wir einen allfälligen Anspruch auf Gewinnentgang Ihres Unternehmens prüfen. Unsere Experten stehen Ihnen zur Verfügung.

Mag. Lukas Blaschon