Transporteur 04/22 – Dr. Schärmer – Absenderhaftung – Katastrophaler Verkehrsunfall durch schlechte Ladungssicherung

Ausgangslage

Grundlage des gegenständlichen Rechtsstreites war ein Transport aus dem Jahr 2019. Unsere Mandantschaft wurde mit einem Sondertransport von Leimholzträgern mit einem Gewicht von ca. 24.000 kg von Kärnten nach Niederösterreich beauftragt. Dadurch dass die Ladung nicht auf einem gewöhnlichen Auflieger befördert werden konnte, wurde ein Nachläufer eingesetzt. Die Verladung wurde zusammen von Mitarbeitern des Absenders sowie dem Fahrer unter der Leitung des Absenders durchgeführt. Auch die Ladungssicherung (Anbringung von Zurrketten) wurde gemeinsam durchgeführt.

Während der Fahrt lockerte sich die Ware, aufgrund nicht ordnungsgemäß durchgeführter Ladungssicherung und so kam es dazu, dass die beförderten Leimholzträger zwischen dem Sattelzugfahrzeug und dem Nachläufer begannen, auf der Fahrbahn zu schleifen. Als der Fahrer dies bemerkte, leitete dieser eine Notbremsung ein, wodurch es zu einem Ladungsverschub kam und das Fahrzeug enorm beschädigt wurde. Der bei Gericht geltend gemachte Schaden setzte sich aus den Reparaturkosten für das Sattelzugfahrzeug sowie aus Bergungs- und Umladekosten zusammen.

Wer haftet für Verladung und Ladungssicherung?

Obwohl es sich im gegenständlichen Fall um einen nationalen innerösterreichischen Transport handelt, gelangen gemäß § 439a Unternehmensgesetzbuch (UGB) die internationalen Regelungen der CMR zur Anwendung.

Weder das UGB noch die CMR enthalten Regelungen darüber, wer das Verladen und Verstauen des Frachtgutes vorzunehmen hat. Darüber hinaus ist die Sicherung des Ladegutes als Bestandteil des Verladevorgangs anzusehen (RIS-Justiz RS0103800). Nach der ständigen Rechtsprechung bleibt es den Parteien überlassen, eine vertragliche Vereinbarung zu treffen, werde Ladetätigkeit vorzunehmen hat. Eine solche Vereinbarung steht auch Art. 41 CMR nicht entgegen.

Fehlt eine solche vertragliche Vereinbarung, so geht man davon aus, dass die Verpflichtung zur Verladung und Ladungssicherung des Gutes im Zweifel beim Absender liegt (RIS-Justiz RS0073756). Dies ist darauf zurückzuführen, dass der Frachtführer mangels gesonderter Vereinbarung mit dem Frachtvertrag lediglich die Beförderung der Güter übernimmt und die Verladung somit nicht vom Frachtvertrag umfasst ist.

Vereinbarung in AGB treffen?

Grundsätzlich kann die vertragliche Verpflichtung zur Verladung und Ladungssicherung auch in allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbart werden. Allgemeine Geschäftsbedingungen können auch über einen entsprechenden Hinweis im Vertragstext oder auch stillschweigend (AGB werden dem Vertragspartner übermittelt und dieser widerspricht nicht) zum Vertragsinhalt gemacht werden. Hierbei ist jedoch ein strenger Maßstab anzulegen. Damit AGB wirksam vereinbart werden können, muss dem Vertragspartner deutlich erkennbar sein, dass der Transportunternehmer nur unter Einbeziehung seiner AGB abschließen will. Darüber hinaus können AGB auch dann schlüssig vereinbart werden, wenn zwischen den Vertragsparteien schon eine länger andauernde Geschäftsbeziehung besteht, in den Geschäftspapieren ständig auf die Geltung der AGB hingewiesen wird und der Vertragspartner diese nie widerspricht.

Im gegenständlichen Fall wurden die AGB unserer Mandantschaft aufgrund der langjährigen Geschäftsbeziehung und zahlreichen Hinweise auf die Gültigkeit der AGB zwar wirksam vereinbart, jedoch enthielten diese AGB keine klare Regelung darüber, wer die Ladungssicherung schlussendlich durchzuführen hatte.

Absender haftet

Mangels entsprechender vertraglicher Vereinbarung, gelangte daher der Grundsatz zur Anwendung, dass im Zweifel der Absender für die Verladung haftet. Hierbei schadet auch nicht, dass der Fahrer im gegenständlichen Fall bei der Verladung und Anbringung der Zurrketten mitgeholfen hat. Wenn die Verladung nämlich nicht dem Frachtführer oblag, spielt die tatsächliche mithilfe des Fahrers bei der Verladung keine Rolle, da diese Mithilfe nicht Gegenstand der vertraglichen Pflichten aus dem Frachtvertrag ist. Der Fahrer führte nicht die Oberaufsicht über die Verladung des Gutes. Vielmehr ist der Fahrer bei der Verzurrung der Ladung unter Anleitung der Mitarbeiter des Absenders tätig und somit als deren Erfüllungsgehilfe im Sinne des § 1313a ABGB anzusehen. Das Verhalten des Fahrers und somit allfällige Fehler bei der Ladungssicherung sind somit dem Absender zuzurechnen.

Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, dass der Fahrer zwar nach den kraftfahrrechtlichen Vorschriften zur Ladungssicherung verpflichtet ist, diese öffentlich-rechtliche Verpflichtung jedoch bei der zivilrechtlichen Haftungsbeurteilung keine Rolle spielt. Das bedeutet, dass der Fahrer im gegenständlichen Fall zwar sehr wohl mit einer Verwaltungsstrafe für die mangelhafter Ladungssicherung bestraft werden kann, für die entstandenen am Fahrzeug Schäden jedoch ausschließlich der Absender haftet.

Aus diesem Grund sprach das Gericht im gegenständlichen Fall aus, dass der Absender für sämtliche am Fahrzeug entstandenen Schäden haftet und auch die Bergungs- und Umladekosten zu ersetzen hat.

Fazit, Praxistipps:

**die CMR und das UGB regeln nicht wer die Verladung durchzuführen hat

**auch die Ladungssicherung fällt unter den Begriff Verladung

**mangels gesonderter Vereinbarung, ist die Verladung im Zweifel Sache des Absenders

**die Vereinbarung darüber, wer die Ladungssicherung durchzuführen hat, kann auch in AGB getroffen werden

**AGB können auch stillschweigend vereinbart werden, wenn auf diese ausdrücklich hingewiesen wurde und der Vertragspartner nicht widerspricht

**war der Fahrer nicht zur Ladungssicherung verpflichtet, so schadet es auch nicht, wenn dieser später bei der Ladungssicherung mithilft

**in solch einem Fall ist der Fahrer als Erfüllungsgehilfe des Absenders anzusehen

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Transporteur 04/2022 – PDF

Transporteur 04/22 – A. Miskovez – EU-Lizenz für das Deutsche Eck?

Ausgangslage

Konkret wurde ein Verstoß gegen § 9 Güterbeförderungsgesetz (GütBefG) vor-geworfen: Unser Mandant beförderte Waren von Tirol nach Salzburg, über Deutschland. Da das Fahrzeug auf österreichischem Territorium, am Weg Richtung Deutschland, angehalten wurde, verlangten die Kontrollorgane vom Fahrer, dass dieser eine gültige EU-Lizenz vorweist. Unser Mandant ist jedoch lediglich im nationalen Güterverkehr tätig und verfügt daher über keine entsprechende EU-Lizenz, sondern über eine Konzession für den innerstaatlichen Ver-kehr. Obwohl der Fahrer einen Liefer-schein vorlegte, aus dem hervorging, dass sowohl die Belade- als auch Entladestelle in Österreich liegen, bestanden die Kontrollorgane auf Vorlage einer EU-Lizenz und wurde in weiterer Folge eine Geld-strafe in Höhe von 1.453 Euro (!) verhängt.

Wer benötigt eine EU-Lizenz?

Gemäß § 2 GütBefG darf die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen nur aufgrund einer Konzession ausgeübt werden. Hierbei wird unterschieden zwischen der Konzession für den innerstaatlichen Verkehr und der Konzession für den grenzüberschreiten-den Verkehr (auch EU-Lizenz genannt). In § 2 Abs. 3 § 2 GütBefG ist geregelt, dass die Konzession für den innerstaatlichen Güterverkehr zu jeder gewerbsmäßigen Güterbeförderung berechtigt, bei der der Ausgangsort und das Ziel der Fahrt im Inland liegen.
Gemäß dieser Definition, dürfen daher Transporte, bei denen die Belade- und die Entladestelle in Österreich liegen, mit einer Konzession für den innerstaatlichen Verkehr ausgeführt werden, auch wenn hierbei andere Länder durchfahren werden. Dies ist gerade bei Transporten über das Deutsche Eck der Fall.
Auch die EU-Verordnung 1072/1009 regelt im Art. 2 Abs. 2, dass ein sogenannter „grenzüberschreitender Verkehr“ bei dem eine EU-Lizenz mitgeführt werden muss, nur dann vorliegt, wenn der Ausgangspunkt und der Bestimmungsort der Fahrt in zwei verschiedenen Mitgliedstaaten liegen.

Fazit: Unrechtmäßige Strafe

Aufgrund der oben geschilderten Rechtslage ist ein Transportunternehmer daher nicht dazu verpflichtet eine EU-Lizenz mitzuführen, wenn der Transport von einer österreichischen Beladestelle zu einer österreichischen Entladestelle geht. Aus diesem Grund hat das Landesverwaltungsgericht Tirol das Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt. Bemerkens-wert ist hierbei jedoch, dass sich das Verfahren über zweieinhalb Jahre zog und bis zum Landesverwaltungsgericht Tirol gelangen musste. Obwohl seitens der Behörde rechtswidrig vorgegangen und die Strafe völlig zu Unrecht verhängt wurde, trägt der beschuldigte Transportunternehmer bzw. dessen Rechtsschutzversicherung die Anwaltskosten selbst, da es im Verwaltungsstrafrecht, auch im Falle des Obsiegens, keinen Kostenersatz gibt. Dieses System ist meines Erachtens längst zu überdenken, da sonst auch in Fällen wie dem gegenständlichen, den Behörden keinerlei Konsequenzen erwachsen.

Transporteur 04/22 – A. Miskovez – EU-Lizenz für das Deutsche Eck?