Transporteur 02/23 – A. Miskovez – Beschädigung des Gutes vor Übernahme

Ausgangslage

Ein Frachtführer wurde mit dem Transport von drei elektronischen Schaltschränken beauftragt. Während der Verladung kam es, als der Fahrer den Schaltschrank auf die Hebebühne seines Lkw stellen wollte, zur Beschädigung eines Schaltschranks. Der Absender begehrte nun Schadenersatz. Da der Fahrer bei der Verladung mithalf und auch den Schaltschrank auf die Hebebühne verbrachte, stellte sich im gerichtlichen Verfahren die Frage, wer für Schäden aus diesem Verladevorgang haftet. Insbesondere ging es darum, ob der Obhutszeitraum des Frachtführers bereits begonnen hat bzw. ob die Verladung bereits zu diesem Obhutszeitraum gehört.

Haftungszeitraum des Frachtführers

Gemäß den Vorschriften der CMR haftet der Frachtführer für Schäden, die während dessen Obhutszeitraum entstehen. Der Obhutszeitraum beginnt grundsätzlich mit der Übernahme der Güter und endet mit der Ablieferung beim Empfänger. Im gegenständlichen Verfahren stellte sich nach der Argumentation des Absenders jedoch die Frage, ob der Obhutszeitraum des Frachtführers nicht bereits während der Verladung begann, weil der Fahrer den Schaltschrank in seine Obhut nahm, um diese auf den Hubwagen zu stellen.

Verladung Sache des Frachtführers?

Weder das UGB noch die CMR regeln, wer zur Verladung verpflichtet ist. Haben die Parteien des Transportvertrages keine anderweitige Vereinbarung getroffen, obliegt die Verladung daher nach herrschender Ansicht „im Zweifel“ dem Absender. Dies ist darauf zurückzuführen, dass der Frachtführer grundsätzlich nur die Beförderung schuldet und die Verladung somit eine zusätzliche Leistung darstellt, die gewöhnlich nicht vom Frachtvertrag umfasst ist. Bei der Haftung für Schäden, die während der Verladung oder aufgrund einer mangelhaften Verladung eintreten, stellen jedoch sowohl die österreichische als auch die deutsche Judikatur darauf ab, wer die Verladung tatsächlich durchgeführt hat und die Oberaufsicht über den Verladevorgang hatte, wer also „Herr des Verladevorgangs“ war bzw. – in Deutschland – die „Hoheit über die Verladung“ hatte.

Haftet der Fahrer, wenn er mithilft?

Im vorliegenden Fall wurde keine vertragliche Vereinbarung betreffend die Verladung getroffen. Nach der Zweifelsregel war daher der Absender für diese verantwortlich. Gegenständlich half der Fahrer bei der Beladung zwar mit, indem er die schlussendlich beschädigte Palette selbst auf die Hebebühne stellte – der Frachtführer haftet jedoch dennoch nicht für den Schaden, weil er keine vertragliche Pflicht zur Verladung übernommen hat. Der Umstand, dass der Fahrer bei der Verladung mithalf, schadete ihm daher nicht, da der Fahrer in einem solchen Fall als Erfüllungsgehilfe des Absenders anzusehen ist. Schließlich ist der Absender im gegenständlichen Fall zur Verladung verpflichtet und sind somit alle Personen, die bei der Verladung mithelfen, dem Absender zuzurechnen. Dies gilt auch, wenn diese Person (Fahrer) Angestellter des Frachtführers ist. Zusammengefasst haftet somit grundsätzlich der Absender für die Verladung, wenn vertraglich nichts Gegenteiliges vereinbart ist. Nur wenn der Fahrer nicht zur Verladung verpflichtet ist und die Verladung dennoch selbst als „Herr des Verladevorgangs“ durchführt und somit die Oberaufsicht über den Verladevorgang hat, kommt eine Haftung des Frachtführers in Betracht. Im gegenteiligen Fall half der Fahrer bei der Beladung lediglich mit und war somit als Erfüllungsgehilfe des Absenders zu behandeln.

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Transporteur 02/23 – PDF

Transporteur 02/23 – Dr. Schärmer – Aus dem Staub gemacht …

Erneut beschäftigte sich der Oberste Gerichtshof (OGH) in seiner aktuellen Entscheidung (7 Ob 115/22w) mit einem Frachtbetrug, bei dem sich kriminelle Täter als ordnungsgemäßer Frachtführer ausgaben, Waren übernahmen und sich schließlich „aus dem Staub machten“.

Ausgangslage

Ein von uns vertretener steirischer Maschinenproduzent verkaufte im Jahr 2020 Maschinenteile nach Spanien. Mit dem Transport wurde eine österreichische Spedition beauftragt. Der Transport wurde 6-mal weitergegeben, bis er schließlich bei einer slowakischen Transportfirma, hinter der offensichtlich Betrüger steckten, landete. In der Frachtkette waren Unternehmen aus insgesamt fünf Nationen beteiligt. Zwischen unserem Mandanten und dem ersten Spediteur wurde eine Frachtpauschale von 4.794 Euro vereinbart. Der letzte Frachtführer in der Kette fuhr schlussendlich zu einem Frachtpreis von 1.450 Euro. Wie sich später herausstellte, handelte es sich bei dem ausführenden Frachtführer um einen Betrüger, der den „Account“ eines ehemaligen Transportunternehmens auf einer Frachtenbörse übernahm und sich somit den Transportauftrag erschlich. Die Kennzeichen des Fahrzeugs, welches die Ware abholte, wurden avisiert und bei Übergabe der Ware durch unsere Mandantschaft abgeglichen. Nachdem der Frachtführer nicht auf der gebuchten Fähre nach Mallorca erschien und die Ware auch nicht abgeliefert wurde, war klar, dass ein Frachtbetrug vorlag. Die Ware musste von unserer Mandantschaft ein zweites Mal produziert und an den Kunden geliefert werden. Den hier aus entstandenen Schaden in Höhe von rund 150.000 Euro klagten wir gegen den Spediteur ein. Das Verfahren ging über alle Instanzen bis zum OGH, wo uns schließlich die Forderung zur Gänze zugesprochen wurde.

Haftung für alle Subfrachtführer

Gemäß Art. 3 CMR haftet der Frachtführer für Handlungen und Unterlassungen seiner Bediensteten und aller anderen Personen, welche dieser bei der Ausführung der Beförderung einsetzt. Sämtliche Subfrachtführer in der Transportkettewaren im gegenständlichen Fall somit dem Spediteur zuzurechnen. Obwohl es in der Praxis völlig üblich ist, einen Transport nicht selbst auszuführen, sondern einen Subfrachtführer einzusetzen, bringt eine solche Vorgehensweise ein enormes Haftungspotenzial mit sich. Denn wer einen Transport weiter gibt, eröffnet den Risikobereich und die Möglichkeit, dass dessen Subfrachtführer wiederum weitere Unternehmen ein setzt und auch beispielsweise die Ladung auf einer Frachtbörse öffentlich macht, wo diese wiederum einer unkontrollierten Personenanzahl zugänglich gemacht wird. Unkontrollierte Weitergabe Gerade der gegenständliche Fall zeigte auf, dass bei einer derartigen unkontrollierten Weitergabe von Transporten eine Vielzahl an Personen involviert werden, deren Kontrolle unmöglich wird. Gelangt der Transportauftrag schlussendlich an einen Betrüger, so muss sich der erste Spediteur in der Kette die Handlungen des Betrügers wie eigene Handlungen zurechnen lassen. Auch der Betrüger wird
dann nämlich als Erfüllungsgehilfe des Spediteurs angesehen, sodass der Spediteur für die Handlungen des Betrügers wie für eigene Handlungen haftet. Da es sich bei einem Betrug um ein vorsätzliches kriminelles Verhalten handelt, hat der Spediteur das grobe Verschulden des Betrügers zu vertreten und sind die Haftungsbegrenzungen des Art. 23 CMR nicht anwendbar. Der Spediteur haftet somit auch betraglich unbegrenzt.

Kein unabwendbares Ereignis

Gemäß Artikel 17 Abs. 2 CMR ist der Frachtführer von der Haftung befreit, wenn der Schaden auf ein unabwendbares Ereignis zurückzuführen ist. Ein solches liegt vor, wenn der Schaden durch Umstände verursacht worden ist, die der Frachtführer nicht vermeiden oder abwehren konnte. Auf diese Haftungsbefreiung berief sich im gegenständlichen Fall auch der beklagte Spediteur und argumentierte, dass es ihm nicht möglich gewesen sei,
den gegenständlichen Schaden abzuwenden. Insbesondere habe er einen seriösen Frachtführer beauftragt und konnte nicht wissen, dass der Transportauftrag noch weitere 5-mal weitergegeben wird, auf Frachtenbörsen landet und schlussendlich an Betrüger gelangt. Schließlich brachte die Beklagte auch vor, dass der Betrüger nicht als Erfüllungsgehilfe anzusehen sei, da niemals beabsichtigt worden sei, diesen zu beauftragen. Schließlich gab sich der Betrüger als ein anderes Unternehmen aus.

Fazit

Diese Argumentation ließ der OGH nicht gelten und gelangte zu dem Schluss, dass kein unabwendbares Ereignis vorliegt, sondern der Spediteur sogar grob fahrlässig gehandelt hat. Zwischen dem Spediteur und dem von ihm beauftragten deutschen Transportunternehmer, wurde ein Weitergabeverbot vereinbart. Der deutsche Transportunternehmer durfte demnach ohne Zustimmung des Spediteurs keine Subfrachtführer einsetzen. Obwohl dem Spediteur aufgrund der Avisierung von slowakischen Kennzeichen und auch anderen Anhaltspunkten auffallen hätte müssen, dass der Transport entgegen der Vereinbarung weitergegeben worden war, hat dieser nicht eingegriffen. Der OGH stellte fest, dass der Spediteur durch sein Verhalten in Kauf nahm, dass der Transportauftrag in einer nicht kontrollierten Auftragskette weitergegeben wurde. Durch diesen Sorgfaltsverstoß wurde die Entwendung der Transportware durch Kriminelle überhaupt erst ermöglicht, weshalb dem Spediteur zusätzlich auch grobe Sorgfaltsverstöße anzulasten sind. Im Ergebnis haftet der Spediteur somit für den gesamten Schaden unbeschränkt.

AUF EINEN BLICK

  • – Die Weitergabe von Transporten eröffnet einen enormen Risikobereich
  • – Nicht selten kommt es zu einer vielfachen Weitergabe oder landet der Transport auf internationalen Frachtbörsen, wo dieser einer unkontrollierbaren Anzahl von Personen zugänglich gemacht wird
  • – Der Frachtführer haftet gemäß Art. 3 CMR für sämtliche Personen und Unternehmen, deren er sich bei der Ausführung des Transports bedient
  • – Wer somit einen Transportauftrag weitergibt, haftet für alle Subfrachtführer
  • – Wird die Ware von einem Subfrachtführer entwendet, muss sich der Unternehmer auch die Handlungen des kriminellen Täters zurechnen lassen
  • – In der Praxis sollten Weitergabeverbote nicht nur vereinbart, sondern auch tatsächlich kontrolliert werden
  • – Dies ist beispielsweise durch die Avisierung der Kennzeichen in Verbindung mit Übermittlung der Zulassungsscheinen möglich. Hierdurch kann überprüft werden, ob es sich tatsächlich um Fahrzeuge des Subunternehmers handelt oder der Auftrag unzulässig weitergegeben wurde
  • – Bestehen für einen Unternehmer Anhaltspunkte dafür, dass der Transportauftrag entgegen des vertraglichen Verbotes weitergegeben wurde und interveniert dieser nicht, kann dieses Verhalten als grob fahrlässig gewertet werden.

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Transporteur 02/2023 – PDF

Frachtenbetreibung richtig gemacht!

Unbezahlte Frachtrechnungen sind ein Dauerbrenner in der Transportbranche.

Rechnungen werden vom Unternehmer oft monatelang liegengelassen oder an ein Inkasso übergeben, das ebenfalls nicht die gewünschte Lösung herbeiführt.

Hierdurch entsteht oftmals ein großer Liquiditätsnachteil.

Da Frachtforderungen der einjährigen Verjährungsfrist unterliegen führt ein langwieriges Mahnverfahren nicht selten zur Uneinbringlichkeit/Verjährung der Forderung.

Unser Tipp: zögern Sie bei unbezahlten Rechnungen nicht und lassen Sie uns Ihre Forderung ohne Kostenrisiko einbringlich machen.

Weitere Beiträge von Mag. Alexej Miskovez finden Sie HIER!

 

Verdienstentgang einklagen: der Teufel steckt im Detail!

Wird ein LKW bei einem Verkehrsunfall beschädigt, entstehen daraus häufig nicht nur Reparaturkosten, sondern auch andere finanzielle Nachteile. So kann der Transportunternehmer grundsätzlich Verdienstentgang geltend machen, wenn er einen Auftrag nur deshalb ablehnen musste, weil er zu dessen Erfüllung das beschädigte Fahrzeug gebraucht hätte, dieses aber nicht fahrtüchtig ist bzw. in der Werkstatt steht.

In der Praxis gestaltet sich dies aber regelmäßig schwierig. Das liegt an der sehr strengen Rechtsprechung der österreichischen Gerichte zu dieser Art von Schadenersatzforderung. Der geschädigte Unternehmer muss nämlich nicht bloß den Fahrzeugausfall nachweisen. Einige weitere wesentliche Kriterien für den Ersatz von Verdienstentgang werden hier vorgestellt:

  • Verdienstentgang wird nur in Form des konkreten entgangenen Gewinns (nicht: Umsatz!) für einen konkreten abgelehnten Auftrag ersetzt. Die Beauftragung und die Ablehnung müssen daher dokumentiert sein (z.B. E-Mail-Verkehr, Bestätigung des Vertragspartners bei Rollfuhrverträgen, etc.). Die weithin bekannten Pauschalbeträge von EUR 400,00 bis 600,00 pro Tag werden vom Gericht nicht anerkannt.
  • Es darf kein Ersatzfahrzeug vorhanden sein. Kann ein anderer LKW aus dem Fuhrpark oder ein Mietfahrzeug eingesetzt werden, steht kein Verdienstentgang zu. Aufgrund der ihn treffenden Schadensminderungspflicht muss der Unternehmer vor allem bei länger dauernden Reparaturen ein Ersatzfahrzeug mieten. Dass eine Anmietung mangels Kapazitäten  – vor allem bei Spezialfahrzeugen – nicht möglich war, ist im Nachhinein oft schwer nachzuweisen.

Ob die Geltendmachung von Verdienstentgang Aussicht auf Erfolg hat, muss in jedem Einzelfall unter Berücksichtigung der konkreten Umstände geprüft werden. Unsere Kanzlei steht Ihnen hier jederzeit gerne beratend wie auch für eine allfällige Vertretung in einem Prozess zur Verfügung!

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