Stragü 01/2016, Dr. Schärmer – Klauseln in Ladeaufträgen

In einem Prozess zwischen zwei Transportunternehmern hat Dr. Dominik  Schärmer kürzlich unter vollständiger Ausschöpfung des Rechtsweges  gerichtlich abklären lassen, ob eine eingeklagte Stornofracht berechtigt ist.

Der von der Rechtsanwaltskanzlei Schärmer vertretene Transportunternehmer beauftragte einen Unterfrachtführer mit dem Transport von Waren von der Slowakei nach Deutschland. Der Unterfrachtführer klagte den Transportunternehmer auf Zahlung von 540,- Euro als Stornofracht. Im Ladeauftrag des beklagten Transportunternehmers ist der Beladetag mit 23. April 2014, 8:00 Uhr bis 17:00 Uhr und der Entladetag mit 24. April 2014, 8:00 Uhr bis 12:00 Uhr angegeben gewesen. Der Ladeauftrag enthielt einen Hinweis auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Transportunternehmers zum Ladeauftrag. Dort war unter anderem vereinbart, dass für Be- und Entladung 24 Stunden Standgeld frei sind. Der Ladeauftrag mit dem Hinweis auf die AGB wurde an die klagende Partei übermittelt. Die klagende Partei schickte den Ladeauftrag per email zurück und strich die im Ladeauftrag enthaltene Klausel „24 Stunden Be-und Entladung frei“ und schrieb dazu: „je 3 Stunden Standgeld frei für Be-und Entladung“.

LKW WIEDER ABBERUFEN

Nachdem die klagende Partei einige Stunden zugewartet und sich herausgestellt hat, dass mit einer Beladung des Fahrzeuges nicht vor 17:00 Uhr gerechnet werden könne, hat die klagende Partei den Lkw um ca. 14:00 Uhr wieder abberufen. Mit Rechnung vom 24. April 2014 hat die klagende Partei hierauf einen Betrag von 560,- Euro zzgl. 20% USt. als Stornofracht in Rechnung gestellt und behauptet, dass es sich dabei um die frustrierten Aufwendungen bzw. um entgangenen Gewinn handle, zumal die klagende Partei in der Lage gewesen wäre, den Lkw anderwärtig einzusetzen.

AUSGANG DES VERFAHRENS

Das Bezirksgericht Wels hat dem von uns vertretenen Transportunternehmer Recht gegeben und die Klage des Unterfrachtführers zur Gänze abgewiesen. Die Klägerin hat dagegen die Berufung erhoben und den Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung geltend gemacht. Das Landesgericht Wels als Berufungsgericht hat mit seiner Entscheidung vom 2. Dezember 2015 die Richtigkeit des Ersturteils bestätigt und sich mit den dabei aufgeworfenen Rechtsfragen eingehend befasst. Im Wesentlichen ist das Berufungsgericht zu folgendem Ergebnis gekommen:

Die von der Klägerin vorgenommene Änderung der ursprünglichen Klausel auf dem Ladeauftrag auf „je 3 Stunden Standgeld frei für Be- und Entladung“ hat nur die standgeldfreie Dauer der Be- und Entladung, nicht aber die Dauer des Be- und Entladefensters an sich betroffen. Im schriftlichen Auftrag des Transportunternehmers an die klagende Partei waren ausdrückliche Zeiten (Beladetag: 23. April 2014, 8:00 Uhr bis 17:00 Uhr; Entladetag: 24. April 2014, 8:00 Uhr bis 12:00 Uhr) angeführt. Diesen ausdrücklich festgehaltenen Be- und Entladefenstern wurde von der Klägerin aber nicht widersprochen. Die Klägerin hat für das Abberufen des Lkw am Beladetag um ca. 14:00 Uhr den Umstand angegeben, dass sich herausgestellt habe, dass mit der Beladung des Fahrzeuges nicht vor 17:00 Uhr gerechnet werden kann. Ein rechtswirksamer Rücktritt vom Frachtvertrag setzt aber voraus, dass der Unternehmer eine angemessene Nachfrist setzt und gleichzeitig darauf hinweist, dass nach fruchtlosem Verstreichen der Frist der Vertrag als aufgehoben gelte. Eine Aufhebung ohne vorherige Nachfristsetzung ist aber unwirksam.

Die zitierte Entscheidung ist im Rechtsinformationssystem nicht abrufbar, da es sich um eine Entscheidung des Landesgerichtes als Berufungsgericht (Landesgericht Wels als Berufungsgericht, Urteil vom 2. Dezember 2015, 23 R 119/15m) und nicht um eine OGH Entscheidung handelt. Als spezielles Service stellt die Rechtsanwaltskanzlei Schärmer diese Entscheidung in anonymisierter Form STRAGÜ Lesern über Anfrage gerne zur Verfügung (email an kanzlei@schaermer.com)!

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Stragü 01/2016 – PDF