Stragü 02/2016, Dr. Schärmer – Zu enge Kooperation zwischen Speditionen und Frachtführern

Enge Kooperationen zwischen Speditionen und Frachtführern können sich nicht nur auf die Haftung nach dem Frachtrecht, sondern auch auf die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit auswirken.

Dies zeigte sich erst kürzlich wieder in einem Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich – der Geschäftsführer eines Transportunternehmens musste freigesprochen werden.

SPEDITEUR DISPONIERT LKW/FAHRER

In der Praxis kommt es sehr häufig vor, dass Speditionen und Frachtführer sehr eng zusammenarbeiten. In einigen Fällen wird die Zusammenarbeit so vertieft, dass die Disposition über Fahrer und Fahrzeug vollkommen vom Spediteur übernommen wird. Derartige Verträge werden von der Rechtsprechung als Lohnfuhrverträge eingestuft und sind von Fracht- und Speditionsverträgen deutlich zu unterscheiden. Ein Lohnfuhrvertrag liegt immer dann vor, wenn Vertragsgegenstand nicht der Transport eines Frachtgutes von einem Ort zum anderen ist, sondern der Unternehmer die Zurverfügungstellung eines Fahrzeuges samt Fahrpersonal zur beliebigen Disposition durch den Auftraggeber schuldet. Bei derartigen Verträgen hat der Unternehmer nur dafür einzustehen, dass der zur Verfügung gestellte Lkw-Fahrer ausreichend qualifiziert und arbeitsbereit ist. Zusätzlich muss das zur Verfügung gestellte Fahrzeug dem Stand der Technik und den Anforderungen des Auftraggebers entsprechen. In diesen Fällen liegt ein sogenannter gemischter Vertrag vor, der sich aus Fahrzeugmiete und Arbeitnehmerüberlassung zusammensetzt.

AUSWIRKUNGEN FRACHTRECHT …

Wenn ein Lohnfuhrvertrag (wie oben beschrieben) vorliegt, haftet der Unternehmer gegenüber dem Auftraggeber für Schäden und Verluste am Frachtgut nicht nach den frachtrechtlichen Bestimmungen der CMR. Der Auftraggeber kann daher keine Schadensersatzansprüche im Regelfall geltend machen, es sei denn, dass ihn ein Auswahlverschulden trifft oder das Fahrzeug nicht dem Stand der Technik entsprochen hat. Da dies für den Auftraggeber auch Auswirkungen auf den versicherungsrechtlichen Regress hat, sollte der Verkehrshaftungsversicherer des Auftraggebers über derartige Vereinbarungen auch informiert werden.

… UND VERWALTUNGSSTRAFRECHT

Der Lkw-Fahrer eines Transportunternehmens wurde im Zuge einer Verkehrskontrolle angehalten und überprüft. Bei dieser Überprüfung wurde festgestellt, dass gefährliche Güter befördert wurden. Die Versandstücke mit gefährlichen Gütern wurden gemeinsam auf einer Palette mit nicht gefährlichen Gütern unverpackt befördert. Die Güter waren lediglich mit einer Dehnfolie umwickelt und diese Folie war teilweise aufgerissen und nur stellenweise mit der Palette verbunden. Das 200 Liter Fass war sehr beweglich abgestellt und war nicht zusätzlich gesichert. Im Übrigen ist das erforderliche Begleit-/Beförderungspapier gemäß 5.4.1 ADR in der Beförderungseinheit nicht mitgeführt worden. Daraufhin wurde der Geschäftsführer des Transportunternehmens nach den Bestimmungen des GGBG bestraft und wurden über ihn zwei hohe Geldstrafen verhängt. Gegen das Straferkenntnis haben wir das Rechtsmittel der Beschwerde eingelegt und das Landesverwaltungsgericht angerufen. Im Zuge einer mündlichen Berufungsverhandlung konnten wir unter Beweis stellen, dass das von uns vertretene Transportunternehmen nicht als „Beförderer“ im Sinne der Bestimmungen des GGBG eingestuft werden kann. Maßgeblich ist nämlich für die Beurteilung, wer Beförderer ist, ob und welche Anweisungen, von wem an den Lenker erteilt worden sind.

FAZIT                                                              

Obwohl der kontrollierte Lkw auf den Transportunternehmer zugelassen und der seinerzeitige Lenker bei dieser Firma beschäftigt waren, musste das Landesverwaltungsgericht zum Ergebnis kommen, dass das Transportunternehmen nicht Beförderer der verfahrensgegenständlichen gefährlichen Güter war. Die ausschließliche Disposition des Lkw samt Lenker erfolgte nämlich durch die auftraggebende Spedition, weshalb dieser „Beförderer im Sinne des GGBG“ war. Immer dann, wenn ein Lohnfuhrvertrag vorliegt, kann der Unternehmer, auf den das Fahrzeug zugelassen ist, nicht nach diesen Bestimmungen bestraft werden. Schließlich kann er in diesem Fall nicht als Beförderer nach dem GGBG eingestuft werden (siehe dazu VwGH, 2010/03/0108; Landesverwaltungsgericht NÖ, LVwg-S-782/001-2014 vom 15.12.2015).

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Stragü 02/2016 – PDF