Stragü 02/2019, Dr. Schärmer – Den letzten beißen die Hunde

In einem jahrelangen Rechtsstreit vor dem Landesgericht Salzburg konnten wir für einen Salzburger Hauptfrachtführer endlich Schadenersatz vom eingesetzten deutschen Subfrachtführer erstreiten. Auslöser des Streits war die bis zuletzt aufrecht erhaltene Behauptung des Subfrachtführers, dass es während seines Transportes zu keinen Verlusten gekommen sein kann. Die Beweislastverteilung wirkte sich schlussendlich zugunsten des Salzburger Hauptfrachtführers aus.

Beladung in der Türkei, Abwesenheit des Fahrers
Der von der RA Kanzlei Schärmer vertretene Hauptfrachtführer mit Sitz in Salzburg hatte den Auftrag, 830 TV-Geräte mittels Lkw von der Türkei nach Österreich zu transportieren. Im Mai 2016 haben Mitarbeiter eines türkischen Elektronikunternehmens den Planen-Sattelzug des Subfrächters beladen. Die Beladung fand in der Nacht statt. Der LKW-Lenker blieb während der Beladung des LKWs in seiner Zugmaschine. Vor dem Schließen der Hecktüren zum Laderaum wollte der LKW-Lenker das Ladegut kontrollieren. Eine derartige Kontrolle konnte vom LKW-Fahrer nicht mehr durchgeführt werden, da vom türkischen Absender zum Schutz der Fernsehgeräte eine Wand aus Karton angebracht wurde, die bis zur Decke des Laderaums reichte. Der Inhalt des Laderaums war daher für den LKW-Fahrer nicht mehr einsehbar. Nach dem Verschließen der Hintertür des Aufliegers wurde das Sattelanhänger von Mitarbeitern der Absenderfirma mit einer Plombe versehen. Daran anschließend stellte der LKW-Fahrer den Lkw außerhalb des Firmengeländes des Absenders ab und verbrachte dort die Nacht.

Frachtbrief
Für die gegenständliche Lieferung wurde ein CMR-Frachtbrief ausgestellt. Im Frachtbrief wurden 850 Stück TV-Geräte mit einem Gesamtgewicht von rund 9 t eingetragen. Der Frachtbrief wurde auch vom Subfrachtführer gegengezeichnet und mit Firmenstempel versehen. Beim Empfänger wurde auf dem Frachtbrief der Vermerk einer Fehlmenge von 363 Stück TV-Geräten angebracht.

Unbeschädigte Plombe
Der Subfrächter beantragte Klagsabweisung und wendete im Wesentlichen ein, dass nicht weniger Kartons abgeladen, als vom türkischen Versender in den Lkw geladen worden seien. Weiters wendete die beklagte Partei ein, dass die Ware alleine vom Absender verladen worden ist und habe der LKW-Fahrer bei der Beladung nicht beiwohnen dürfen. Während des Transportes sei es zu keinen Problemen gekommen und sei die Plombe unbeschädigt gewesen.

Verwiegung beim Zollamt
In räumlicher Nähe zur Ladestelle in der Türkei kam es zu einer Verwiegung des Lkw-Zuges beim Zollamt Manisa. Anschließend wurde eine Zollplombe angebracht.

Schadensbelastung gegen den Hauptfrachtführer
Der salzburger Hauptfrachtführer wurde vom Transportversicherer in Höhe von rund € 40.000 aufgrund des Verlustes von 363 Stück TV-Geräten in Anspruch genommen. Daraufhin wurden wir beauftragt die Ansprüche gegen den Subfrächter mit Klage geltend zu machen. Der Salzburger Hauptfrachtführer befand sich somit in einer unangenehmen „Sandwich-Position“.

Beweiswürdigung, kostenintensives Beweisverfahren
Das Gericht ist aufgrund der Verwiegung, die im Nahebereich der Ladestelle vorgenommen wurde, davon ausgegangen, dass der Verlust/Diebstahl der Waren unmittelbar nach der Beladung außerhalb des Betriebsgeländes des Absenders und vor der Verwiegung beim Zollamt verursacht wurde. Es gab schließlich keine andere Erklärung dafür. Aufgrund der Beweislastverteilung, der Bestätigung der Übernahme der Frachtstücke im CMR Frachtbrief durch den LKW-Fahrer sowie aufgrund der Beweislage zur tatsächlichen Beladung der 830 Stück beim Absender, konnte das Gericht schlussendlich die Feststellung treffen, dass der Verlust vom Subfrächter zu verantworten ist. Das Gericht hat aufgrund der massiven Einwendungen seitens des Subfrachtführers ein sehr aufwändiges Beweisverfahren abgehalten, bei dem auch Zeugen aus der Türkei, die in die Beladung involviert waren, eingeflogen wurden.

Verurteilung des 1. Subfrachtführers
In der gegenständlichen Logistikkette waren mehrere Subfrachtführer auf Seiten der beklagten Partei eingebunden. Der von uns vertretene Hauptfrachtführer beauftragte einen Subfrachtführer aus Deutschland. Dieser beauftragte wiederum einen Frachtführer aus Österreich, welcher schlussendlich wieder einen Unterfrachtführer beauftragte. Der ausführende und letzte Subfrachtführer war ein bulgarischer Frachtführer. Alle oben erwähnten Frachtführer sind dem Verfahren vor dem Landesgericht Salzburg auf der Gegenseite unseres Mandanten aufgetreten. Die Prozesskosten in diesem Verfahren überstiegen den eingeklagten Schadenersatzbetrag von € 40.000 bei weitem.

CMR-Versicherungssumme prüfen
Das Sprichwort „Den letzten beißen die Hunde“ passt hier treffend. Der ausführende und letzte Subfrachtführer in der Logistikkette hat nämlich nicht nur den Schadenersatzbetrag von € 40.000 zu bezahlen. Er muss auch sämtliche Prozesskosten aller in diesem Verfahren involvierten Rechtsanwälte bezahlen. Hier waren insgesamt 5 Rechtsanwälte in das Verfahren involviert. In diesen Fällen kann man nur hoffen, dass der jeweils nächste in der Kette immer eine ausreichende Versicherung hat, andernfalls sogar ein positives Urteil, in Ermangelung einer ausreichenden Bonität des Frachtführers, nicht viel bringt. Es wird daher dringend angeraten, bei der Beauftragung eines Subfrachtführers, die Versicherungsdeckung des Subfrachtführers zu überprüfen. Insbesondere wäre auch zu überprüfen, ob eine ausreichende Versicherungssumme vorhanden ist und auch ob Verluste durch Diebstähle versichert sind. Es kommt immer wieder vor, dass bei osteuropäischen Versicherungen grob fahrlässig herbeigeführte Schäden nicht versichert sind.

Zusammenfassung/Praxistipps:
– Schadensersatzansprüche aufgrund von Warenverlusten können zu sehr aufwendigen CMR-Prozessen führen. Die Prozesse sind oft derart kostenintensiv, dass der Warenwert überschritten wird.

– Der Ausgang des Verfahrens hängt davon ab, welche Pflichten im Transportauftrag an den Subfrachtführer weitergegeben werden (Stichwort: Verwendung von sicheren Parkplätzen, zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen bei hochwertigen Warentransporten).

– Der Subfrachtführer muss verpflichtet werden, bei den Ladestellen den Frachtbrief zu unterfertigen.

– Achten Sie darauf, dass vor Beauftragung eines Frachtführers, der nicht zu den Stammfrachtführern zählt, die Versicherungsbestätigung überprüft wird. Im Zweifel ziehen sie Ihren Versicherungsexperten hinzu.

– Im Zweifel muss ein Stammfrachtführer beauftragt werden. Dies vor allem bei sehr hochwertigen Waren.

– Lassen Sie sich von Ihrem speziellen Versicherungsberater die Versicherungspolizze überprüfen. Es kommt immer wieder vor, dass nur Schäden versichert sind, die beim direkt beauftragten Frachtführer eintreten. Das führt dazu, dass bei langen Frachtführer-ketten ein Schaden mögliche Weise nicht gedeckt ist.

Stragü 02/19 – PDF