Transporteur 01/22 – A. Miskovez – Auf wen höre ich jetzt?

Weisungsrecht nach CMR

Gemäß Art. 12 CMR ist der Absender berechtigt, über das Gut zu verfügen. Er kann insbesondere verlangen, dass der Frachtführer das Gut nicht weiterbefördert, den für die Ablieferung vorgesehenen Ort ändert oder das Gut einem anderen als dem im Frachtbrief angegebenen Empfänger abliefert. Somit ist der Absender (Auftraggeber des Frachtführers) berechtigt, dem Frachtführer Weisungen zu erteilen. Dieses Weisungsrecht steht dem Absender so lange zu, bis die zweite Ausfertigung des Frachtbriefes dem Empfänger übergeben wird.

Auch der Empfänger hat nach Art. 12 CMR ein Weisungsrecht gegenüber dem Frachtführer. Dieses Verfügungsrecht steht dem Empfänger ab dem Zeitpunkt zu, indem er vom Frachtführer die zweite Ausfertigung des Frachtbriefes bekommt. Von diesem Weisungsrecht machen Empfänger in der Praxis oft dann Gebrauch, wenn das Lager an der Entladestelle voll ist und der Frachtführer dazu angewiesen wird, in ein anderes, nahegelegenes Lagerhaus zu fahren. Darüber hinaus kann der Empfänger auch bereits früher über ein solches Weisungsrecht verfügen, wenn dieses im Frachtbrief ausdrücklich erteilt wurde.

Form der Weisung

Art. 12 Abs. 5 lit. a) CMR sieht zwar vor, dass die Weisung zu ihrer Wirksamkeit in den Frachtbrief einzutragen ist, allerdings erfolgt die Weisung in der Praxis meist telefonisch oder per E-Mail. Die herrschende Lehre geht davon aus, dass die Weisung im Verhältnis zwischen dem Absender und Frachtführer auch ohne Eintragung in den Frachtbrief Wirksamkeit erlangt. Für die Praxis ist es jedoch empfehlenswert, jede Weisung zu Beweiszwecken zu dokumentieren. Am besten lässt man sich daher die Weisung per E-Mail bestätigen und trägt diese zusätzlich im Frachtbrief ein.

Was darf verlangt werden?

Die CMR sieht vor, dass der Absender/Empfänger beispielsweise verlangen kann, das Gut nicht weiterzubefördern, das Gut an einen anderen Ort, als ursprünglich vorgesehen oder an einen anderen Empfänger abzuliefern. Hierbei handelt es sich jedoch um keine abschließende Aufzählung, weshalb der Absender/Empfänger auch andere Verfügungen treffen kann. Die einzige Bedingung ist hierbei, dass die Ausführung der Weisung dem Frachtführer zumutbar ist. Demnach ist eine Weisung nur wirksam, wenn die Ausführung der Weisung möglich ist und den gewöhnlichen Betrieb des Frachtführers weder hemmt noch andere Sendungen beeinträchtigt.

Zusammengefasst hat der Frachtführer somit die Weisung des Absenders bzw. Empfängers, sofern deren Ausführung zumutbar ist, zu befolgen. Unterlässt der Frachtführer dies, so haftet er für alle hieraus resultierenden Schäden. Der Absender bzw. der Empfänger haben dem Frachtführer jedoch alle Kosten und Schäden zu ersetzen, die durch die Ausführung der Weisung entstehen.

Schließlich ist festzuhalten, dass sofern gleichzeitig wirksame Weisungen des Absenders und des Empfängers vorliegen, die Weisung des Absenders (Auftraggebers des Frachtführers) Vorrang hat.

Fatale Folgen vermeiden

Durch die Befolgung der Weisungen von hierzu unberechtigten Personen kommt es in der Praxis oft zu fatalen Folgen. Ein häufiges Beispiel hierfür sind kriminelle Täter, die sich unmittelbar vor der Entladestelle als Personal des Empfängers ausgeben und den Frachtführer dazu anweisen, die Ware am nächsten geeigneten Platz abzuladen bzw. diese in ein anderes Lagerhaus zu bringen. Da der Empfänger zu diesem Zeitpunkt grundsätzlich noch nicht berechtigt ist eine Weisung zu erteilen, darf diese vom Frachtführer auch nicht ausgeführt werden. In solch einem Fall bzw. bei Unklarheiten empfiehlt es sich stets, Rücksprache mit dem Absender zu halten und sich die weitere Vorgehensweise von diesem bestätigen zu lassen. Der Absender ist nämlich während des Transports jedenfalls weisungsberechtigt.

Fazit Praxistipps

Erhält man als Frachtführer im Zuge des Transports eine Weisung, so wird stets empfohlen diese Weisung ordnungsgemäß zu dokumentieren, um nachteilige Haftungen zu vermeiden und später den Anspruch auf Ersatz der hierdurch entstandenen Mehrkosten erfolgreich geltend zu machen. Werden Weisungen von anderen Personen als dem Auftraggeber erteilt, so sollte genau geprüft werden, ob diese überhaupt berechtigt sind, eine solche Weisung zu erteilen. Häufige Probleme ergeben sich in der Praxis nämlich bei Weisungen des Personals an der Beladestelle hinsichtlich der Transporttemperatur bzw. Weisungen des Empfängers bei denen der Fahrer zu einer anderen Entladestelle geschickt wird.

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