Bajraktarevic/Schärmer/Miskovez – Interview „Salz in der Suppe“

Bajraktarevic/Schärmer/Miskovez – Interview „Salz in der Suppe“

DER ÖSTERREICHISCHE TRANSPORTEUR: Was genau hat die Güterbeförderungskonzession und Zuverlässigkeit des Transportunternehmers mit Strafen zu tun?
Alexej Miskovez: Die EU hat ja bekanntlich vor einigen Jahren das Verkehrsunternehmensregister, kurz VUR, eingeführt. Die Mitgliedstaaten führen somit ein „Sündenregister“ in das bestimmte rechtskräftige Verwaltungsübertretungen der Lenker und des Unternehmers eingetragen werden. Aus diesem Übertretungsregister wird dann automatisch eine Risikoeinstufung berechnet und der Unternehmer somit „gerated“. Um die EU-Lizenz bzw. Güterbeförderungskonzession zu verlängern bzw. diese zu behalten, muss ein Unternehmer als zuverlässig gelten. Ist diese Zuverlässigkeit aufgrund von zahlreichen Strafen nicht mehr gegeben, so kann der Unternehmer das Güterbeförderungsgewerbe nicht weiter ausüben.
Dominik Schärmer: Anzumerken ist noch, dass Probleme nicht erst dann auftreten, wenn die Konzession tatsächlich in Gefahr ist, sondern schon viel früher! Je nach Risikoeinstufung des Unternehmens, wird dieses häufiger oder seltener kontrolliert. Wer daher einmal anfängt viele Strafen zu sammeln, kommt aus dem Teufelskreis oft gar nicht mehr raus.

Wie viele Strafen darf man sich als Transportunternehmer tatsächlich „erlauben“ und kommt es in der Praxis nun oft zu Konzessionsentzugsverfahren?
Schärmer: Wir werden regelmäßig von besorgten Transportunternehmern kontaktiert, dass sie ein Schreiben der Behörde bekommen haben, indem die leitende Person im Unternehmen aufgefordert wird, den maßgeblichen Einfluss auf das Transportunternehmen aufzugeben bzw. die Mehrheitsanteile des Transportunternehmens abzugeben und die Geschäftsführung zurückzulegen, da sie als Geschäftsführer bzw. Unternehmer nicht mehr „zuverlässig“ sind, um das Gewerbe weiterhin auszuüben.
Amra Bajraktarevic: Was viele unterschätzen, ist, dass oft eine relativ geringe Anzahl an Verstößen bereits für ein Konzessionsentzugsverfahren ausreicht. Die Behörde berücksichtigt nämlich sämtliche Strafen der vergangenen fünf Jahre und es wird dabei oft auch nicht unterschieden, wie viele Fahrzeuge der Trans-portunternehmer hat. Bei manchen äußerst schwerwiegenden „Todsündenverstößen“ reicht auch bereits eine ein-zige Übertretung, die zur Unzuverlässigkeit des Konzessionsinhabers führen kann.

Wie schätzen Sie also die Zukunft ein, was Kontrollen und Konzessionsentzüge bei Transportunternehmen anbelangt?
Bajraktarevic: Leider sehe ich derzeit keine Tendenz für weniger Kontrollen und Strafen in der Zukunft! Ganz im Gegenteil geht die Tendenz dahin, dass zukünftig weitaus mehr gestraft wird. Gerade durch die Einführung des neuen EU-Mobilitätspakets tut sich da einiges. So können Kontrollorgane zukünftig statt den bisher vergangenen 28 Tagen, zukünftig die vergangenen 56 Tage bei der Kontrolle der Lenk- und Ruhezeiten berücksichtigen. Dazu kommt noch, dass der Smart Tacho der 2. Generation beim Vorbeifahren ausgelesen werden kann und der Transportunternehmer zukünftig noch transparenter wird, da die Kontrollorgane zukünftig EU-weit auf das Verkehrsunternehmensregister und die Risikoeinstufung des Unternehmens zugreifen können.

Was empfehlen Sie daher, um Konzessionsentzüge und rote Einstufungen im Kontrollsystem zu vermeiden?
Schärmer: In erster Linie sollten Strafen um jeden Preis vermieden werden. Kommt es jedoch zu Strafen, müssen diese unbedingt bekämpft werden! Unsere kanzleiinterne Statistik zeigt, dass 9 von 10 Strafen entweder gänzlich beseitigt oder gemindert werden können. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass bei der Risikoeinstufung insbesondere auch die Anzahl der einzelnen Verstöße und deren Schwere berücksichtigt werden. Können daher einzelne Vorwürfe beseitigt oder in der Schwere gemindert werden, wirkt sich dies sehr positiv auf die Risikoeinstufung aus.
Miskovez: Egal ob es sich um Verstöße gegen das Kraftfahrgesetz (KFG), das Güterbeförderungsgesetz (GütBefG) oder gegen die Sozialvorschriften im Hinblick auf die Lenk- und Ruhezeiten handelt: Bei genauer Prüfung der Strafen können oft formale Fehler festgestellt werden, die zu einer Aufhebung dieser führen.

Nun werden oftmals auch viele geringe Strafen verhängt: Lohnt es sich überhaupt, diese zu bekämpfen?
Miskovez: Gerade diese Strafen werden unterschätzt und müssen bekämpft werden, denn auch die Summe an „kleinen Strafen“ führt nicht selten zur gesamtheitlich betrachtet schlechten Bewertung.

Natürlich stellt sich dabei immer die Frage der Kosten. Ist ein derartiger Rechtsservice überhaupt leistbar?
Miskovez: Ein solches Vorgehen gegen Strafen ist nur mit einem speziellen Rechtsschutz möglich. Anders als im Zivilverfahren gibt es im verwaltungsstrafrechtlichen Verfahren kein Obsiegensprinzip. Selbst wenn man die Strafe daher erfolgreich bekämpft und zur Aufhebung bringt, bleibt man auf den Anwaltskosten sitzen. Der Großteil der Verfahren gelangt bis zum Landesverwaltungsgericht und so bewegen sich die Vertretungskosten zwischen 2.000 und 3.000 Euro. Dieses Kostenrisiko kann nur durch eine maßgeschneiderte Verwaltungsstrafrechtsschutz-Versicherung abgefedert werden.

Welche speziellen Versicherungsprodukte gibt es hierzu bereits?
Schärmer: In den vergangenen Jahren konnten wir in Kooperation mit führenden – auf den Transportsektor spezialisierten – Maklern und Versicherungen zwei Rechtsschutzprodukte aufstellen, die speziell auf die Bedürfnisse eines Transporteurs zugeschnitten sind. Dabei ist es besonders wichtig die häufigsten Deckungslücken zu füllen, Selbstbehalte und Bagatellgrenzen zu minimieren sowie leistbare Prämien zu schaffen. Diese Versicherungsprodukte sind jetzt seit neuestem Makler-unabhängig und können daher von jedem Makler abgeschlossen werden! Das ist uns auch deshalb wichtig, da der Transportunterneh-mer oft ein besonderes Verhältnis zu einem Makler hat und wir auf keinen Fall von bestehenden Geschäftsbeziehungen abraten wollen.

Wie gehe ich als Transportunternehmer vor, wenn ich keinen Versicherungsmakler an der Hand habe?
Schärmer: Sollte dies der Fall sein, geben wir gerne eine Empfehlung ab, damit dieses Produkt dann über einen für diesen Bereich kompetenten Makler eingedeckt werden kann. Ein ganz neu adaptiertes Spezialprodukt bei einem führenden Rechtsschutzversicherer wurde vor kurzem zusätzlich auf den Markt gebracht. Ich bin daher der Meinung, dass wir jetzt für die bevorstehende Zeit trotz der verschärften Rechtslage, insbesondere mit dem Mobilitätspaket, rechtsschutztechnisch gut gerüstet sind. Ein starker Rechtsschutzversicherer für den Transportunternehmer ist in Zeiten wie diesen – wie das Salz in der Suppe – somit unverzichtbar!

Abschließend kurz zusammengefasst, wie kann ich als Transportunternehmer also mein „Sündenregister“ sauber halten?
Miskovez: Ich rate jedem Transportunternehmer, seine derzeitige Rechtsschutzversicherung von einem spezialisierten Makler überprüfen zu lassen und gegebenenfalls auf das maßgeschneiderte Produkt aufzurüsten. Um jedem Transporteur dabei zu helfen, sein „Sündenregister“ sauber zu halten, haben wir zusätzlich einen kostenlosen Service für Verwaltungsstrafen eingerichtet. Jeder Verkehrsunternehmer ist herzlich eingeladen, jede ins Haus kommende Strafe an uns zur Erstprüfung zu übermitteln.
Bajraktarevic: Oft ist für den Transportunternehmer nämlich nicht auf den ersten Blick erkennbar, ob die Strafe ungerechtfertigt ist oder an formellen Fehlern leidet. Gerne übernehmen wir diese Prüfung und verhindern hierdurch, dass ungerechtfertigte Strafen einfach eingezahlt werden und sich negativ auf das Risikoeinstufungssystem und die Zuverlässigkeit auswirken.

 

Quelle: www.dertransporteur.at

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