Stragü 09/2018, Dr. Schärmer – Transportbegleitung: Mehr Sorgfalt bitte

Stragü 09/2018, Dr. Schärmer – Transportbegleitung: Mehr Sorgfalt bitte

Pflicht zur Begleitung

Es liegt ein Sondertransport vor, wenn die im KFG festgelegten Grenzwerte der Abmessungen (Breite, Länge und Höhe) bzw. der Gesamtgewichte überschritten werden. Der Transporteur muss dann eine Ausnahmebewilligung einholen. Der Antrag auf Erteilung der Ausnahmebewilligung ist bei der jeweiligen Landesregierung jenes Bundeslandes einzubringen, in dem der Beladeort bzw. der Ort  des Beginns der Transportstrecke liegt. Bei Beladeorten außerhalb Österreichs ist die Landesregierung jenes Bundeslandes maßgeblich, indem die Grenze nach Österreich überquert wird. Die Ausnahmebewilligung wird in Form eines Bescheides erteilt. In der Regel enthalten diese Bescheide eine Vorgabe über die konkret einzuhaltende Transportroute. Je nach Ausmaß des Schwertransportes wird auch eine Transportbegleitung durch ein oder mehrere ermächtigte Straßenaufsichtsorgane als Auflage bescheidmäßig vorgeschrieben. Unter den „Standardauflagen-Transportbegleitung“ wird in den Bescheiden regelmäßig festgehalten, dass durch die Transportbegleitung die Einhaltung der Auflagen gewährleistet sein muss. Die Behörde hat zudem die Einhaltung der erteilten Auflagen zu überwachen.

 

Pflichten des Straßenaufsichtsorgans

Den Transportbegleiter als ermächtigtes Straßenaufsichtsorgan trifft die Pflicht, sich zu vergewissern, ob die gesamte Transportroute für die Durchführung der Fahrt bei Einhaltung der im Bewilligungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen tatsächlich geeignet ist und gefahrlos befahren werden kann und vor allem, ob beispielsweise die erforderlichen Durchfahrtshöhen gegeben sind. Das Organ hat schließlich die Einhaltung der Auflagen zu gewährleisten und damit die mit dem Transport zusammenhängende Gefährdung des allgemeinen Verkehrs zu verhindern.

Auch wenn den Transportunternehmer als Bescheidinhaber die Pflicht trifft, sich vor Antritt der Fahrt zu vergewissern, ob die gesamte Transportroute für die Durchführung der Fahrt bei Einhaltung der vorgeschriebenen Auflagen tatsächlich geeignet ist und gefahrlos befahren werden kann und ob die erforderlich Durchfahrtshöhe, Durchfahrtsbreite und die erforderlichen Kurvenradien entlang der gesamten Route gegeben sind, hat der Transportbegleiter als ermächtigtes Straßenaufsichtsorgan eine Überwachungspflicht dahingehend, ob die Transportroute auch tatsächlich für die Durchführung der Fahrt geeignet ist. Um diese Überwachungspflicht ordnungsgemäß durchzuführen, hat der Transportbegleiter im Rahmen seiner zumutbaren Sorgfaltspflicht Folgendes zu beachten:

Bevor die Transportbegleitung durchgeführt wird bzw. der Sondertransport gestartet wird, sind grundsätzlich alle wichtigen Punkte in einer eigenen Dokumentation (Checkliste) festzuhalten. Vor Antritt des Transportes sind die am Transport beteiligten Personen über den genauen Transportablauf einzuweisen. Vor Durchführung einer Transportbegleitung hat sich das Straßenaufsichtsorgan zu vergewissern, ob der Durchführung des Transportes eventuell vorhersehbare Hindernisse entgegenstehen. Brücken müssen daher auf die ungehinderte Durchfahrt im Zusammenhang mit der Gesamttransporthöhe im Vorfeld durch den Transportbegleiter überprüft werden. Eine derartige Maßnahme ist zumutbar und mit verhältnismäßigem Aufwand zu gewährleisten. Derartige Maßnahmen gehören zu den Hauptleistungspflichten eines Transportbegleiters. Bei der Überquerung von Eisenbahnkreuzungen oder anderen Gefahrenbereichen ist besondere Vorsicht geboten. Hier ist vor allem im Vorfeld vom Transportbegleiter gemeinsam mit dem Transportunternehmer zu überprüfen, ob die Bestimmungen der Eisenbahnkreuzungsverordnung eingehalten wurden.

 

Ausrüstungsgegenstände der Transportbegleiter

Um diese Überwachungspflichten auch durchführen zu können, müssen die Straßenaufsichtsorgane/Begleiter speziell ausgestattet sein. So haben Organe der Begleitstufen 2, 3 und/oder 4 folgende Ausrüstungsgegenstände und Unterlagen mitzuführen:

  • Gültiger Dienstausweis
  • Schutzkleidung, „Organ der Straßenaufsicht“ an Brust und Oberarm und zusätzlich der Aufschrift „Straßenaufsicht“ am Rücken
  • Winkerkelle
  • Anhaltestab
  • weißer oder gelber PKW
  • Telefon, Funkgerät fix eingebaut, mobiles Funkgerät
  • Absicherungsmaterial (zwei Verkehrszeichen „andere Gefahren“)
  • Maßband mindestens 35 m Länge, Messlatte mit mindestens 5 m Länge (Teleskopmeter)

Der LKW-Fahrer ist verpflichtet den Anweisungen des Straßenaufsichtsorgane Folge zu leisten.

 

Zusatzgenehmigungen bei Eisenbahnkreuzungen

Bemerkenswert ist, dass es nach wie vor Transporteure und Transportbegleiter  gibt, die über die Bestimmungen der Eisenbahnkreuzungsverordnung nicht informiert sind. Diesen bedauerlichen Umstand erfahren wir meist erst im Schadensfall oder im Rahmen von Strafverfahren. Bei der Überquerung von Eisenbahnkreuzungen oder anderen Gefahrenbereichen ist besondere Vorsicht geboten. Hier ist vor allem im Vorfeld vom Transportbegleiter gemeinsam mit dem Transportunternehmer zu überprüfen, ob die Bestimmungen der Eisenbahnkreuzungsverordnung eingehalten wurden. Es besteht nämlich grundsätzlich das Verbot des Übersetzens von Eisenbahnkreuzungen mit Fahrzeugen, die eine Länge von mehr als 20 m haben bzw. mit Fahrzeugen mit einer Höhe von mehr als 4 m (bei Eisenbahnkreuzungen mit Oberleitungen). Wenn das Übersetzen einer Eisenbahnkreuzung mit einer Länge von mehr als 20 m beabsichtigt ist, muss die Zustimmung des Eisenbahnunternehmens so rechtzeitig eingeholt werden, dass Maßnahmen für ein sicheres Übersetzen getroffen werden können. Wenn das Eisenbahnunternehmen die Zustimmung verweigern sollte, kann der Transportunternehmer eine Entscheidung der Behörde beantragen. Die Behörde hat das Übersetzen der Eisenbahnkreuzung zu gestatten, wenn ein sicheres Übersetzen der Eisenbahnkreuzung gewährleistet ist (§ 96 Abs. 2 und 3 Eisenbahnkreuzungsverordnung).

 

Straf- und zivilrechtliche Haftung

Kommt es zu einem Verkehrsunfall aufgrund der Nichteinhaltung von einschlägigen Bestimmungen bzw. der Verletzung der erforderlichen Sorgfalt bei der Durchführung des Sondertransportes, kann der Transportunternehmer und auch der Transportbegleiter zur Haftung herangezogen werden. Bei einem ermächtigten Straßenaufsichtsorgan kann es unter Umständen zur Haftung des Rechtsträgers (des Landes oder des Bundes) nach dem Amtshaftungsgesetz kommen, da der Transportbegleiter meist in Vollziehung der Gesetze handelt. Eine Haftung nach dem Amtshaftungsgesetz schließt aber eine zivilrechtliche Haftung bzw. eine strafrechtliche Haftung des konkreten Transportbegleiters nicht aus.

 

Schriftlicher Vertrag mit Transportbegleiter

Im Schadensfall stellt sich meist heraus, dass der Transportunternehmer mit dem Begleiter in einer ständigen Geschäftsbeziehung steht. Meist gibt es keine schriftlichen Verträge, sondern wird der Transportbegleiter meist telefonisch beauftragt. Es ist unbedingt zu empfehlen, mit dem Transportbegleiter eine klare schriftliche Vereinbarung aufzusetzen. Darin sollten die Rechte und Pflichten festgehalten werden. Auch das Thema „Haftung und Versicherung“ müssen klar geregelt werden.

 

Schlussbemerkung

Die Praxis zeigt in Einzelfällen ein erschreckendes Bild. Im Rahmen von aktuellen Schadensfällen hat sich jetzt mehrfach gezeigt, dass Transportbegleiter öfters ihre Aufgabe auf die „leichte Schulter legten“ - dies mit verheerenden Folgen. Die Transportbegleitung hat nicht nur den Zweck, dass der LKW-Fahrer nicht alleine ist. Der Transportbegleiter hat eine schützende Aufgabe und sollte Gefahren des Schwertransportes aktiv verhindern. Zu den Aufgaben eines Transportbegleiters gehört daher auch eine vorausschauende Planung (Routenkontrolle), Kontrolle und Gewährleistung der Einhaltung der Bescheidauflagen und eine optimale Abstimmung mit dem Transportunternehmer und dem LKW-Fahrer.

 

Praxistipps:

  • Schließen Sie einen schriftlichen Vertrag mit dem Transportbegleiter!
  • Lassen Sie sich von Ihrem spezialisierten Rechtsanwalt einen Mustervertrag erstellen, den sie allenfalls jährlich an neue Gegebenheiten nur mehr geringfügig anpassen müssen
  • Stellen Sie sicher, dass alle an Sondertransporten beteiligten Personen, die wichtigsten gesetzlichen Regelungen kennen (zB Eisenbahnkreuzungsverordnung etc.).
  • Schwere Verkehrsunfälle durch Missachtung der grundlegenden Anforderungen im Schwerverkehr können zu strafrechtlichen Verurteilungen bzw. zu einer zivilrechtlichen Haftung führen!
  • Sowohl der Transportunternehmer, der Transportbegleiter sowie Mitarbeiter können zur Haftung herangezogen werden!
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