Transporteur 07/21 – Dr. Schärmer – Elektronischer Frachtbrief – Zettelwirtschaft bald Geschichte?

Transporteur 07/21 – Dr. Schärmer – Elektronischer Frachtbrief – Zettelwirtschaft bald Geschichte?

Enorme Vorteile für Logistikketten

Der Einsatz des elektronischen Frachtbriefes bringt enorme Vorteile in Logistikprozessen.

Durch die Verwendung des elektronischen Frachtbriefes können Transportprozesse „live“ und somit ohne Verzögerungen verfolgt werden. Frachtführer, Verlader, Empfänger und Versicherungen können hierdurch ohne Verzögerung den aktuellen Fortschritt eines Transports verfolgen und werden insbesondere Irrtümer und Betrugshandlungen im Zusammenhang mit dem Frachtbrief hintangehalten.

Darüber hinaus entfällt bei Transportunternehmen ein enormer Verwaltungsaufwand der mit der Ausstellung, Übermittlung und Archivierung von physischen Transportpapieren verbunden ist.

Ein Dorn im Auge von Transportunternehmen sind oft Vereinbarungen mit dem Auftraggeber, wonach ausschließlich Originalpapiere akzeptiert werden bzw. die Fracht erst nach Übermittlung sämtlicher Originalpapiere fällig ist. In der Praxis führen solche Vereinbarungen meistens zu enormen Verzögerungen bei der Bezahlung der Fracht und damit verbundenen Streitigkeiten. Mit einem elektronischen Frachtbrief, hätten sämtliche in den Transport involvierten Parteien einen direkten Zugang zum originalen digitalen Frachtbrief und gebe es somit keine Probleme mehr mit der Aufbewahrung und Übermittlung von Originaldokumenten. Die Frachteintreibung würde damit auch um einiges leichter fallen, da die Bezahlung des Frachtentgeltes nicht mehr von der Vorlage von Originalpapiere abhängen würde.

Die Vorteile des elektronischen Frachtbriefes sind daher offenkundig, die rechtlichen Rahmenbedingungen sind jedoch leider noch nicht abschließend geschaffen und besteht gegenwärtig noch Unsicherheit.

 

eCMR

Bereits 2008 trat das Zusatzprotokoll zur CMR betreffend den elektronischen Frachtbrief (eCMR) in Kraft. Der wesentliche Zweck dieses Zusatzprotokolls ist die Gleichstellung elektronischer Frachtbriefe mit jenen in Papierform. Insbesondere sollen einem elektronischen Frachtbrief dieselben Beweiswirkungen zukommen.

Art. 5 CMR enthält ein Schriftformerfordernis und ist somit der Frachtbrief erst dann wirksam, wenn dieser vom Absender und Frachtführer unterzeichnet wurde. Mit dem elektronischen Frachtbrief soll es möglich sein diese handschriftliche Unterschrift mit einer elektronischen Signatur zu ersetzen. Hierzu enthält das Zusatzprotokoll strenge Vorschriften und muss eine solche elektronische Signatur daher ausschließlich dem Unterzeichner zugeordnet und die Identifizierung des Unterzeichners möglich sein. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so gilt auch ein elektronischer Frachtbrief als wirksam unterfertigt.

Eine bereits in der Praxis weit verbreitete Methode zur Unterfertigung des elektronischen Frachtbriefes ist die Unterschrift auf einem elektronischen „Tablet“. Hierbei unterschreibt der Fahrer auf einem „Touchpad“ und wird diese Signatur in weiterer Folge elektronisch in den Frachtbrief eingesetzt.

Das Zusatzprotokoll gibt jedoch nur einen groben Rahmen für die Verwendung elektronischer Frachtbriefe vor. Insbesondere hinsichtlich der hierfür verwendeten Software und anderen technischen Details müssen sich die am Transport beteiligten Personen über ein gemeinsames Verfahren einigen. Es gibt derzeit keine einheitliche Lösung zur Umsetzung des elektronischen Frachtbriefes, allerdings ist aufgrund des technologischen Fortschrittes davon auszugehen, dass solche Möglichkeiten bald verfügbar sein werden.

Auch bei der gemeinsamen Umsetzung des eCMR-Zusatzprotokolls mangelt es an Einheitlichkeit, da dieses Zusatzprotokoll bisher nicht von allen Vertragsstaaten des CMR-Übereinkommens unterzeichnet wurde. Zuletzt hat sich die deutsche Bundesregierung dazu entschlossen, dieses Zusatzprotokoll zu unterzeichnen. Österreich ist bis heute leider noch kein Vertragspartner.

 

Situation in Österreich

In Österreich sieht bereits § 17 Güterbeförderungsgesetz vor, dass der Frachtbrief in elektronischer Form mitgeführt werden kann. Obwohl Österreich das eCMR-Zusatzprotokoll nicht ratifiziert hat, welches Konkretisierungen im Hinblick auf die Umsetzung des elektronischen Frachtbriefes mit sich bringen würde, besteht zumindest die gesetzliche Möglichkeit einen elektronischen Frachtbrief zu verwenden. § 17 Güterbeförderungsgesetz macht es möglich, bei einer Unterwegskontrolle einen elektronischen Frachtbrief vorzulegen. Dieser elektronische Frachtbrief ist dann von den Behörden zu akzeptieren.

An dieser Stelle ist jedoch anzumerken, dass das Güterbeförderungsgesetz im Hinblick auf den elektronischen Frachtbrief lediglich das Verhältnis des Transportunternehmers zu den Behörden regelt. Die Thematik, welche Beweiswirkungen einem elektronischen Frachtbrief bei Streitigkeiten zwischen dem Frachtführer und seinem Auftraggeber zu kommen, ist daher auch vom Güterbeförderungsgesetz nicht geregelt.

Möchte man in Österreich einen digitalen Frachtbrief verwenden, so sind die Rahmenbedingungen dessen Einsatzes, mangels detaillierter gesetzlicher Grundlage, gesondert mit dem Auftraggeber bzw. Vertragspartner zu vereinbaren.

 

Zukünftige Fortschritte in Aussicht

2020 trat die EU-Verordnung 2020/1056 über elektronische Frachtbeförderungsinformationen (eFTI) in Kraft. Diese Verordnung verpflichtet Behörden der Mitgliedstaaten dazu, gesetzlich vorgeschriebene Informationen im Rahmen der Güterbeförderung, in elektronischer Form zu akzeptieren. Mit dieser Verordnung wurde europaweit ein Grundstein für die Digitalisierung der Frachtdokumente gelegt. Die Verordnung zielt in erster Linie darauf ab, den erheblichen Verwaltungsaufwand für Logistikunternehmen und die mit ihnen verbundenen Wirtschaftszweige zu senken und negative Umweltauswirkungen zu reduzieren. Diese Verordnung bringt die große Hoffnung mit sich, dass der Frachtbrief schon bald europaweit digitalisiert wird. Anzumerken ist jedoch, dass zur endgültigen Umsetzung dieser Verordnung, einige Durchführungsakte und Präzisierungen notwendig sind. Die wirksame Umsetzung ist daher erst in den nächsten Jahren zu erwarten.

Es existieren bereits Pilotprojekte in denen Blockchain-Technologien dazu verwendet werden, um die digitalen Informationen zwischen Frachtführern, Absendern, Verladen und Versicherungen auszutauschen. Zusammen mit der Entwicklung und Umsetzung der rechtlichen Rahmenbedingungen, könnten diese technologischen Fortschritte bald dazu führen, dass elektronische Frachtbriefe unverfälscht und aktuell jederzeit für jede, am Transport beteiligte Partei, zugänglich sind.

 

Zusammenfassung, Praxistipps:

***Der elektronische Frachtbrief wird aufgrund gesetzlicher Bestrebungen und des technologischen Fortschrittes ein immer aktuelleres Thema in der täglichen Transportpraxis.

***Durch den elektronischen Frachtbrief wird der Verwaltungsaufwand enorm gesenkt und zahlreiche Logistikprozesse vereinfacht und beschleunigt.

***Mit dem eCMR-Zusatzprotokoll wurde 2008 eine Grundlage für den elektronischen Frachtbrief geschaffen. Dieses Übereinkommen wurde jedoch von zahlreichen Staaten wie zum Beispiel Österreich bisher nicht ratifiziert.

***Gemäß § 17 Güterbeförderungsgesetz werden in Österreich elektronische Frachtbriefe von Behörden bereits akzeptiert.

***Im Hinblick auf das Verhältnis zum Auftraggeber, sollten bei der Verwendung eines elektronischen Frachtbriefes, mangels gesetzlicher Bestimmungen, gesonderte Vereinbarungen getroffen werden.

***Mit der EU-Verordnung 2020/1056 über elektronische Frachtbeförderungsinformationen (eFTI) ist zukünftig ein Fortschritt in der einheitlichen Verwendung von digitalen Frachtbriefen zu erwarten.

***Aus rechtlicher Sicht ist der Fortschritt und die Digitalisierung des Frachtbriefes zu begrüßen und wird meines Erachtens zukünftig für klarere Verhältnisse und Beweissituationen sorgen.

Publikation herunterladen

Kategorien

Archiv

© Copyright - Schärmer + Partner Rechtsanwälte GmbH