Stragü 10/2018, Dr. Schärmer – LKW-Maut: rechtswidrig abkassiert

Ausgangslage

Der von unserer Rechtsanwaltskanzlei vertretene Kärntner Transportunternehmer klagte die ASFINAG auf Rückzahlung von Mautbeträgen in Höhe von rund € € 1.700,- samt 9,2 % Zinsen und Prozesskosten. Der Transportunternehmer fuhr mit seinem unbeladenen, fünfachsigen Sattelschlepper jeweils den Streckenabschnitt Knittelfeld Ost – Traboch am 09.11.2016 zwischen 6:51 und 7:13 Uhr, am 11.11.2016 zwischen 6:09 und 6:31 Uhr, am 12.11.2016 zwischen 0:26 und 0:47 Uhr, am 14.11.2016 zwischen 7:24 und 7:46 Uhr, am 15.11.2016 zwischen 6:48 und 7:09 Uhr, am 16.11.2016 zwischen 6:48 und 7:10 und am  7.11.2016 zwischen 4:53 und 5:15 Uhr über das niederrangige Straßennetz, wobei er bei Knittelfeld-Ost von der Schnellstraße S 36 abfuhr und bei Traboch auf die Autobahn A 9 auffuhr. Der Transportunternehmer nahm die Landstraße L518 sowie die Bundesstraßen B116 und B113, wobei er vorzugsweise Ortsumfahrungen benutzte.

Innerhalb der oben genannten Zeiträume kam es auf den zwischen den beiden Ab-/Auffahrten liegenden Mautkontrollpunkten 562, 563, 779, 780, 781 und 782 auf der S 36 und der A 9 zu keinem Kontakt zwischen der GO-Box des Klägers und den Mautkontrollstationen der Beklagten, weil der Kläger nicht dort, sondern stattdessen auf den oben genannten, nicht-mautpflichtigen Landes- und Bundesstraßen fuhr. Bei allen sieben Fahrten passierte der Kläger vor der Abfahrt Knittelfeld-Ost zu den jeweiligen oben genannten Anfangszeiten den Mautkontrollpunkt 783 bevor er die Schnellstraße S 36 verließ. Nach der Auffahrt auf die Autobahn A 9 erfolgte dann wieder zu oben genannten Endzeiten die erste Messung am Mautkontrollpunkt 561, welcher nach der Autobahnauffahrt Traboch liegt.

Unzulässige Einforderung der Maut

Der Kläger selbst wurde am 24.11.2016 von den Mautaufsichtsorganen der ASFINAG auf der Autobahn A 9 angehalten. Die Aufsichtsorgane glaubten die Ausführungen des Klägers über die verwendete Strecke nicht und zwangen den Kläger auch die Maut für die vorangegangenen Tage im Gesamtausmaß von rund € 1700,- zu bezahlen.

Die von den Aufsichtsorganen der beklagten Partei vorgeschriebene Ersatzmaut wurde schlussendlich deshalb an Ort und Stelle entrichtet, da der Transportunternehmer bei Nichtbezahlung an der Weiterfahrt gehindert worden wäre. Die Mautaufsichtsorgane sind schließlich berechtigt, gemäß Art 28 Bundesstraßen-Mautgesetz die Unterbrechung der Fahrt anzuordnen und ihre Fortsetzung durch geeignete Vorkehrungen (Abnahme der Fahrzeugschlüssel und der Fahrzeugpapiere, Anbringung technischer Sperren am Fahrzeug, Abstellung an geeignetem Ort u. dgl.) zu verhindern. Die Durchsetzung entsprechender Vorkehrungen wurde dem Transportunternehmer zum Anhaltezeitpunkt von den Mautaufsichtsorganen auch angedroht. Eine zeitlich nicht abschätzbare Anhaltung des Lkw der klagenden Partei wäre bei der rechtmäßigen (!) Verweigerung der Zahlung der Ersatzmaut – für die klagende Partei wirtschaftlich nicht tragbar gewesen, da der Transportunternehmer mit einer Terminfracht unterwegs war. Ausschließlich um eine Anhaltung des Lkw vor Ort und einen Lieferfristschaden zu verhindern, wurde die Ersatzmaut an Ort und Stelle beglichen. Nach Begleichung der Maut wandte sich der Transportunternehmer gleich an unsere Kanzlei.

Urteil zugunsten des Transportunternehmers

Das Bezirksgericht für Handelssachen Wien verurteilte die ASFINAG auf Rückzahlung der unzulässiger Weise eingehobenen Maut samt Zinsen und entstandenen Prozesskosten. Das Gericht vertrat die Auffassung, dass die ASFINAG überhaupt keine Beweismittel und stichhaltigen Anhaltspunkte für die behauptete Mautprellerei liefern konnte. Sie konnte somit nicht ansatzweise nachweisen, dass der klagende Transportunternehmer die mautpflichtigen Straße in nur einem „der abkassierten Fälle“ benützt hätte. Überdies erschien dem Gericht die Unterstellung der Gegenseite doch einigermaßen abstrus, dass der Kläger immer auf derselben Strecke, wo es gerade auch eine alternative, nicht mautpflichtige Route gibt, seine GO-Box manipuliert haben sollte, um die Vorschreibung einer Maut zu vermeiden, die jedoch davor und danach unstrittig gezahlt wurde.

Schlussbemerkung:

Manchmal muss David gegen Goliath antreten!

Zusammenfassung:

Der gegenständliche Fall zeigt, dass Zwangsmaßnahmen oder die Androhung von Zwangsmaßnahmen nicht immer rechtskonform sind.

-Es gibt immer wieder Fälle, bei denen sich bei näherer Überprüfung herausstellt, dass LKWs unzulässigerweise abgestellt wurden. In einigen Fällen entstehen daraus auch Schäden für den Transportunternehmer.

-Im Moment der Amtshandlung hat der Transportunternehmer/Lkw-Fahrer oft keine andere Wahl (wie hier). Im konkreten Fall musste der Transportunternehmer die unzulässigerweise eingehobene Maut – trotz Rechtswidrigkeit – zunächst bezahlen, da er nur auf diese Weise einen Lieferfristschaden abwenden konnte!

-Es gibt mehrere rechtliche Möglichkeiten sich gegen rechtswidrige Maßnahmen zur Wehr zu setzen. Im vorliegenden Fall hat sich der Transportunternehmer rückwirkend sein Recht durch gerichtliche Hilfe holen müssen.

-Bitte beachten Sie, dass man sich bei rechtswidrigen Maßnahmen von Exekutivorganen innerhalb einer Frist von 6 Wochen auch mit einer Maßnahmenbeschwerde zur Wehr setzen kann.

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Stragü 10/2018 – PDF