Transporteur 04/20, A. Miskovez – Mit Kanonen auf Spatzen schießen

Das Strafverfahren

Im Jahr 2017 wurde unserem Mandanten durch die Staatsanwaltschaft vorgeworfen, mehrere Vergehen der Fälschung eines Beweismittels nach § 293 Abs. 2 Strafgesetzbuch (StGB) begangen zu haben, da er als Mitfahrer seine Fahrerkarte nicht in das Kontrollgerät gesteckt hatte. Schlussendlich konnte jedoch festgestellt werden, dass der Mitfahrer gar nicht dazu verpflichtet war, seine Fahrerkarte ins Kontrollgerät zu stecken, da seine Lenk- und Arbeitszeit bereits zu Ende war und das Mitfahren bei einem Arbeitskollegen nicht als Bereitschaftszeit zu werten war. Der Mitfahrer ist streng vom Beifahrer zu unterscheiden. Als (Bei-)Fahrer ist jede Person zu verstehen, die das Fahrzeug, sei es auch nur kurze Zeit, selbst lenkt oder sich in einem Fahrzeug befindet, um es – als Bestandteil seiner Arbeitspflichten – gegebenenfalls lenken zu können. Im Strafverfahren konnte somit ein Freispruch, unter anderem aufgrund des Fehlens gerichtlicher Strafbarkeit, erzielt werden.

Das Verwaltungsstrafverfahren

Mit dem Strafverfahren vor einem ordentlichen Gericht war die Sache jedoch noch nicht erledigt. So wurde gegen unseren Mandanten, kurze Zeit nach dem Freispruch, ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet. Die zuständige Behörde sprach, offenbar aufgrund des Freispruches im gerichtlichen Strafverfahren, für die vorgeworfene Übertretung zwar „nur“ eine Ermahnung aus, aber auch eine Ermahnung ist „keine Einstellung eines Verfahrens“ und kann sich somit auf die Gesamtbeurteilung der Zuverlässigkeit auswirken. Gegen diese Entscheidung erhoben wir Beschwerde beim Landesverwaltungsgericht. Dieses gab der Beschwerde statt und hob auch die Ermahnung auf.

Zusammenfassung

Obwohl von Anfang an klar war, dass das bloße Mitfahren bei einem Arbeitskollegen, ohne dabei die Fahrerkarte zu stecken, weder ein Vergehen nach dem StGB noch eine verwaltungsstrafrechtliche Übertretung darstellt, musste unser Mandant mehrere zeit- und kostspielige Verfahren erdulden, um zu seinem Recht zu gelangen. Die Verfahrensdauer betrug rund 3 Jahre. Schlussendlich ist von den zahlreichen Vorwürfen nichts übrig geblieben. Dieser Fall zeigt, dass hier „mit Kanonen auf Spatzen“ geschossen wurde. Offensichtlich genügt es den Behörden nicht, mit Verwaltungsstrafverfahren Unregelmäßigkeiten zu ahnden. Es ist zwischenzeitig kein Einzelfall mehr, dass sich die Staatsanwaltschaft mit Verkehrsdelikten beschäftigt. Der 2019 neu eingeführte § 33a VStG, der den Grundsatz „Beraten statt Strafen“ verankern sollte, zeigt bisher keine Wirkung. Im Gegenteil, die Behörden gehen gegen Transporteure bzw. LKW-Fahrer noch härter vor.