Transporteur 05/22 – A. Miskovez – Mobilitätspaket: österreichischer Gesetzgeber verspätet

Ausgangslage

Die Grundlage für die erste Entscheidung dieser Art war ein Transport den unser slowakischer Mandant von der Slowakei nach Oberösterreich durchführte. Das österreichische Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz regelt die grenzüberschreitende Entsendung von Arbeitnehmern. Wenn ein ausländischer Arbeitnehmer (bei einer ausländischen Firma angemeldet) in Österreich Arbeitsleistungen erbringt, so gilt dieser als entsandt. Dies bedeutet in weiterer Folge für Transportunternehmen, dass auf dem österreichischen Teil der Strecke, der österreichische Mindestlohn nicht unterschritten werden darf.

Im gegenständlichen Fall wurden gegen unseren Mandanten gleich mehrere Strafen ausgesprochen, da die verpflichtende Entsendemeldung (ZKO3T) nicht erstattet und ein Arbeitsvertrag in deutscher oder englischer Sprache sowie Lohnunterlagen nicht mitgeführt wurden. Darüber hinaus ergingen weitere Strafen, da diese Unterlagen auch nicht binnen der aufgetragenen Frist von 2 Tagen nachgereicht wurden. Insgesamt beliefen sich die Strafen auf EUR 4.000,-.

Massive Änderungen durch das EU-Mobilitätspaket

Die neue EU-Entsenderichtlinie 2020/1057 sieht vor, dass keine Entsendung vorliegt, wenn es sich um eine bilaterale Beförderung handelt. Eine solche bilaterale Beförderung liegt dann vor, wenn Güter von dem eigenen Niederlassungsstaat in ein anderes Land oder von einem anderen Land in den Niederlassungsstaat transportiert werden. In anderen Worten: geht der Transport aus meinem Land hinaus oder in mein Land zurück, dann bin ich befreit. Das bedeutet wiederum, dass keine Entsendemeldung gemacht werden muss und der Fahrer nicht dazu verpflichtet ist, entsprechende Unterlagen mitzuführen.

Diese EU-Entsenderichtlinie wurde 2020 erlassen und sah für die Mitgliedstaaten eine Frist bis zum 2. Februar 2022 vor, um die neuen Regelungen (etwa bilaterale Beförderung) in das nationale Recht umzusetzen. Da die Entsendung von Österreich im LSD-BG geregelt wird, hätte Österreich die neuen Vorgaben der EU bis zum 2. Februar 2022 im LSD-BG umsetzen müssen. Dies ist nicht passiert.

Der neue Entwurf liegt zwar schon vor, befindet sich jedoch im parlamentarischen Verfahren und ist daher nach wie vor nicht wirksam umgesetzt.

Die Entscheidung, Fazit

Aufgrund des Günstigkeitsprinzips muss ein Gericht Gesetzesneuerungen, die sich bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergeben berücksichtigen, wenn diese für den Beschuldigten günstiger sind.

Zum Zeitpunkt der Unterwegs-Kontrolle war die neue Ausnahme der bilateralen Beförderung noch nicht in Kraft. Da die gerichtliche Verhandlung jedoch nach dem 2. Februar 2022 stattfand und Österreich mit der Umsetzung ins LSD-BG säumig ist, wurden die Bestimmungen der EU-Entsenderichtlinie vom erkennenden Gericht unmittelbar angewandt und alle Straferkenntnisse gegen unseren Mandanten behoben.

Obwohl die Entsendebestimmungen noch nicht wirksam im LSD-BG umgesetzt wurden und dieses daher nach wie vor keine bilaterale Beförderung kennt, kann man sich dennoch aufgrund der nun unmittelbaren Anwendbarkeit der EU-Richtlinie auf diese Ausnahme berufen.

Transporteur 05/22 – A. Miskovez – Mobilitätspaket: österreichischer Gesetzgeber verspätet