Transporteur 07/22 – A. Miskovez – Standgeld bestätigen, sonst fahre ich nicht weiter!

Vertragspartner muss Eigentümer sein

Bevor auf die Unterschiede zwischen dem gesetzlichen Pfandrecht und jenem nach AÖSp eingegangen wird, ist festzuhalten, dass in allen Fällen eine Zurückbehaltung nur dann zulässig ist, wenn der Auftraggeber auch Eigentümer der Frachtgüter ist oder der Frachtführer im guten Glauben davon ausgehen darf, dass die Güter dem Auftraggeber gehören. Ein Pfandrecht scheidet daher bereits in all jenen Fällen aus, in denen der Frachtführer einen Transport im Auftrag eines Spediteurs durchführt, der selbst nicht Eigentümer der Güter ist, sondern den Transportauftrag ebenfalls weitergegeben hat. Dies ist in der Praxis auch meistens der Fall.

Behält der Frachtführer in solch einem Fall dennoch die Güter in rechtswidriger Weise zurück, so handelt dieser mit grobem Verschulden und haftet in weiterer Folge für sämtliche resultierenden Schäden unbegrenzt.

Gesetzliches Pfandrecht

Das im UGB geregelte Pfandrecht (§ 422 – Lagerhalter, § 440 – Frachtführer) bezieht sich nur auf bestimmte Forderungen und müssen diese konnex sein. Konnexität bedeutet, dass das Pfandrecht nur im Hinblick auf die Forderungen aus dem Frachtvertrag (gegenständlichem Transport) und ausschließlich an dem übergebenen Gut besteht. Dies ist beispielsweise der Fall bei einer Standgeldforderung die im Zuge des gegenständlichen Transports entstanden ist. Ein Beispiel für eine inkonnexe Forderung ist, wenn der Auftraggeber dem Frachtführer aus einem früheren Transport noch Standgeld oder Frachtkosten schuldet und der Frachtführer bei einem späteren Transport die Ware zurückbehalten möchte, um die Bezahlung der alten Forderungen zu erwirken.

Als Lagerhalter ist die Konnexität beispielweise dann gegeben, wenn ich ein Gut zurückbehalte für das noch ein Lagergeld ausständig ist. Inkonnex ist die Forderung, wenn ich ein Gut zurückbehalte, weil Lagergeld für ein anderes bereits herausgegebenes Gut, noch nicht bezahlt wurde.

Ist die Forderung somit konnex, kann das gesetzliche Pfandrecht ausgeübt werden. An dieser Stelle ist jedoch nochmals darauf hinzuweisen, dass der Auftraggeber auch der Wareneigentümer sein muss. Andernfalls bringt auch die Konnexität der Forderung nichts.

Pfandrecht nach AÖSp

Zusätzlich zum gesetzlichen Pfandrecht sieht § 50 AÖSp ein vertragliches Pfandrecht vor. Werden die AÖSp daher zwischen den Parteien vereinbart, so kann man sich auch auf das vertragliche Pfandrecht berufen. Der wesentliche Unterschied zum gesetzlichen Pfandrecht ist, dass die AÖSp auch inkonnexe Forderungen sichern. Im Rahmen der AÖSp kann das Pfandrecht daher auch aufgrund von Frachtlohnansprüchen aus anderen Aufträgen ausgeübt werden. Die einzige Einschränkung hierbei ist, dass die Ausübung des Pfandrechts bei inkonnexen Forderungen nur dann zulässig ist, wenn die Forderung entweder nicht strittig ist oder die Einbringlichkeit der Forderung durch die Vermögenslage des Schuldners gefährdet ist.

Fazit:

Die Zurückbehaltung von Gütern ist zwar möglich, jedoch nur unter sehr engen Voraussetzungen. Wird das Pfandrecht falsch bzw. unberechtigt ausgeübt, können schnell astronomische Schadensersatzansprüche entstehen. Aus diesem Grund sollte vor Ausübung eines Pfandrechts stets ein ausgewiesener Experte konsultiert werden. Gelangt man umgekehrt als Auftraggeber in die Situation, dass man vom eigenen Frachtführer erpresst wird, so empfehlen wir stets ein Standgeld nur unter Vorbehalt einer späteren Rückforderung zu bestätigen.

Transporteur 07/22 – A. Miskovez – Standgeld bestätigen, sonst fahre ich nicht weiter!