Transporteur 10/21 – A. Miskovez – Originalpapiere her, sonst gibt‘s kein Geld

Wann ist der Frachtlohn fällig?

Da es sich bei einem Transportvertrag um einen Werkvertrag handelt, besteht der geschuldete Erfolg des Frachtführers in der Verbringung von Gütern von einem bestimmten Platz zu einem anderen. Dieser Beförderungsvorgang stellt die Hauptleistungspflicht des Frachtführers dar. Somit hat der Frachtführer Anspruch auf den Frachtlohn, sobald dieser seiner Hauptleistungspflicht vollumfänglich nachgekommen ist und das Gut schadensfrei, vollständig und fristgerecht abgeliefert hat.

Die Vereinbarung zwischen Absender und Frachtführer, dass dieser Ablieferbelege im Original zu übermitteln hat, kann eine Nebenleistungspflicht des Frachtführers aus dem Transportvertrag begründen. Übersendet der Frachtführer die originalen Ablieferbelege nicht an den Absender, so stellt dies zwar die Verletzung der Nebenpflicht dar, rechtfertigt jedoch nicht die Zurückbehaltung des Frachtlohn bzw. eine Entgeltminderung.

Der Frachtlohn darf vom Absender daher unter Umständen dann zurückbehalten werden, wenn das Gut beim Empfänger beschädigt, verspätet oder unvollständig abgeliefert wurde. Kommt der Frachtführer jedoch seiner Hauptleistungspflicht nach, so ist der Frachtlohn fällig und darf nicht bis zur Übermittlung von originalen Transportdokumente zurückbehalten werden.

Anders in Deutschland

Im Gegensatz zu Österreich, ist es in Deutschland zulässig, die Fälligkeit von Frachtforderungen von der Übermittlung von Transportdokumenten im Original abhängig zu machen. In einem aktuellen Urteil vom 6. August 2021 (1 HKO 831/20) kam das Landesgericht Traunstein zu dem Schluss, dass eine Klausel in den AGB, welche ein Zahlungsziel von 45 Werktagen nach Rechnungseingang, bei vollständiger Übermittlung aller Transportdokumente im Original vorsieht, zulässig ist. Nach der deutschen Rechtslage stelle eine solche Vereinbarung eine von § 420 HGB abweichende zulässige Fälligkeitsregelung dar und ist die Klausel nach § 307 BGB auch nicht als unangemessen anzusehen.

Fazit

Die weitverbreitete und gelebte Praxis, wonach die Fälligkeit des Frachtlohns von der Übersendung von originalen Ablieferbelegen abhängig gemacht wird, ist derzeit nach der österreichischen Rechtslage rechtswidrig. Der Anspruch auf Bezahlung des Frachtlohns entsteht, sobald der Frachtführer vollständig, fristgerecht und schadensfrei abgeliefert hat. Verabsäumt es der Frachtführer, entgegen einer ausdrücklichen Vereinbarung, die originalen Ablieferbelege zu übermitteln, so entsteht hieraus allenfalls ein Schadensersatzanspruch des Absenders. Hierbei müsste der Absender jedoch beweisen, dass diesem tatsächlich ein Schaden, wie etwa ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand entstanden ist. In Deutschland hingegen ist eine solche Zurückbehaltung des Frachtlohns bereits zulässig und bleibt abzuwarten, ob die deutsche Rechtsmeinung zukünftig auch auf Österreich „überschwappt“.

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