Stragü 01/2019, Dr. Schärmer – Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten

Anlassfall

Die handelsrechtlichen Geschäftsführer eines von uns vertretenen Transportunternehmens erhielten Straferkenntnisse. Mit diesen Straferkenntnissen wurden den Geschäftsführern zur Last gelegt, sie hätten es zu verantworten, dass die Gesellschaft als Arbeitgeberin der LKW-Lenker gegen bestimmte Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes (AZG) bzw. Arbeitsruhegesetzes (ARG) in Verbindung mit den dort näherbezeichneten Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr, verstoßen hätte. Schlussendlich wurden hohe Geldstrafen über die Geschäftsführer verhängt. Hervorzuheben ist allerdings, dass die handelsrechtlichen Geschäftsführer ihre verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung gemäß § 9 VStG mit Bestellungsurkunde übertragen haben, sodass diese gar nicht zu bestrafen gewesen wären. Die Verwaltungsstrafbehörden bzw. das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat allerdings die Auffassung vertreten, dass die verwendete Bestellungsurkunde zu keiner rechtswirksamen Überbindung der Verantwortlichkeit auf Herrn F. H. führte. Diese Rechtsansicht war allerdings falsch.

Rechtsansicht des Höchstgerichts

Gegen die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich haben wir die Rechtsmittel der Revisionen für beide Geschäftsführer erhoben. Der Verwaltungsgerichtshof hat klargestellt, dass die Revisionen zulässig sind, weil das Verwaltungsgericht bei der Beurteilung, ob Herr F. H. gegenständlich zum verantwortlich Beauftragten gemäß § 9 VStG rechtswirksam bestellt wurde, von der Rechtsprechung des Höchstgerichtes abgewichen ist.

Interessantes Detail am Rande ist, dass es sich bei der von unseren Mandanten verwendeten Bestellungsurkunde um ein vorgefertigte Formular des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz handelte. Dennoch hat das Verwaltungsgericht Niederösterreich als Berufungsinstanz in seiner rechtlichen Beurteilung den Standpunkt vertreten, die Bestellungsurkunde habe zu keiner rechtswirksamen Bestellung des F.H zum verantwortlichen Beauftragten geführt, weil nach der Rechtsprechung kein Zweifel über den Inhalt der Bestellung bestehen dürfe. Das Landesverwaltungsgericht bemängelte, dass hier keine klare Übertragung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit für die Einhaltung der Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes, des Arbeitsruhegesetzes bzw. der einschlägigen EU-rechtlichen Normierungen vorgenommen worden sei. Nach Ansicht des VwGH ist der räumliche oder sachliche Bereich des Unternehmens, für den ein verantwortlicher Beauftragter mit dessen Zustimmung bestellt wird, klar abzugrenzen. Nur wenn diese klare Abgrenzung nicht vorliegt, liegt eine wirksame Bestellung nicht vor. Die Bestellung darf nicht dazu führen, dass die Verwaltungsstrafbehörden Ermittlungen über den jeweiligen Betrieb und seine Gliederung in räumlicher und sachlicher Hinsicht anstellen müssen. Es soll jedenfalls vermieden werden, dass Zweifel am Umfang des Verantwortungsbereiches entstehen, damit bestimmte Verwaltungsübertretungen allenfalls nicht ungesühnt bleiben.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat daher nach Ansicht des Höchstgerichtes die Rechtslage falsch beurteilt. Eine, wie vom Landesverwaltungsgericht angenommene zweifelhafte Übertragung des Umfangs des Verantwortungsbereiches war nicht gegeben, da die vorliegende Bestellungsurkunde sowohl in ihrer Überschrift als auch nach ihrem Inhalt ausdrücklich auf die Verantwortungsübertragung hinwies.

Die gesamte Entscheidung finden Sie im Rechtsinformationssystem-RIS unter der Geschäftszahl RA 2018/11/0184.

Zusammenfassung/Praxistipps:

  • Die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten ist für den Erhalt der Zuverlässigkeit des Transportunternehmens sehr wichtig.
  • Mehrere einschlägige Bestrafungen des handelsrechtlichen Geschäftsführers können zum Entzug der Güterbeförderungskonzession führen.
  • Die Bestellung eines verantwortlich Beauftragten führt dazu, dass der handelsrechtlichen Geschäftsführer nicht mehr Adressat der Verwaltungsstrafen ist.
  • Dafür ist aber eine wirksame Bestellung eines Verantwortlichen Beauftragten erforderlich.
  • Von den Behörden wird immer öfters die Bestellungsurkunde genau überprüft.
  • Lassen Sie sich von Ihrem Anwalt unbedingt die Bestellungsurkunden überprüfen.
  • Ungenaue Bestellungsurkunden oder nicht klar abgrenzbare räumliche oder sachliche Bereiche des Unternehmens führen dazu, dass die Bestellung unwirksam ist.

Stragü 01/19 – PDF