Transporteur 07/23 – Dr. Schärmer – LADUNGSSICHERUNG – Verladung durch Dritte

In einer aktuellen Entscheidung (7 Ob 168/22m) befasste sich der Oberste Gerichtshof („OGH“) erneut mit der oft aufgeworfenen Frage der Verantwortlichkeit für die Ladungssicherung. Konkret ging es darum, ob der Absender von der Haftung befreit ist, wenn dem Frachtführer Fahrzeugschäden aufgrund mangelhafter Ladungssicherung entstehen, weil die Verladung durch ein Drittunternehmen durchgeführt wurde.

Ausgangslage

Der Kunde beauftragte das Transportunternehmen A mit der Organisation und dem Transport von Teilen eines Spanplattenwerks von Österreich in die Türkei. Dieser Transportunternehmer gab den Transportauftrag an den Subfrachtführer B weiter, der seinen Sattelauflieger wiederum einem weiteren Frachtführer überließ, der den Transport durchführte. Die Besonderheit in diesem Fall ist, dass zur Verladung der Ware auf den Sattelauflieger ein Drittunternehmen beauftragt wurde. Dieses erteilte die maßgeblichen Anweisungen im Zuge der Verladung und führte die Ladungssicherung gemeinsam mit Mitarbeitern des Kunden durch. Der Subfrachtführer B übermittelte dem Auftraggeber nach Erteilung des Transportauftrags eine Auftragsbestätigung, in der festgelegt wurde, dass das Gut in geeigneter Weise verladen, verstaut und gesichert sein muss. Weiters wurde eine Haftung für die Beladung ausgeschlossen und darauf hingewiesen, dass der Fahrer, auch wenn er bei der Verladung mithilft, als Erfüllungsgehilfe des Auftraggebers anzusehen ist.

Ware kippte um

Beim Transport kippte die Ware um und beschädigte den Auflieger, weshalb der Subfrachtführer B Schadenersatz für die Schäden am Auflieger von seinem Auftraggeber A forderte. Der Auftraggeber lehnte eine Haftung ab, da er nicht zur Verladung verpflichtet gewesen sei und hierfür zudem ein Drittunternehmen eingesetzt wurde.

Wer haftet?

Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ist die Sicherung der Ladung mangels anderer Vereinbarung als Bestandteil des Verladevorgangs anzusehen. Die Ladungssicherung obliegt somit demjenigen, der die Verladung durchführt. Weder im nationalen Unternehmensgesetzbuch (UGB) noch in der CMR ist geregelt, wer zur Verladung verpflichtet ist. Aus diesem Grund können die Parteien vertraglich vereinbaren, wer die Verladung durchzuführen hat und für daraus resultierende Schäden haften soll. Existiert jedoch keine solche Vereinbarung, so wird angenommen, dass die Verladung im Zweifel Sache des Absenders ist. Dies ergibt sich daraus, dass der Frachtführer grundsätzlich lediglich die Beförderung der Ware von einem Ort an einen anderen schuldet. Bei einem Frachtvertrag übernimmt der Frachtführer – mangels anderweitiger Vereinbarung – somit lediglich den Transport der Ware und nicht zusätzlich auch die Verladung.

AGB in Auftragsbestätigungen

Wird zwischen den Parteien keine gesonderte Vereinbarung über die Pflicht zur Verladung getroffen, wird vermutet, dass der Absender zur Verladung verpflichtet ist. Die meisten Transportaufträge enthalten jedoch AGB, in denen geregelt ist, dass der Frachtführer zur Verladung und Ladungssicherung verpflichtet ist. Aus diesem Grund wird seitens des Frachtführers nach Erhalt eines Transportauftrags regelmäßig eine Auftragsbestätigung geschickt, in der das Gegenteil geregelt ist, nämlich dass der Frachtführer nicht für die Verladung und Ladungssicherung verantwortlich ist. Die neuere Rechtsprechung sieht vor, dass eine nachträgliche Auftragsbestätigung samt AGB auch dann den ursprünglichen Vertrag nicht ändert, wenn dieser vom Auftraggeber nicht widersprochen wird. Das bedeutet, dass ein Auftraggeber, der einen Transportauftrag erteilt hat und daraufhin eine Auftragsbestätigung mit anderslautenden AGB erhält, dieser nicht ausdrücklich widersprechen muss, um deren Gültigkeit abzuwenden. Nur in ganz besonderen Ausnahmefällen kann durch Stillschweigen eine Vertragsmodifikation eintreten, wie etwa wenn es sich um geringfügige oder bewusst offengelassene Punkte handelt.

„Nachschießen“ der AGB

Da die nachträgliche Übermittlung einer Auftragsbestätigung meist zu Problemen führen kann, müssen die Frachtführer-AGB richtig verwendet werden. Dies geschieht in der Regel in Form eines Offerts. Bietet der Frachtführer einen Transport von Anfang an unter Zugrundelegung seiner Offertbedingungen an, so kann nicht mehr die Rede von einem „Nachschießen“ der AGB sein. Mit einem entsprechenden Offert legt der Frachtführer nämlich bereits vor Abschluss des Transportvertrages und vor Übermittlung des Transportauftrages offen, den Auftrag nur zu seinen Bedingungen abschließen zu wollen. Auch ein entsprechender Verweis auf die AGB in der Email-Signatur ist diesbezüglich hilfreich.

Fazit

Obwohl die Auftragsbestätigung des Frachtführers B nicht zur wirksamen Vereinbarung seiner AGB führte, haftete der Auftraggeber trotzdem. Der OGH gelangte nämlich zu dem Schluss, dass
im gegenständlichen Fall nicht vertraglich vereinbart wurde, wer die Beladung und Ladungssicherung vorzunehmen hat. Aus diesem Grund gelangt die „Zweifelsregelung“ zur Anwendung und galt somit, dass die Verladung Sache des Absenders ist. Der Transportunternehmer A konnte sich auch nicht dadurch von der Haftung befreien, dass er auf ein Verschulden des Drittunternehmens, das die Verladung durchgeführt hat, verwies. In diesem Fall war nämlich auch der Verlader dem Transportunternehmer A zuzurechnen

PRAXISTIPPS

  • Ladungssicherung ist als Bestandteil der Verladung anzusehen
  • wer die Ware verlädt, ist daher grundsätzlich auch zur Ladungssicherung verpflichtet (es sei denn, es ist vertraglich anders geregelt)
  • CMR und UGB regeln nicht, wer zur Verladung verpflichtet ist
  • im Zweifel ist die Verladung Sache des Absenders
  • wird die Verladung von einem anderen Unternehmen durchgeführt, so ist dieses dem Absender zuzurechnen
  • der Absender haftet dem Frachtführer in einem solchen Fall auch für Schäden am Fahrzeug, die aus der mangelhaften Verladung resultieren

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