Stragü 03/2016, Dr. Schärmer – Überlange Zahlungsziele unwirksam?

Ein deutsches Amtsgericht hat kürzlich eine Zahlungsziel-Klausel in Transport-AGB unter die Lupe genommen und schlussendlich für unwirksam erklärt.

Obwohl derartige Zahlungsziele zwischenzeitig gängige Praxis sind, ist nicht auszuschließen, dass auch in Österreich ein Gericht derartige Zahlungsziele für unwirksam halten könnte. In einem Rechtsstreit zwischen zwei Transportunternehmern vor dem Amtsgericht Mannheim wurde eine Frachtrechnung eingeklagt. Vor dieser Klage wurde die Schuldnerin mit Fristsetzung zur Zahlung aufgefordert.

UNANGEMESSENE BENACHTEILIGUNG

Der Transportauftrag enthielt in den Geschäftsbedingungen folgende Klausel: „Forderungen des Auftragnehmers sind am letzten Tag des zweiten Folgemonats nach Rechnungseingang fällig“. Die Gegenseite wendete im Wesentlichen die noch nicht vorliegende Fälligkeit der Forderung aufgrund des vereinbarten Zahlungsziels ein.
Das angerufene Gericht hielt die Klage für zulässig und ging davon aus, dass sich der Auftraggeber im Verzug befand. Gemäß den Bestimmungen des deutschen HGB sei die Fracht bei Ablieferung des Gutes zu zahlen. Der Frachtführer muss das Transportgut nur Zug um Zug gegen Zahlung der Fracht abliefern. Die Parteien können zwar Vereinbarungen zur Fälligkeit der Fracht unter Abweichung dieser gesetzlichen Bestimmung frei treffen und sind solche Vereinbarungen auch in Form von Allgemeinen Geschäftsbeziehungen zulässig. Das Amtsgericht hat zwar festgestellt, dass es sich bei der konkreten Zahlungsziel-Klausel nicht um eine überraschende Klausel handelte, mit der man grundsätzlich in dieser Branche nicht rechnen müsste. Die vertragliche Fälligkeitsregelung hält aber einer inhaltlichen Kontrolle nicht stand. Nach Auffassung des Gerichts würde eine Zahlungsfrist von bis zu 90 Tagen ab Rechnungseingang insbesondere kleinere und mittelständische Frachtführer unangemessen benachteiligen. Durch derartige Vereinbarungen würden diese vorleistungspflichtig werden und würden durch die tatsächliche Durchführung des Transports ganz erhebliche Aufwendungen tätigen. Der Auftraggeber hingegen hatte in diesem Fall nur eine vermittelnde Tätigkeit. Bei einer Gegenüberstellung der widerstreitenden Interessen der Parteien muss diese zugunsten des kleineren bzw. mittelständischen Frachtführers ausfallen. Die Unwirksamkeit der vertraglichen Regelung führte dazu, dass die gesetzliche Fälligkeitsregelung an die Stelle der unwirksamen Klausel trat (siehe AG Mannheim, Urteil vom 22.7.2015 – 10 C 169/15; Zeitschrift Transportrecht 1 – 2016,27).

ÖSTERREICHISCHE RECHTSLAGE

Auch in Österreich gilt Folgendes: Die Beförderung ist die Hauptleistungspflicht des Frachtführers. Hat der Frachtführer die Hauptleistung der Beförderung erbracht und das Gut an den Empfänger ordnungsgemäß abgeliefert, hat er Anspruch auf die vereinbarte Fracht (= Frachtlohn, Werklohn). Selbstverständlich ist es auch in Österreich zulässig, Vereinbarungen von Zahlungszielen frei zu treffen. Aber auch die österreichischen Gerichte haben zu überprüfen, ob Vereinbarungen einen Vertragspartner unangemessen benachteiligen. Unangemessene Benachteiligungen in Geschäftsbedingungen können nach § 879 ABGB zur Unwirksamkeit führen. In den Bestimmungen der AÖSp wird beispielsweise zugunsten des Spediteurs festgelegt, dass mit Ablieferung das Speditionsentgelt fällig wird. Zahlungsziele von bis zu 90 Tagen sind aber auch in österreichischen Auftragsbedingungen keine Seltenheit mehr. Aus meiner Sicht ist es auch in Österreich nur eine Frage der Zeit, bis derartige Klauseln gerichtlich angefochten werden. Die dargelegte deutsche Rechtsprechung könnte für künftige vergleichbare Verfahren richtungsweisend sein.

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Stragü 03/2016 – PDF