Transporteur 09/23 – Dr. Schärmer & Mag. Miskovez – Formelle Mängel – Strafen: Konkret oder gar nicht!

Da oft Konzessionen aufgrund der Unzuverlässigkeit des Unternehmers wegen bereits wenigen Strafen entzogen werden können, müssen Strafen der Behörden genauer unter die Lupe
genommen werden. Anhand einiger aktueller Beispiele zeigen wir nachfolgend Möglichkeiten auf.

Konkretisierungspflicht

Der Spruch eines Straferkenntnisses muss die als erwiesen angenommene Tat enthalten (§ 44a VStG). Nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung ist es dabei notwendig, dass die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau umschrieben wird, dass eine exakte Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden sei, ermöglicht wird. Die Tat ist somit auch hinsichtlich des Tatorts und der Tatzeit so genau zu umschreiben, dass Verwechslungen ausgeschlossen sind und keine Gefahr der Doppelbestrafungen besteht.

Zusammengefasst muss die Tat somit so eindeutig umschrieben werden, dass kein Zweifel darüber besteht, wofür der Täter überhaupt bestraft wird. Die bloße paragrafenmäßige Zitierung des Gesetzestextes ist für die Behörde somit nicht ausreichend. Die Behörde muss zusätzlich konkret anführen, durch welche Handlungen der Beschuldigte der Strafnorm zuwidergehandelt hat. Darüber hinaus müssen auch alle tatbestandsrelevanten Merkmale festgestellt werden.

Spiegel, Leuchten, Reifen

Ein häufiger Fehler ist die unrichtige bzw. unkonkrete Tatanlastung in Bezug auf Mängel gewisser Bauteile. Werden beispielsweise Leuchten bemängelt oder vorgeworfen, dass zusätzliche nicht originale Leuchten/LEDs verbaut wurden, so muss sich aus dem Spruch konkret ableiten lassen, welche konkreten Beleuchtungskörper gemeint sind.

In einem aktuellen Fall vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat unser Mandant mehrere zusätzliche Leuchten, wie beleuchtete Marken-Schilder und Schriftzüge auf dem Fahrzeug angebracht. Der Vorwurf der Behörde lautete lediglich, dass „nicht Originale Leuchten verbaut“ wurden und zusätzlich wurde „Scania Zeichen und LED“ angeführt. Das Gericht stellte diesen Vorwurf ein, da sich an der Fahrzeugfront rund 40 verschiedene Beleuchtungskörper befanden und die Behörde nicht einmal ansatzweise präzisierte, welche Beleuchtungskörper bemängelt werden. Auch der Vorwurf, dass ein Reifen mangelhaft war, reicht oft nicht aus, um dem Konkretisierungsgebot gerecht zu werden. Viele Fahrzeuge sind mit einer Doppelbereifung ausgestattet und ist deshalb zusätzlich die Präzisierung notwendig,

  • an welchem Fahrzeug der Reifen angebracht war (Zugmaschine oder Anhänger)
  • auf welcher Achse sich der Reifen befindet
  • ob der Reifen links oder rechts auf dieser Achse ist
  • und bei Doppelbereifung, ob es sich um den inneren oder äußeren Zwillingsreifen handelt.

Ein aktuelles Urteil des Landesverwaltungsgerichts Tirol zeigt, dass es auch bei Spiegeln zur Verwechslung kommt. In diesem Fall wurde von der Behörde bemängelt, dass der Rampenspiegel defekt war und somit nicht seine vorgesehene Wirkung aufwies. Tatsächlich wurde die Angelegenheit jedoch falsch angezeigt, da der Frontspiegel defekt war und nicht der Rampenspiegel. Aus diesem Grund wurde der Vorwurf gänzlich beseitigt.

„Allgmein-Paragraph“

Oftmals werden Fahrzeugmängel oder sonstige Übertretungen gegen das KFG nach § 4 Abs. 2 bestraft. Hintergrund ist, dass es sich bei dieser Norm um eine sehr weit gefasste und allgemeine Regelung handelt, unter die viel subsumiert werden kann. Demzufolge hat der Lenker sich davon zu überzeugen, dass das von ihm verwendete Fahrzeug den Vorschriften des KFG entspricht, die Verkehrsbund Betriebssicherheit gegeben ist und durch das Fahrzeug weder Gefahren für den Lenker oder beförderte Personen oder für andere Straßenbenützer noch Beschädigungen der Straße oder schädliche Erschütterungen, noch übermäßig Lärm, Rauch, über Geruch, schädliche Luftverunreinigungen oder vermeidbare Verschmutzungen anderer Straßenbenützer oder ihrer Fahrzeuge entstehen.

Auf den ersten Blick wird schnell klar, dass unter diese Norm nahezu alles subsumiert werden kann. Genau aus diesem Grund ist es nicht bereits ausreichend, schlichtweg den Mangel anzuführen (Riss in der Ladebordwand, Defekt im Auspuff, Ölaustritt, etc.), sondern hat die Behörde auszuführen, inwiefern der Mangel einem der vielen Gebote des § 4 Abs. 2 widerspricht. Bei einem Ölaustritt müsste daher zusätzlich ausgeführt werden, dass hierdurch beispielsweise Gefahren für andere Straßenbenützer entstehen und darüber hinaus vermeidbare Verschmutzungen erzeugt werden. Das bloße Zitieren der Gesetzesvorschrift und nachfolgend das Anführen des Mangels reicht jedenfalls nicht aus. Wird beispielsweise ein Defekt am Auspuff bemängelt, so muss festgestellt werden, dass durch den Mangel beispielsweise übermäßig Rauch entsteht.

Funktion wichtig

Ein weiterer Konkretisierungsmangel der oft zur Aufhebung eines Straferkenntnisses führt, ist die mangelnde Konkretisierung der Funktion des Beschuldigten. Erhält der Zulassungsbesitzer nämlich eine Strafe, so wird dieser oft nur als „Verantwortlicher“ belangt. Wird ein Beschuldigter jedoch nicht als unmittelbarer Täter (Fahrer), sondern als verantwortliches Organ einer juristischen Person bestraft, muss bei der Umschreibung der Tat zum Ausdruck kommen, um welche Organfunktion es sich handelt. Dementsprechend muss im Straferkenntnis deutlich festgehalten werden, ob der Beschuldigte als handelsrechtlicher Geschäftsführer, gewerberechtlicher Geschäftsführer oder verantwortlicher Beauftragter nach § 9 Abs. 2 VStG belangt wird. Dies bestätigt auch ein aktuelles Urteil des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich.

Auch bei Übertretungen gegen die Straßenverkehrsordnung muss im Spruch unbedingt festgehalten werden, ob der Beschuldigte als Lenker oder in einer anderen Funktion belangt wird der Lebensmitteln. Bei Arzneimitteln muss nämlich nachgewiesen werden, dass die Kühlkette durchgehend eingehalten wurde, um die schadenfreie Ablieferung nachzuweisen. In solch einer Konstellation kann der Spediteur daher vor Bezahlung der Fracht die Übermittlung von Temperaturprotokollen verlangen. Grund hierfür ist, dass bis zur Übermittlung der Temperaturprotokolle nicht überprüfbar ist, ob die Kühlkette eingehalten wurde und somit kein Beweis dafür vorliegt, dass die Ware schadfrei angeliefert wurde.

Anhänger, Zugfahrzeug oder WAB

Ein weiterer Konkretisierungsmangel ist, dass sich aus dem Spruch nicht genau entnehmen lässt, welches Fahrzeug nun konkret von einem vorgeworfenen Mangel betroffen ist. In einem aktuellen Fall vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol ging es erneut um den Vorwurf von unzulässigerweise angebrachten Leuchten. In insgesamt 14 Spruchpunkten wurden diverse Leuchten an der Zugmaschine und am Anhänger bemängelt. Die Behörde hat bei den einzelnen Spruchpunkten jedoch nicht konkretisiert, ob sich der Vorwurf nun auf die Leuchten der Zugmaschine oder auf die Leuchten des Anhängers bezieht. Auch hier führte die Argumentation über einen Konkretisierungsmangel erneut zum Erfolg, da nicht konkret genug ausgeführt war, welches Fahrzeug nun konkret betroffen ist.

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Transporteur 08/23 – A. Miskovez – Schadensminderungskosten: Frachtführer haftet

Kommt es zu einer teilweisen Beschädigung des Gutes, ist der Frachtführer oft nicht nur mit Schadenersatzansprüchen aufgrund der Wertminderung der Ware konfrontiert, sondern werden zusätzlich auch die Kosten der Schadensminderung, wie beispielsweise der Umsortierung oder Umverpackung der Güter, verlangt. Gleichzeitig sieht die CMR jedoch vor, dass der Frachtführer bei gewöhnlichem Verschulden ausschließlich der Wertminderung der Ware zu ersetzen hat.

Schadensminderung

Wird bei einem Transport ein Teil des Gutes beschädigt, ist es in den meisten Fällen noch möglich, einen Teil der Ware durch entsprechende Schadensminderungsmaßnahmen zu retten. Dies war beispielsweise der Fall bei einem Transport von gefrorenen Früchten mit einer Temperaturvorgabe von -25 °C.

Das Aggregat wurde vom Frachtführer zwar richtig eingestellt, allerdings war durch die Beladung die ordnungsgemäße Luftzirkulation nicht gewährleistet. Aus diesem Grund erwärmte sich die Ware in bestimmten Teilen des Fahrzeugs, wodurch es zum Flüssigkeitsaustritt und Aufweichen der Verpackung kam. Als der Frachtführer beim Empfängerankam, wurde festgestellt, dass nicht die ganze Ware beschädigt war und somit ein Teil der Ware durch entsprechende Umschlichtung bzw. Umverpackung gerettet werden kann. Die Personal- und Materialkosten, die bei solchen Maßnahmen entstehen, bezeichnet man als Schadensminderungskosten.

In einem anderen Fall kam es aufgrund einer mangelhaften Ladungssicherung zu einem Verschub der Ware (Lebensmittel in Kartonverpackung für den Einzelhandel). Die Lebensmittel selbst wurden zwar nicht beschädigt, jedoch waren die Kartons und Ladeeinheiten derart deformiert, dass diese nicht in den Handel gebracht werden konnten. Auch hier waren eine Umverpackung und neuerliche Aufschlichtung auf die Palette notwendig.

Haftung des Frachtführers

Gemäß Art. 17 Abs. 1 CMR haftet der Frachtführer für sämtliche Schäden, die in dessen Obhutszeitraum eintreten. Kommt es daher, wie in den oben beschriebenen Fällen, zu einer teilweisen Beschädigung der Ware, hat der Frachtführer hierfür Ersatz zu leisten. Gemäß Art. 25 CMR hat der Frachtführer den Betrag der Wertminderung zu zahlen. Daraus ergibt sich, dass der Frachtführer grundsätzlich lediglich für die Wertminderung haftet (außer es liegt grobe Fahrlässigkeit des Frachtführers vor). Die Ersatzpflicht des Frachtführers ist im Übrigen mit 8,33 Sonderziehungsrechten pro Kilogramm des beschädigten Gutes beschränkt.

Aus der vorhin beschriebenen Vorschrift geht hervor, dass der Frachtführer lediglich für die Wertminderung der Ware, aber nicht für sonstige Vermögensschäden einzustehen hat. Deshalb ergibt sich in der Praxis regelmäßig die Frage, wie mit Schadensminderungskosten zu verfahren ist, weil diese grundsätzlich nicht die Wertminderung darstellen, sondern es sich hierbei um aus dem Schadensereignis resultierende Zusatzkosten handelt.

Ersatzfähig

Obwohl die CMR ausschließlich auf die Wertminderung abstellt, geht sowohl die Rechtsprechung als auch die herrschende Lehre von einer Ersatzpflicht des Frachtführers für Schadensminderungskosten aus. Der Auftraggeber ist nämlich zur Schadensminderung verpflichtet und wendet derartige Kosten nur auf, um den Schaden (den der Frachtführer schlussendlich ersetzen muss) so gering wie möglich zu halten. Denn würde der Auftraggeber die unbeschädigte Ware nicht aussortieren bzw. umverpacken, wäre die gesamte Ware als Totalschaden zu werten und der Schaden weitaus höher. Aus diesem Grund sind auch die Kosten für zweckdienliche Schadensminderungsmaßnahmen, die zu einer Minderung des Schadens führen, ersatzfähig. Selbstverständlich sind Schadensminderungskosten betraglich mit den Kosten eines fiktiven Totalschadens beschränkt, denn die Schadenminderung kann nicht teurer kommen, als die Ware zu einem Totalschaden zu erklären.

Fazit

Zusammengefasst muss der Frachtführer, sofern er für den Schaden haftet, auch die sogenannten Schadensminderungskosten ersetzen. Schlussendlich handelt der Auftraggeber bei der Schadensminderung im Interesse des Frachtführers, um den zu ersetzenden Schaden gering zu halten.

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