Transporteur 12/22 – Dr. Schärmer – Feuchte Ware: Wer haftet?

Es drehte sich u.a. um die Frage, ob bereits die Feuchtigkeit einer Ware einen Schaden im Sinne der CMR darstellt und ob ein solcher Schaden ein Verpackungsmangel ist, für den der Absender haftet oder die Feuchtigkeit aufgrund eines Fahrzeugmangels entsteht, für den der Frachtführer haftet. Das Oberlandesgericht Bamberg beurteilte die Frage, ob von einem Schaden im Sinne der CMR bereits dann ausgegangen werden kann, wenn lediglich ein Schadenverdacht vorliegt und keine festgestellte Substanzverschlechterung. Im konkreten Fall wurden Vliesstoffgebinde transportiert, die unbedingt nässefrei gehalten werden sollten.

Substanzverschlechterung
Ein Frachtgut gilt immer dann als beschädigt, wenn eine äußere oder innere Substanzverschlechterung die Wertminderung des Gutes zur Folge hat. Werden etwa Steinplatten angeliefert und sind diese in der Mitte gebrochen, so handelt es sich offenkundig um eine äußere Substanzverschlechterung und ist die Beschädigung leicht feststellbar. Etwas komplizierter wird es bei inneren Substanzverschlechterungen. Bei diesen sieht das Gut von außen zwar in Ordnung aus, könnte jedoch im Inneren an Qualität verloren haben. Dies ist oft bei temperaturgeführten Transporten, wie z.B. bei Medikamenten der Fall. Wurde etwa die Kühlkette nicht eingehalten, so ist das Gut zwar äußerlich nicht beschädigt, darf jedoch trotzdem nicht verwendet bzw. in den Verkehr gebracht werden, da es durch äußere Einflüsse während des Transports eine Qualitätsminderung bzw. Beschädigung erlitten hat.

Schwer feststellbar
Bei derartigen inneren Zustandsverschlechterungen ist ein Schaden oft schwer bzw. gar nicht feststellbar. Was ist nun zu tun, wenn man nicht sicher ist, ob die Ware noch gut ist? Bei einem sogenannten Schadensverdacht ist in erster Linie zu unterscheiden, ob es sich um besonders sensible Güter wie Arzneimittel oder um gewöhnliche Güter handelt. Bei Arzneimittel ist beispielsweise in der Arzneimittelbetriebsordnung geregelt, dass diese so zu transportieren sind, dass diese keinen schädlichen Einflüssen, wie etwa übermäßiger Kälte, Hitze, Licht, Feuchtigkeit, etc. ausgesetzt sind. Wird dies nicht eingehalten, dürfen die Arzneimittel in aller Regel nicht verwertet werden. Bei Arzneimitteln reicht daher bereits der Schadensverdacht, damit ein Schaden im Sinne der CMR vorliegt und die Annahme verweigert werden kann. Die Ware muss darüber hinaus sogar nachweislich vernichtet werden.

Vernichtung gerechtfertigt?
Bei gewöhnlichen Waren ist die sofortige Vernichtung aufgrund eines Schadensverdachts hingegen oft nicht gerechtfertigt. Werden Waren angeliefert, bei denen hinreichende Gründe dafür bestehen, dass es zu einer Qualitätsminderung gekommen sein könnte (etwa wegen Feuchtigkeit oder Temperaturunterschieden), sollte unbedingt unverzüglich ein Sachverständiger eingeschalten werden, welcher die versteckten Substanzverschlechterungen feststellt und den Verdacht bestätigt. Bis zur Klärung durch einen Sachverständigen kann die Annahme entweder verweigert werden, oder die Ware wird unter Eintragung entsprechender Vorbehalte im Frachtbrief vorläufig übernommen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die generelle Formulierung „unter Vorbehalt angenommen“, welche oft auch mit einem vorgefertigten Stempel angebracht wird, nicht ausreicht. Der Vorbehalt muss zumindest ansatzweise erkennen lassen, welcher Schaden reklamiert wird.

Der Einsatz eines Planenfahrzeugs ersetzt keine ordentliche Verpackung.

Fahrzeugmangel?
Kommt es tatsächlich zu Feuchtigkeitsschäden, stellt sich weiters die Frage, wer für diese Schäden nun haftet. Grundsätzlich haftet der Absender für Schäden aufgrund mangelhafter Verpackung. Möchte man die Ware daher vor Nässe schützen, muss diese entsprechend verpackt werden. Andererseits haftet der Frachtführer für die Ordnungsmäßigkeit und Mängelfreiheit des eingesetzten Fahrzeugs. Kommt es zum Feuchtigkeitseintritt aufgrund einer löchrigen oder beschädigten Plane, so stellt dieser Umstand einen Fahrzeugmangel dar. Der Einsatz eines Planenfahrzeugs ersetzt keine ordentliche Verpackung. Selbst ein unbeschädigtes Planenfahrzeug bietet keinen absoluten Schutz gegen das Eindringen von Staub und Feuchtigkeit. Die Ware muss daher grundsätzlich so verpackt werden, dass sie gegen äußere Einflüsse wie Feuchtigkeit geschützt ist, oder muss beispielsweise der Einsatz eines Kofferaufbaus beauftragt werden, da bei diesem grundsätzlich davon ausgegangen werden kann, dass keine Feuchtigkeit von außen eintritt.

Fazit
Im gegenständlichen vom Landesgericht Hof beurteilten Fall wurde jedoch festgestellt, dass die Plane des Aufliegers mehrere Löcher, Risse und außergewöhnliche Undichtheiten aufwies. Da somit das eingesetzte Fahrzeug mangelhaft war, haftet der Frachtführer gemäß Art. 17 Abs. 3 CMR für den entstandenen Schaden.

AUF EINEN BLICK

  • – Ein Schaden liegt grundsätzlich vor, wenn es zu inneren oder äußeren Substanzverschlechterungen gekommen ist.
  • – In besonderen Fällen genügt jedoch bereits ein Schadensverdacht und ist die Ware dann als beschädigt zu qualifizieren.
  • – Dies ist etwa bei Arzneimittel der Fall und sind diese nachweislich zu vernichten, wenn diese beispielsweise einer schädlichen Temperatur ausgesetzt wurden.
  • – Bei gewöhnlichen Waren ist bei einem Schadensverdacht unverzüglich ein Gutachten einzuholen. Die Annahme kann entweder verweigert oder mit entsprechendem Vorbehalt angenommen werden.
  • – Die Ware ist grundsätzlich so zu verpacken, dass sie durch Einflüsse wie Feuchtigkeit nicht beschädigt wird.
  • – Der Frachtführer kann sich jedoch dann nicht auf eine Haftungsbefreiung berufen, wenn ein mangelhaftes Fahrzeug eingesetzt wurde.
  • – Dies ist insbesondere der Fall, wenn Feuchtigkeit dadurch in den Laderaum eindringt, dass die Plane Löcher, Risse oder außergewöhnliche Undichtheiten aufweist.

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Transporteur 12/2022 – PDF

Transporteur 12/22 – A. Miskovez – Beförderer, der gar keiner ist

LOHNFUHRVERTRAG

Vergangenen Monat konnten wir erneut für einen unserer Mandanten ein positives Ergebnis vor dem Höchstgericht (Verwaltungsgerichtshof) erreichen. Unser Mandant wurde als Verantwortlicher der „T-GmbH“ (Name geändert) belangt und wurde diesem vorgeworfen, dass er als Beförderer nicht seinen gefahrgutrechtlichen Pflichten nachgekommen sei, da die Ladung nicht ordnungsgemäß gesichert gewesen sei. In der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht brachten wir vor, dass unseren Mandanten keine Verantwortung trifft, da das Unternehmen, in dem dieser tätig ist, nicht Beförderer im Sinne des GGBG ist, weil zwischen der T-GmbH und der S-GmbH ein Lohnfuhrvertrag abgeschlossen wurde.

Was ist ein Lohnfuhrvertrag?

Bei einem Lohnfuhrvertrag verpflichtet sich ein Unternehmer – hier die T-GmbH– lediglich zur Bereitstellung eines bemannten Fahrzeugs zur freien Disposition des Auftraggebers. Der Unternehmer schuldet dann nicht, wie bei einem Beförderungsvertrag, den Erfolg der Beförderung (Ablieferung des Gutes an der vereinbarten Adresse), sondern lediglich die Bereitstellung von Fahrzeug und Fahrer. Ein Lohnfuhrvertrag ist grundsätzlich formfrei und kann daher auch mündlich abgeschlossen werden. Zu Beweiszwecken wird jedoch empfohlen, diesen stets schriftlich abzuschließen.

S-GmbH ist Beförderer

Im gegenständlichen Fall war die S-GmbH als Beförderer anzusehen, da diese die gesamte Disposition übernimmt und dem Fahrer der T-GmbH Weisungen erteilt. Die T-GmbH stellte somit lediglich das Fahrzeug samt Fahrer zur Verfügung und hat keinen Einfluss darauf, wohin das Fahrzeug fahren soll und welche Transporte hiermit durchgeführt werden. Im konkreten Fall wurde zwischen der S-GmbH und der T-GmbH zwar kein schriftlicher Lohnfuhrvertrag abgeschlossen – es lag jedoch eine von beiden Unternehmen unterfertigte schriftliche Bestätigung über das Vorliegen eines Lohnfuhrvertrags vor. Zusätzlich wurde auch die Einvernahme des Geschäftsführers der S-GmbH und T-GmbH (dies ist im gegenständlichen Fall die gleiche Person) beantragt, um das tatsächliche Vorliegen des Lohnfuhrvertrags nachzuweisen. Das Landesverwaltungsgericht stellte fest, dass die Bestätigung über das Vorliegen eines Lohnfuhrvertrags unwirksam war, da diese zweimal mit dem Firmenstempel der S-GmbH gestempelt wurde. Deswegen kam das Gericht zu dem Schluss, dass der Geschäftsführer das Dokument zweimal für die S-GmbH unterzeichnete und somit eine Unterschrift der T-GmbH fehlt. Der Geschäftsführer wurde nicht zur Verhandlung geladen, um hierzu befragt zu werden.

Verfahrensmangel führt zum Sieg

Vor dem Verwaltungsgerichtshof machten wir das Vorliegen eines Verfahrensmangels geltend, weil der Geschäftsführer nicht einvernommen wurde. Das Landesverwaltungsgericht durfte nämlich nicht lediglich aufgrund der – aus seiner Sicht – unzureichenden Bestätigung davon ausgehen, dass kein Lohnfuhrvertrag vorliegt. Ganz im Gegenteil hätte der Geschäftsführer bei einer Einvernahme bestätigen können, dass ein solcher Vertrag tatsächlich vorliegt. Da der Lohnfuhrvertrag nämlich nicht, wie bereits zuvor erwähnt, schriftlich sein muss, reicht es auch aus, wenn der Geschäftsführer aussagt, dass ein solcher Vertrag mündlich geschlossen wurde. Aus diesem Grund gab der Verwaltungsgerichtshof uns Recht und hob die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes auf.

Fazit

Schließt ein Unternehmer, der über einen Fuhrpark samt Fahrern verfügt, einen Vertrag mit dem Auftraggeber, in dem sich dieser nur zur Bereitstellung eines bemannten Fahrzeugs anstatt der Durchführung einer Beförderung verpflichtet, liegt ein Lohnfuhrvertrag vor. Dieser Unternehmer ist dann nicht mehr als Beförderer in Sinne des GGBG anzusehen. Obwohl der Lohnfuhrvertrag keiner besonderen Form unterliegt, wird dennoch empfohlen, diesen schriftlich abzuschließen, um spätere Beweisprobleme zu vermeiden.

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Transporteur 12/22 – PDF

Erfolgreiche Forderungsbetreibung: kenne deinen Schuldner!

Sie haben einen rechtskräftigen Exekutionstitel, z.B. ein Urteil, und Ihr (nicht insolventer) Schuldner zahlt trotzdem nicht? Dann ist es Zeit für ein Exekutionsverfahren, das verschiedene Formen der gerichtlichen Forderungsbetreibung bietet.

Bei unselbständig Beschäftigten ist eine Gehaltsexekution das Mittel der Wahl, daneben können auch die Fahrnisse, d.h. bewegliches Vermögen, gepfändet werden.

Bei juristischen Personen (GmbH, etc.) bleibt häufig nur die Fahrnisexekution. Hier besteht regelmäßig das Problem, dass die Fahrnisse entweder nicht gepfändet werden dürfen oder sie nur einen geringen Erlös bringen. Mehr Wissen über die Verhältnisse des – oft schon zuvor als Geschäftspartner bekannten – Schuldners kann jedoch weitere Exekutionsformen ermöglichen und bessere Ergebnisse bringen.

Ist eine Bankverbindung des Schuldners bekannt, so kann die Pfändung auf dem Konto vorhandener Guthaben beantragt werden. Da das Konto mit der Pfändung gesperrt wird, hat sich diese Exekutionsform schon häufig als effektives Mittel zur Eintreibung von Forderungen erwiesen.

Auch Forderungen des Schuldners gegenüber dritten Personen können gepfändet werden, solange sie von den sogenannten Drittschuldnern noch nicht an den Schuldner bezahlt wurden. Die Auftraggeber eines Frachtführers können hinsichtlich der geschuldeten Frachtlöhne Drittschuldner sein, ebenso die Kunden eines Warenherstellers hinsichtlich der Kaufpreise für die Warenlieferungen.

Es zahlt sich im Hinblick auf eine in Zukunft notwendige Forderungsbetreibung daher aus, solche Informationen über Geschäftspartner festzuhalten, wenn sie Ihnen im Geschäftsverkehr zukommen. Selbstverständlich sind dabei datenschutzrechtliche Vorschriften jederzeit zu beachten!

In Einzelfällen können auch weitere Exekutionsarten wie die Pfändung von nicht voll einbezahlten Stammeinlagen der GmbH, Gewerbeberechtigungen, Zwangsversteigerung von Liegenschaften, u.a. zur Anwendung kommen.

Unsere Kanzlei steht Ihnen für die Prüfung der bestehenden Möglichkeiten und die Betreibung Ihrer Forderungen jederzeit gerne zur Verfügung!

 

 

 

Rückerstattung der Fracht bei Verlust und Beschädigung

Art 23 Abs 4 CMR legt fest, dass Fracht, Zölle und sonstige aus Anlass der Beförderung des Gutes entstandene Kosten im Falle des gänzlichen Verlustes in voller Höhe, im Falle des teilweisen Verlustes anteilig zurückzuerstatten sind.

Orientiert sich der Begriff „anteilig“ am Wert oder am Gewicht der Ware?

Beim Teilverlust der Ware bedeutet anteilig, dass bei gewichtsorientierten Frachten und Kosten der Ersatz im Verhältnis „Gesamtgewicht der Ware zum verloren gegangenen Teil der Ware zu erfolgen hat. Bei wertorientierten Zöllen und Kosten ist hingegen auf das Verhältnis der Werte abzustellen.

Bei einer Beschädigung der Ware ist die Wertminderung das ausschlaggebende Kriterium. Die Rückerstattung der Fracht erfolgt bei einer Beschädigung in dem gleichen Umfang, d.h., in der gleichen prozentualen Höhe, in der die Wertminderung festgestellt wird. Bei einer Wertminderung der beschädigten Ware von 40 % sind somit 40 % der Fracht zu erstatten.