Transporteur 01/23 – A. Miskovez – Neues Jahr – Neue Sünden

Breits seit 2014 werden österreichische Transportunternehmer im sogenannten Verkehrsunternehmensregister (VUR) bewertet. Es handelt sich hierbei um eine Art „Sündenregister“, in dem gewisse Strafen (Fahrzeugmängel, Übertretungen der Sozialvorschriften, Gefahrgutsverstöße etc.) eingetrgen werden. Je nach Schwere der Verstöße werden diese mit Punkten gewichtet und am Ende ein Risikowert errechnet. Dieser Wert bildet die Risikoeinstufung des Unternehmens und sagt aus, ob es sich um einen Betrieb mit geringem Risiko (grüne Einstufung), mittlerem Risiko (gelbe Einstufung) oder hohem Risiko (rote Einstufung) handelt. Je nach Einstufung kann die Gewerbebehörde beurteilen, ob die Voraussetzungen für die Konzession, insbesondere die Zuverlässigkeit, noch gegeben sind oder die Konzession zu entziehen ist.

Aufgrund des EU-Mobilitätspakets kommt es ab Mitte des Jahres zu Änderungen im Risikoeinstufungssystem. Die Wichtigsten haben wir auf einen Blick für Sie zusammengefasst:

Neue Formel

Um festzustellen, ob ein Betrieb mit geringem, mittlerem oder hohem Risiko einzustufen ist, hat der europäische Gesetzgeber eine entsprechende Berechnungsformel für die Risikoeinstufungen vorgesehen:
• 0–100 Punkte: Unternehmen mit geringem Risiko (grüne Einstufung)
• 101–200 Punkte: Unternehmen mit mittlerem Risiko (gelbe Einstufung)
• 201 Punkte oder mehr: Unternehmen mit hohem Risiko (rote Gruppe)

Die Punkte ergeben sich aus den eingetragenen Verstößen. Bisher wurden Verstöße aus den letzten drei Jahren eingetragen. Mit der kommenden Änderung sollen nur die rechtskräftigen Verstöße der letzten zwei Jahre eingetragen werden. Rechtskräftig sind Verstöße insbesondere, wenn beispielsweise die Strafe einbezahlt wurde oder die Rechtsmittelfrist verstrichen ist. Nicht rechtskräftige Strafen, also solche, die in einem behördlichen oder verwaltungsgerichtlichen Verfahren anhängig sind, dürfen nicht eingetragen werden. Die Verstöße werden je nach Schwere in Kategorien gegliedert und hierfür entsprechende Punkte vergeben:

• leichte Verstöße = 1 Punkt (z.B. Lenkzeit um 5 Minuten überzogen)
• schwere Verstöße = 10 Punkte (z.B. unvollständige Angaben auf der Entsendemeldung)
• sehr schwere Verstöße = 30 Punkte (bisher 40 Punkte; z.B. keine Kabotagebelege)
• schwerste Verstöße = 90 Punkte (bisher 40 Punkte; z.B. Tachomanipulation)

Die kommende Änderung bringt somit eine Minderung der Punkte für sehr schwere Verstöße und eine erhebliche Erhöhung der Punkte bei schwersten Verstößen mit sich. Bisher wurde bei den Verstößen nach dem Jahr differenziert, in welchem diese begangen wurden. Verstöße, die somit über zwei Jahre zurückliegen, wurde weniger gewichtet als Verstöße aus dem aktuellen Jahr. Dies soll sich nun ändern und wird im zukünftigen Risikoeinstufungssystem nicht nach Jahren differenziert.

Positivkontrollen managen!

Stehen somit alle Verstöße und die hierfür vorgesehenen Punkte fest, wird die Summe durch die Anzahl der Kontrollen in den vergangenen Jahren dividiert und ergibt sich der Risikowert. Da jedoch auch Positivkontrollen (Kontrollen, bei denen keine Mängel festgestellt werden) einzutragen und bei der Risikoeinstufung zu berücksichtigen sind, ist es für jeden Unternehmer absolut notwendig, die Positivkontrollen optimal zu managen und zu dokumentieren. Denn nicht selten kommt es vor, dass zwar alle negativen Kontrollen im Verkehrsunternehmensregister eingetragen werden, die Positiven jedoch nicht. Da dies drastische Auswirkungen auf die Risikoeinstufungen des Unternehmens haben kann, muss in solch einem Fall die Nachtragung der Positivkontrollen beantragt werden. Da das Mobilitätspaket eine Reihe von Änderungen bei den Lenk- und Ruhezeiten, Kabotage-Regelungen und Entsendevorschriften vorsieht, wurde dementsprechend auch eine Vielzahl an neuen Übertretungen in den „Katalog“ aufgenommen, die im Verkehrsunternehmensregister eingetragen werden.

Ab wann?

Das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) ist gerade dabei, das bisherige Risikoeinstufungssystem zu überarbeiten – man plant, nach derzeitigem Informationsstand, ab 23. Juli 2023 auf das neue Risikoeinstufungssystem umzustellen.

Fazit

Dieses Risikoeinstufungssystem soll zukünftig auch EU-weit vernetzt sein, wodurch die Behörden und Kontrollorgane in allen Mitgliedstaaten Einsicht in dieses System haben sollen. Insgesamt bringt die Neuerung somit sowohl zahlreiche Erleichterungen, wie insbesondere die Kürzung des Betrachtungszeitraumes auf zwei Jahre, als auch Erschwernisse, wie etwa die Erhöhung von 90 Punkten bei schwersten Verstößen. Der europaweite Zugriff soll auch zur europaweiten Wettbewerbsgleichheit beitragen, wobei hier abzuwarten bleibt, ob auch alle Mitgliedstaaten das neue System gleichartig umsetzen. Für jeden Transportunternehmer bedeutet die Änderung jedenfalls, dass Strafen vermieden, ungerechtfertigte Strafen bekämpft und positive Kontrollen eingetragen werden müssen, um eine „weiße Weste“ zu bewahren.

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Transporteur 01/23 – PDF

Regressforderungen richtig sichern!

Oftmals werden Transporte vom Transportunternehmer nicht selbst durchgeführt, sondern an einen Subfrachtführer weitergegeben.

Kommt es während dem Transport zu einer Beschädigung oder Verlusten wird der Transportunternehmer stets von dessen Auftraggeber gerichtlich in Anspruch genommen.

Aus diesem Grund ist es wichtig den Regress gegen den eigenen Subfrachtführer zu sichern. Verliert man nämlich im Prozess gegen den Auftraggeber, muss der Schaden an den Subfrachtführer weitergegeben werden

Da die Verjährung bei einfachem Verschulden ein Jahr beträgt, muss der Subfrachtführer binnen eines Jahres geklagt werden und den Regress zu sichern.

Dies gilt auch dann, wenn der Gerichtsprozess mit dem eigenen Auftraggeber noch nicht abgeschlossen ist.

Häufig wird der Subfrachtführer bei dem Prozess gegen den eigenen Auftraggeber mittels Streitverkündung als Streithelfer beigezogen (Nebenintervenient).

Aber Achtung! Die Streitverkündung hemmt nach österreichischer Rechtslage die Verjährung eines Anspruches nicht!

Unser Tipp: Zögern Sie bei Regressansprüchen gegen Ihre Vertragspartner nicht und lassen Sie uns Ihre Forderung sichern!

 

Transporteur 01/23 – Dr. Schärmer – Fahrer ohne Fahrkarte

Bei einer Unterwegskontrolle in Tirol musste unser Mandant seine Fahrerkarte und die Fahrzeugeinheit auslesen lassen. Die kontrollierenden Beamten stellten fest, dass das Fahrzeug insgesamt 16-mal ohne Verwendung der Fahrerkarte gelenkt wurde. Da diese Zeiträume meistens kurz vor dem Arbeitsbeginn oder kurz nach Arbeitsende unseres Mandanten lagen, bestand der Verdacht, dass dieser das Fahrzeug zu Beginn bzw. am Ende des Arbeitstags ohne Fahrkarte bewegte, um hierdurch eine Überschreitung der Lenkzeit zu vermeiden. Die Zeiträume, in denen auf der Fahrzeugeinheit eine Bewegung ohne Fahrkarte aufschien, waren auf der Fahrkarte des Mandanten mittels Nachtrag als Ruhezeit eingetragen.

Ab vor den Strafrichter!
Den meisten ist bekannt, dass das Lenken eines Fahrzeugs ohne Fahrkarte zu einer Verwaltungsstrafe führt. Was jedoch oft übersehen wird ist, dass ein solches Verhalten auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann. Im konkreten Fall verdächtigten die kontrollierenden Beamten unseren Mandanten des Vergehens der Datenfälschung nach § 225a StGB. Diese begeht, wer durch Eingabe, Veränderung, Löschung oder Unterdrückung von Daten falsche Daten herstellt oder verfälscht und diese darüber hinaus als Beweis im Rechtsverkehr gebrauchen möchte. Die Staatsanwaltschaft erhob Anklage, da diese meinte, dass unser Mandant durch das Fahren ohne Fahrkarte und den späteren Nachtrag dieser Tätigkeit als Ruhezeit falsche Daten, nämlich manipulierte Lenk- und Ruhezeiten, herstellte. Die Absicht zum Gebrauch im Rechtsverkehr hätte deswegen bestanden, da der Mandant diese Daten bei der Kontrolle vorlegte. Bei der Verurteilung nach § 225a StGB droht eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr. Unser Mandant fiel freilich aus allen Wolken, da dieser das Fahrzeug in den gegenständlichen Zeiträumen teilweise tatsächlich nicht lenkte und teilweise deswegen ohne Fahrkarte fuhr, da er der Meinung war, dass er bei einer Fahrt, die dem eigenen landwirtschaftlichen Betrieb dient, von der Verwendung der Karte ausgenommen sei.

Auf falscher Spur …
Vor dem Strafgericht konnten wir den Mandanten von allen Vorwürfen befreien und für ihn einen Freispruch erreichen. Entgegen der Ansicht der Staatsanwaltschaft und Polizei wurden nämlich weder falsche Daten hergestellt noch Daten verfälscht. Daten sind nämlich nur dann „falsch“ im Sinne von § 225a StGB, wenn diese nicht vom angegebenen Aussteller stammen. In diesem Fall kommt es nämlich zur Identitätstäuschung. Gegenständlich war dies jedoch nicht der Fall, da der Mandant mit dem Nachtrag der Ruhezeit keineswegs vorgibt, dass diese Daten von jemand anderem stammen. Ganz im Gegenteil gab der Mandant durch die Eingabe auf der Fahrkarte bekannt, dass dieser Nachtrag von ihm stammt. Verfälschte Daten? Als „verfälscht“ gelten hingegen Daten, wenn sie im Nachhinein geändert werden. Auch dies war nicht der Fall, da durch den Nachtrag der Ruhezeit keine Daten geändert wurden, sondern vielmehr ein Zeitraum, in dem zuvor keine Daten vorhanden waren, durch den Nachtrag gefüllt wurde. Da es somit weder zur Fälschung noch zur Verfälschung von Daten kam, war der objektive Tatbestand des vorgeworfenen Vergehens nicht erfüllt und der Mandant freizusprechen.

Achtung: Trotzdem Straftat!
Zwar wurde unser Mandant im gegenständlichen Fall deswegen freigesprochen, weil ihn die Staatsanwaltschaft von vornherein wegen einer falschen Tatanlastung angeklagt hat, jedoch ist darauf hinzuweisen, dass das Fahren ohne Fahrkarte und der Nachtrag dieser Tätigkeit als Ruhezeit nicht straffrei ist. § 293 StGB regelt nämlich die Beweismittelfälschung. Demnach ist ebenfalls mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr zu bestrafen, wer ein falsches Beweismittel herstellt oder ein echtes Beweismittel verfälscht und beabsichtigt, dieses in einem gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verfahren zu gebrauchen. Der wesentliche Unterschied zu § 225a StGB und der Urkundenfälschung nach § 223 StGB besteht dabei darin, dass ein Beweismittel im Sinne des § 293 bereits dann „falsch“ ist, wenn dieses inhaltlich unrichtig ist. Hierbei handelt es sich um eine sogenannte „Lugurkunde“. Somit reicht es für die Bestrafung nach § 293 StGB bereits, wenn das Beweismittel unwahre Tatsachen enthält.

Fazit
Auch die Daten auf der Fahrkarte sind Beweismittel und werden sowohl gegenüber der Polizei als auch in einem verwaltungsbehördlichen Verfahren zum Beweis von Tatsachen verwendet. Das beschriebene Verhalten ist somit als Herstellung falscher Beweismittel zu qualifizieren, da auf dem Beweismittel (Fahrkarte) tatsachenwidrig die Einlegung von Ruhezeit bestätigt wird, obwohl tatsächlich eine Lenkzeit ohne Fahrkarte durchgeführt wurde. Der Inhalt des Beweismittels (Daten auf der Fahrkarte) entsprechen somit nicht der Wahrheit.

AUF EINEN BLICK

  • Das Lenken eines Fahrzeugs ohne Fahrerkarte und Nachtrag dieser Tätigkeit als Ruhezeit zieht regelmäßig strafrechtliche Folgen nach sich
  • Oft wird solch ein Verhalten als Datenfälschung nach § 225a StGB angezeigt und dementsprechend von der Staatsanwaltschaft angeklagt
  • Die Konsequenz für die Datenfälschung ist im schlimmsten Fall eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr
  • Der objektive Tatbestand erfordert jedoch, dass gefälschte Daten hergestellt oder echte Daten verfälscht werden
  • Gefälschte Daten sind nur solche Daten, die nicht vom angegebenen Aussteller stammen
  • Verfälscht sind Daten, die nachträglich geändert werden
  • Wer somit ohne Fahrkarte fährt und diese Zeiträume als Ruhezeit nachträgt, begeht zwar keine Datenfälschung, jedoch eine Beweismittelfälschung nach § 293 StGB
  • Im Gegensatz zur Datenfälschung reicht es für die Beweismittelfälschung, wenn das Beweismittel inhaltlich unrichtig ist
  • Die Daten auf der Fahrkarte sind ein Beweismittel und sind die Aufzeichnungen der Ruhezeit unrichtig, wenn in diesen Zeiträumen tatsächlich eine Lenkzeit ohne Fahrkarte vorlag

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Transporteur 01/2023 – PDF

Fahrer vor dem Strafgericht

Den meisten ist bekannt, dass das Verfahren ohne Fahrkarte eine Verwaltungsstrafe nach sich zieht.

Was jedoch oft übersehen wird, ist das ein solches Vorgehen den Fahrer nicht selten auch vor den Strafrichter bringt.

Wer das Fahrzeug ohne Fahrkarte bewegt und diese Zeiten später als Ruhezeit nachträgt, begeht eine Beweismittelfälschung nach § 293 StGB.

Eine Verurteilung des Fahrers hat nicht nur für diesen weitreichende Folgen, sondern kann zu Konzessionsproblemen für den Unternehmer führen.

In der Praxis sind die Anklagen der Staatsanwaltschaft bei Fahrkartendelikten nicht immer berechtigt oder lückenlos und sollte sich der Fahrer daher unbedingt durch entsprechende Experten vertreten lassen.