Frachtlohnklage – öfter sinnvoll, als man denkt!

Beim Frachtvertrag handelt es sich um einen Werkvertrag: der Unternehmer schuldet einen bestimmten Erfolg, nämlich die Verbringung von Gütern von einem Ort zum anderen. Dieser Beförderungsvorgang bildet die Hauptleistungspflicht des Frachtführers. Wenn er das Transportgut schadensfrei, vollständig und fristgerecht abliefert, hat er seine Hauptleistungspflicht vollständig erfüllt und hat Anspruch auf Bezahlung des Frachtlohns.

Häufig wird im Frachtvertrag vereinbart, dass der Frachtführer dem Absender die Ablieferbelege im Original übermitteln muss und die Fracht erst nach Übermittlung dieser Dokumente fällig ist. Es kann zwar vereinbart werden, dass der Frachtführer zur Übermittlung von Transportbelegen verpflichtet ist, allerdings handelt es sich bei so einer Verpflichtung lediglich um eine Nebenleistungspflicht. Die Fälligkeit des Frachtlohns bleibt hiervon jedoch grundsätzlich unberührt. Liefert der Frachtführer ordnungsgemäß und schadensfrei ab, hat er Anspruch auf Bezahlung des Frachtlohns. Die Verletzung von Nebenpflichten rechtfertigt nicht die Zurückbehaltung des Frachtlohns. Die Zurückbehaltung des Frachtlohns bis zur Übermittlung von Belegen ist beispielsweise nur dann rechtfertigbar, wenn es sich um Arzneimittel oder Medikamente handelt und originale Temperaturprotokolle für den Nachweis der Schadensfreiheit notwendig sind.

In der Praxis kommt es freilich oft vor, dass die Originalbelege nicht bzw. nicht vollständig übergeben werden können und der Auftraggeber mit dieser Begründung die Bezahlung des Frachtlohns verweigert und auf Mahnschreiben nicht reagiert.

Unserer langjährigen Erfahrung nach ist in solchen Fällen die Einbringung einer Klage notwendig, um die Bezahlung der Frachtrechnung zu erreichen. Im Regelfall kommt es gar nicht zu einem Urteil des Gerichts, da der beklagte Auftraggeber die Frachtforderung oft schon nach Klagseinbringung bezahlt und eine Klage somit eine „erzieherische Wirkung“ auf den Auftraggeber hat.

Im Fall von unberechtigten Zahlungsverweigerungen aufgrund fehlender Originalbelege ist die rasche Einbringung einer Klage – auch im Hinblick auf die für Frachtforderungen nach der CMR geltende kurze Verjährungsfrist von 15 Monaten ab Auftragserteilung! – daher dringend zu empfehlen.

Unsere Kanzlei steht Ihnen für eine Prüfung und zügige Betreibung Ihrer offenen Frachtforderungen jederzeit gerne zur Verfügung!

Transporteur 07/22 – Dr. Schärmer – Schad‘ ums Bier! Muss der Frachtführer die Verpackung überprüfen?

Ausgangslage

Unser Mandant, ein steirischer Transportunternehmer, beauftragte einen Subfrachtführer mit einem innerösterreichischen Transport von 24 t Bier. Im Transportauftrag wurde der Frachtführer darauf hingewiesen, dass ein „Code-XL-zertifizierter“ Auflieger und zur Ladungssicherung „mind. vier Reihen seitliche Latten“ zu verwenden sind. Die „verkehrs- und beförderungssichere Verladung und Ladungssicherung auf dem LKW“ wurde durch AGB auf den Subfrachtführer überwälzt. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass die Ladung nicht kippen darf.

Nachdem der Frachtführer die Ware vereinbarungsgemäß übernommen hat, kam es im Zuge der Befahrung eines Kreisverkehrs dazu, dass ein Großteil der Ladung auf der Straße landete. Verletzt wurde Gott sei Dank niemand. Zudem wurde der Auflieger des Frachtführers massiv beschädigt. Der Frachtführer verwendete auch das, im Transportauftrag vorgeschriebene Fahrzeug. Aus diesem Grund klagte der Frachtführer unseren Mandanten auf Ersatz, des am Auflieger entstandenen Schadens.

Wer ist wofür verantwortlich?

Im gegenständlichen Fall stellte sich nun die Frage, ob der Schaden durch eine mangelhafte Verpackung, mangelhafte Ladungssicherung oder mangelhaftes Fahrzeug entstand.

Wer für die Ladungssicherung verantwortlich ist, ist weder in der CMR noch im UGB gesetzlich geregelt. Es bleibt daher den Parteien überlassen, eine vertragliche Vereinbarung darüber zu treffen, wer die Verladung und Ladungssicherung vorzunehmen hat. Eine solche Vereinbarung steht auch Art. 41 CMR nicht entgegen.

Im gegenständlichen Fall wurde eine entsprechende Vereinbarung getroffen, da unser Mandant in seinen AGB darauf hinweist, dass der Frachtführer die Verladung und Ladungssicherung durchzuführen hat. Diese AGB wurden dem Transportauftrag beigelegt und hat der Frachtführer diesen auch nicht widersprochen.

Hierzu führte der OGH aus, dass AGB einerseits kraft ausdrücklicher, andererseits aber auch kraft stillschweigender Vereinbarung zustande kommen können. Dabei genügt es, wenn der Unternehmer ausreichend deutlich zu erkennen gibt, nur zu seinen AGB kontrahieren zu wollen und der Vertragspartner zumindest die Möglichkeit hat, vom Inhalt der AGB Kenntnis zu nehmen. Darüber hinaus können AGB auch schlüssig vereinbart werden, wenn die beide Vertragsparteien bereits in einer länger andauernden Geschäftsbeziehung stehen, in den Geschäftspapieren auf die AGB hingewiesen wird und kein Widerspruch erfolgt.

Da der Frachtführer für unseren Mandanten vor dem gegenständlichen Transport bereits 7 Transporte durchgeführt hat und den AGB unseres Mandanten niemals widersprach, wurden diese wirksam zum Vertragsinhalt.

Aus diesem Grund konnte sich der Frachtführer nicht auf einen Ladungssicherungsmangel stützen, da er selbst für einen solchen haften würde. Darüber hinaus sieht die CMR auch keine Grundlage für Schadensersatzforderungen des Frachtführers wegen Fahrzeugbeschädigungen aufgrund mangelnder Ladungssicherung vor.

Verpackung mangelhaft?

Schadensursächlich war im gegenständlichen Fall ein Verpackungsmangel. Zur transportgerechten Verpackung gehört nämlich auch, dass die Ware ordnungsgemäß mit dem Ladungsträger (Palette) verbunden ist. Ein Verzurren der gestapelten Bierkisten mit der Euro-Palette erfolgte im gegenständlichen Fall nicht.

Gemäß Art. 10 CMR haftet der Absender (=Auftraggeber des Frachtführers) dem Frachtführer für alle durch die mangelhafte Verpackung des Gutes verursachten Schäden am Betriebsmaterial, wozu auch der Auflieger gehört. Gemäß dieser Bestimmung müsste daher grundsätzlich unser Mandant als Auftraggeber für den entstandenen Schaden haften, wäre da nicht die Überprüfungspflicht des Frachtführers nach Art. 8 CMR…

Gemäß Art. 8 CMR hat der Frachtführer bei der Übernahme des Gutes unter anderem den äußeren Zustand des Gutes und seine Verpackung zu überprüfen. Diese Überprüfungspflicht darf jedoch nicht überspannt werden, da grundsätzlich der Absender Warenfachmann ist und für die ordnungsgemäße Verpackung haftet. Den Frachtführer trifft nur dann eine Haftung, wenn die Verpackung offensichtlich mangelhaft ist und dieser Mangel von einem ordentlichen Frachtführer bereits mit geringster Sorgfalt entdeckbar ist.

Gerade dies war gegenständlich auch der Fall und so führte der OGH aus, dass ein ordentlicher Frachtführer die für jedermann erkennbare Gefahr des Verrutschens bzw. Kippens der Bierkisten nicht ignoriert, sondern entsprechende Sicherungsmaßnahmen setzt. Da der Frachtführer dem jedoch nicht nachkam und darüber hinaus auch keinen Vorbehalt im Frachtbrief über die mangelhafte Verpackung tätigte, sondern die Ware kommentarlos übernahm, haftet dieser selbst für den entstandenen Schaden.

Fazit, Praxistipps

*** Grundsätzlich haftet der Absender (=Auftraggeber des Frachtführers) für Schäden am Fahrzeug, die auf eine mangelhafte Verpackung zurückzuführen sind
*** der Absender ist Warenfachmann und hat die Ware daher transportgerecht zu verpacken
*** zum Verpacken gehört auch, dass die Ware fest mit dem Ladungsträger verbunden ist
*** der Frachtführer muss bei Übernahme der Ware überprüfen, ob die Verpackung offensichtlich mangelhaft ist
*** liegt tatsächlich ein solcher offensichtlicher Mangel vor, so hat der Frachtführer zumindest einen entsprechenden Vorbehalt im Frachtbrief zu tätigen.

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Transporteur 07/2022 – PDF

Gesetzesänderung: Strafen werden verdoppelt!!

Die 40. Novelle des Kraftfahrgesetzes (KFG), die bereits am 14.05.2022 in Kraft getreten ist, führte zu einer wesentlichen Erhöhung der bisherigen Höchststrafe bei Verstößen gegen das Kraftfahrgesetz (KFG).

Bisher wurden Übertretungen des KFG wegen zB Fahrzeugmängeln, mangelhafter Ladungssicherung oder Verstößen gegen die Verordnungen über Lenk- und, mit einer Geldstrafe von bis zu € 5.000 geahndet. Mit der Novelle wurde diese Strafdrohung nunmehr auf € 10.000 verdoppelt. Die Regierung begründet dies mit einer Anpassung an den Verbraucherpreisindex. Tatsächlich hat sich dieser seit der letzten Anhebung der Höchststrafe auf € 5.000 im Jahr 2005 jedoch nur um 30 % gesteigert. Die Verdoppelung der Höchststrafe dient daher in erster Linie der abschreckenden Wirkung und verfolgt damit generalpräventive Zwecke.

Bei Verstößen gegen das KFG muss daher seit Mitte Mai 2022 auch bei kleineren Verstößen mit einer erheblichen Anhebung der Verwaltungsstrafen gerechnet werden. Umso wichtiger ist daher die Vermeidung von Übertretungen durch ordnungsgemäße Instandhaltung des Fuhrparks und Schulung sowie Kontrolle der Lenker. Kommt es dennoch zu einer Strafe, sollte diese durch einen ausgewiesenen Experten jedenfalls überprüft und gegebenenfalls bekämpft werden. Bereits wenige Strafen können die Zuverlässigkeit eines konzessionierter Transportunternehmer beeinträchtigen. Eine schlechte Bewertung im Verkehrsunternehmensregister führt zu häufigeren Kontrollen. Bei zu vielen Strafen droht ein Konzessionsentzug. Unsere kanzleiinterne Statistik zeigt, dass 9 von 10 Strafen gänzlich oder teilweise behoben bzw. gemindert werden können. Setzen Sie sich daher gegen ungerechtfertigte Strafen zur Wehr! Unerlässlich hierfür ist jedoch ein speziell, auf die Bedürfnisse der Transporteure zugeschnittenes Rechtsschutzprodukt, um über eine Versicherungsdeckung für die Vertretungskosten zu verfügen. Im Verwaltungsstrafrecht besteht nämlich kein Kostenersatz auch im Falle des Obsiegens. Mit einem maßgeschneiderten Rechtsschutzprodukt können Sie sich ohne dem genannten Kostenrisiko gegen ungerechtfertigte Strafen wehren. Die Erstprüfung jeder Strafe und Einschätzung der Erfolgsaussichten ist bei uns kostenlos!

Transporteur 07/22 – A. Miskovez – Standgeld bestätigen, sonst fahre ich nicht weiter!

Vertragspartner muss Eigentümer sein

Bevor auf die Unterschiede zwischen dem gesetzlichen Pfandrecht und jenem nach AÖSp eingegangen wird, ist festzuhalten, dass in allen Fällen eine Zurückbehaltung nur dann zulässig ist, wenn der Auftraggeber auch Eigentümer der Frachtgüter ist oder der Frachtführer im guten Glauben davon ausgehen darf, dass die Güter dem Auftraggeber gehören. Ein Pfandrecht scheidet daher bereits in all jenen Fällen aus, in denen der Frachtführer einen Transport im Auftrag eines Spediteurs durchführt, der selbst nicht Eigentümer der Güter ist, sondern den Transportauftrag ebenfalls weitergegeben hat. Dies ist in der Praxis auch meistens der Fall.

Behält der Frachtführer in solch einem Fall dennoch die Güter in rechtswidriger Weise zurück, so handelt dieser mit grobem Verschulden und haftet in weiterer Folge für sämtliche resultierenden Schäden unbegrenzt.

Gesetzliches Pfandrecht

Das im UGB geregelte Pfandrecht (§ 422 – Lagerhalter, § 440 – Frachtführer) bezieht sich nur auf bestimmte Forderungen und müssen diese konnex sein. Konnexität bedeutet, dass das Pfandrecht nur im Hinblick auf die Forderungen aus dem Frachtvertrag (gegenständlichem Transport) und ausschließlich an dem übergebenen Gut besteht. Dies ist beispielsweise der Fall bei einer Standgeldforderung die im Zuge des gegenständlichen Transports entstanden ist. Ein Beispiel für eine inkonnexe Forderung ist, wenn der Auftraggeber dem Frachtführer aus einem früheren Transport noch Standgeld oder Frachtkosten schuldet und der Frachtführer bei einem späteren Transport die Ware zurückbehalten möchte, um die Bezahlung der alten Forderungen zu erwirken.

Als Lagerhalter ist die Konnexität beispielweise dann gegeben, wenn ich ein Gut zurückbehalte für das noch ein Lagergeld ausständig ist. Inkonnex ist die Forderung, wenn ich ein Gut zurückbehalte, weil Lagergeld für ein anderes bereits herausgegebenes Gut, noch nicht bezahlt wurde.

Ist die Forderung somit konnex, kann das gesetzliche Pfandrecht ausgeübt werden. An dieser Stelle ist jedoch nochmals darauf hinzuweisen, dass der Auftraggeber auch der Wareneigentümer sein muss. Andernfalls bringt auch die Konnexität der Forderung nichts.

Pfandrecht nach AÖSp

Zusätzlich zum gesetzlichen Pfandrecht sieht § 50 AÖSp ein vertragliches Pfandrecht vor. Werden die AÖSp daher zwischen den Parteien vereinbart, so kann man sich auch auf das vertragliche Pfandrecht berufen. Der wesentliche Unterschied zum gesetzlichen Pfandrecht ist, dass die AÖSp auch inkonnexe Forderungen sichern. Im Rahmen der AÖSp kann das Pfandrecht daher auch aufgrund von Frachtlohnansprüchen aus anderen Aufträgen ausgeübt werden. Die einzige Einschränkung hierbei ist, dass die Ausübung des Pfandrechts bei inkonnexen Forderungen nur dann zulässig ist, wenn die Forderung entweder nicht strittig ist oder die Einbringlichkeit der Forderung durch die Vermögenslage des Schuldners gefährdet ist.

Fazit:

Die Zurückbehaltung von Gütern ist zwar möglich, jedoch nur unter sehr engen Voraussetzungen. Wird das Pfandrecht falsch bzw. unberechtigt ausgeübt, können schnell astronomische Schadensersatzansprüche entstehen. Aus diesem Grund sollte vor Ausübung eines Pfandrechts stets ein ausgewiesener Experte konsultiert werden. Gelangt man umgekehrt als Auftraggeber in die Situation, dass man vom eigenen Frachtführer erpresst wird, so empfehlen wir stets ein Standgeld nur unter Vorbehalt einer späteren Rückforderung zu bestätigen.

Transporteur 07/22 – A. Miskovez – Standgeld bestätigen, sonst fahre ich nicht weiter!