Stragü 04/2019, Dr. Schärmer – Lkw-Brand bei Abfalltransporten!

Anlassfall

Ein Mandant unserer Kanzlei, ein österreichischer Transportunternehmer, wurde von einem österreichischen Unternehmen beauftragt, einen Transport von Elektroschrott in loser Schüttung von Deutschland nach Österreich durchzuführen. Nach der Beladung in Deutschland legte der Lkw-Fahrer seine Ruhezeit auf einer Raststätte ein. Während der LKW-Fahrer in der Fahrerkabine schlief geriet der beladene Sattelauflieger in Brand. Nur aufgrund der Geistesgegenwärtigkeit des LKW-Fahrers konnte das Feuer nicht auf die Zugmaschine übergreifen. Der LKW-Fahrer sattelte den brennenden Auflieger ab und entfernte die Zugmaschine aus dem Gefahrenbereich. Trotz des sehr schnellen Einsatzes der Feuerwehr entstand am Auflieger ein Totalschaden. Ein Sachverständiger stellte fest, dass der Brand auf eine Selbstentzündung des geladenen Elektroschrottes zurückzuführen ist. Im geladenen Elektroschrott befanden sich auch Batterien. Eine Ursache am Fahrzeug (Lkw-Mangel) wurde ausgeschlossen. Der zerstörte Schubbodenauflieger hatte einen Wert von knapp € 30.000. Der Auftraggeber weigerte sich dem Transportunternehmer Schadenersatz zu bezahlen, sodass wir beauftragt wurden, den Schadensbetrag klagsweise geltend zu machen.

Brandgeneigtes Frachtgut

Beim Frachtgut handelte es um Elektroschrott der Kategorien SG3 und SG5. Unter die Gruppe SG3 fallen: Bildschirme, Monitore und TV-Geräte. Unter die Gruppe SG5 fallen: Haushaltskleingeräte, Informations- und Telekommunikationsgeräte, Geräte der Unterhaltungselektronik, Leuchten und sonstige Beleuchtungskörper sowie Geräte für die Ausbreitung oder Steuerung von Licht, elektrische und elektronische Werkzeuge, Spielzeuge, Sport und Freizeitgeräte, Medizinprodukte, Überwachungs- und Kontrollinstrumente. Der Abholauftrag wies dabei darauf hin, dass es sich gemäß AVV 20 01 35 um gebrauchte elektronische und elektrische Geräte handelt, die gefährliche Bauteile enthalten, mit Ausnahme derjenigen, die unter 20 01 21 und 20 01 23 fallen. Der Abholauftrag enthielt aber keine Angaben dazu, dass sich bei der Transportware auch Batterien, insbesondere Lithium-Batterien befinden würden. Lithium-Batterien sind bekannt dafür, dass sie besonders brandgeneigt sind. Derartige Batterien entzünden sich unter bestimmten Bedingungen selbst. Anzumerken ist, dass bei Transporten mit gefährlichen Gegenständen üblicherweise UN Codes bekannt gegeben werden. Im konkreten Fall wurde kein solcher UN Code angeführt. Für den Transporteur war aufgrund der Transportdokumente daher klar, dass es sich nicht um einen Gefahrguttransport handelte.
Aus den Ausführungen des Sachverständigen nach dem Schadensfall ging hervor, dass die transportierten Batterien jedenfalls gefährlich waren, zumal sie zur Selbstentzündung führten. Das Gefahrengutrecht kennt viele Arten von Batterien und schreibt für die unterschiedlichen Arten besondere Anforderungen bei Transporten vor. Insbesondere Lithium-Batterien und Akkus sind unter strengen Maßnahmen zu transportieren. Lithium-Ionen-Batterien werden in etwa mit dem UN Code 3480 identifiziert. Aufgrund der enormen Gefährlichkeit solcher Batterien, müssen diese in spezieller Verpackung transportiert werden. Jedenfalls sind alle Batterien als gefährlich einzustufen, da es durch den Kontakt mit anderen elektronischen Geräten und Gegenständen immer zu Selbstentzündungen kommen kann. Zur Selbstentzündungen kommt es dabei insbesondere durch das Durcheinanderwerfen bzw. Aneinanderreiben der Batterien beim Transport in loser Schüttung.

Ordentliche Abfallbehandlung

Aus den Abfallbehandlungsvorschriften geht dazu hervor, dass insbesondere Lithium-Batterien während der ersten Phase der Behandlung (gemeint Abfallbehandlung) von Elektro- und Elektronikaltgerät und ohne Beschädigung zu entfernen sind. Schon daraus wird deutlich, dass eine gemeinsame Behandlung der Batterien mit den Elektrogeräten selbst nicht gestattet ist. Demnach ist es so, dass Batterien grundsätzlich in speziellen brandfesten und dichten Boxen transportiert werden müssen, wodurch die Gefahr eines Feuers verhindert wird. Im vorliegenden Fall wurden die Batterien aber nicht aussortiert. Die Beförderung in loser Schüttung war daher gefährlich. Zu Lithium-Batterien ist auszuführen, dass es sich dabei um fertige Erzeugnisse ohne chemikalienrechtliche Kennzeichnung handelt. Sie haben aber spezielle Zuordnungen und Kennzeichnungen im Gefahrgutrecht. Es gilt unter anderem die Sondervorschrift SV 188 des ADR. Verschiedene Lithium-Ionen-Batterien oder Lithium-Metallbatterien werden dabei wie erwähnt jeweils mit UN Nummern gekennzeichnet. In Österreich sind die Vorgaben der Abfallbehandlungspflichten-Verordnung zu beachten. Diese regelt in § 4 die Anforderungen an Lagerung und Transport. Demnach gilt: Elektro- und Elektronik-Altgeräte und deren Bauteile müssen unter Berücksichtigung der Art und des Gefährdungspotenzials der Abfälle in geeigneten Bereichen mit wetterbeständiger Abdeckung, undurchlässiger, erforderlichenfalls öl- und lösemittelbeständiger Oberfläche, Auffangeinrichtungen und erforderlichenfalls Abscheidern für auslaufende Flüssigkeiten und fettlösende Reinigungsmittel gelagert werden. Insbesondere ist durch geeignete Lagerung sicherzustellen, dass die Freisetzung von Schadstoffen an die Umwelt verhindert wird. Bei der Lagerung und beim Transport von Elektro- und Elektronik-Altgeräten sowie deren Bauteilen ist sicherzustellen, dass Beschädigungen, die ein Entweichen von gefährlichen Stoffen oder Brand- oder Explosionsgefahren nach sich ziehen können, vermieden werden. Sie sind so zu lagern und zu transportieren, dass eine nachfolgende Zerlegung oder ein Recycling nicht erschwert oder unmöglich gemacht und keine Brand- oder Explosionsgefahr ausgelöst wird.

Verpackungspflichten für den Transport

Batteriehaltige Elektro-Altgeräte müssen aufgrund von gefahrgutrechtlichen Anforderungen gesondert gesammelt, gelagert und transportiert werden. Es gelten daher vor allem auch die Vorschriften des ADR. Für Altgeräte mit Lithium-Batterien gelten die Sondervorschriften 377 (bei unbeschädigten Batterien) und 376 (bei beschädigten oder defekten Batterien). Nach der Sondervorschrift 377 muss demnach die Verpackung nach der Verpackungsanweisung P909 erfolgen. Es sind jedenfalls widerstandsfähige Außenverpackungen erforderlich. In jedem Falle müssen Kurzschlüsse verhindert werden. Nach der Sondervorschrift 376 muss die Verpackung nach den Verpackungsanweisungen P908 erfolgen. Die Verpackungsanweisungen P908 und LP904 machen strenge Vorgaben zur Verpackung der beschädigten bzw. defekten Batterien bzw. Akkus.

Haftung des Absenders für Schäden bei mangelhafter Verpackung

Art. 10 CMR bestimmt eine verschuldensunabhängige Haftung des Absenders gegenüber dem Transportunternehmer: Der Absender haftet dem Frachtführer für alle durch mangelhafte Verpackung des Gutes verursachten Schäden an Personen, am Betriebsmaterial und an anderen Gütern sowie für alle durch mangelhafte Verpackung verursachten Kosten, es sei denn, dass der Mangel offensichtlich oder dem Frachtführer bei der Übernahme des Gutes bekannt war und er diesbezüglich keine Vorbehalte gemacht hat. Im vorliegenden Fall wusste der Transporteur nicht, dass sich unter dem Schüttgut selbstentzündliche Batterien befinden. Auch wäre es dem Fahrer überhaupt nicht möglich gewesen, dies vor Antritt der Fahrt zu überprüfen. Es besteht auch im Frachtrecht keine Verpflichtung des Frachtführers die Ladung auf Beförderungstauglichkeit, Sicherheit oder Übereinstimmung mit dem Frachtvertrag zu überprüfen. Der Frachtführer darf immer davon ausgehen, dass der Absender als Warenfachmann die Transporttauglichkeit des Gutes besser kennt (siehe dazu OGH zu 7 Ob 5/13f). Der Absender als Abfallbehandler hätte daher die gefährlichen Batterien im Vorfeld entfernen bzw. in verschlossenen brandfesten Behältern verpacken müssen. Den Absender trifft daher eine Haftung für den Brand aufgrund der Selbstentzündung durch die Batterien.

Zusammenfassung/Praxistipps:

– Vorsicht beim Transport von Elektroschrott in loser Schüttung!
– Wenn sich Batterien in der losen Schüttung befinden, besteht die Gefahr der Selbstentzündung!
– Diese Problematik betrifft Sie nicht nur als Abfallbehandler, sondern auch dann, wenn Sie den Transportauftrag an einen Unterfrachtführer weitergeben.
– Art. 10 CMR legt nämlich fest, dass immer der Vertragspartner des Frachtvertrages gegenüber dem geschädigten Frachtführer haftet!
– Überprüfen Sie im Vorfeld das Gefahrenpotenzial der Ladung!
– Im konkreten Fall war es eine Verkettung von glücklichen Umständen, dass der Lkw-Fahrer nicht verletzt oder getötet wurde.

Stragü 04/19 – PDF