Stragü 02/2020, Dr. Schärmer – CMR-Frachtbrief korrekt ausgestellt?

Stragü 02/2020, Dr. Schärmer – CMR-Frachtbrief korrekt ausgestellt?

Immer öfters treten Fragen zur korrekten Ausstellung des CMR-Frachtbriefes auf. Die Rollenverteilung zwischen Absender, Frachtführer, Versender und Empfänger ist nicht immer klar und sorgt für Verwirrung. Um den CMR-Frachtbrief korrekt und ordnungsgemäß auszufüllen, ist es wichtig zu wissen, welche Vorschriften überhaupt zur Anwendung gelangen, welche Formvorschriften für den Frachtbrief gelten und welche Rollen die einzelnen, in die Beförderung involvierten Parteien, spielen.

CMR Frachtbrief - Beförderungsvertrag

dem Frachtbrief für den Straßentransport kommen im Wesentlichen drei Funktionen zu:

- er ist Informationsträger über die am Transport Beteiligten, über Beschaffenheit, Menge, Behandlungsvorschriften des beförderten Gutes und die Strecke der Beförderung,

- er erfüllt eine Beweisfunktion über den Abschluss und den Inhalt des Beförderungsvertrages mit allen allgemeinen und besonderen Bestandteilen,

- er hat die Funktion einer Quittung für die Menge und den Zustand des zum Transport übernommenen Gutes.

Strikt zu trennen ist der CMR-Frachtbrief jedoch vom Beförderungsvertrag. Dem Frachtbrief der CMR kommt an sich keine konstitutive Wirkung zu, sodass der Beförderungsvertrag auch ohne, mit einem verlorenen oder mangelhaften Frachtpapier besteht. Die CMR enthält keine Regelungen über das Zustandekommen und den rechtlichen Inhalt des Beförderungsvertrages. Ein Beförderungsvertrag ist formfrei. Der Frachtbrief liefert jedoch den Beweis über den Abschluss und den Inhalt des Frachtvertrages zwischen den eingetragenen Parteien sowie über die Übernahme des im Frachtbrief genannten Frachtgutes durch den Frachtführer, sowie über weitere Eintragungen (Interesse, Weisungen etc.). Da der Beweis des Gegenteils allerdings zulässig ist, stellt der Frachtbrief eine widerlegbare Beweisurkunde dar.

Formvorschriften

Da der Beförderungsvertrag der CMR ein Konsensualvertrag ist und dessen Wirksamkeit nicht vom Bestand eines Frachtbriefes abhängt, schreibt die CMR aufgrund dieser eingeschränkten Bedeutung des Frachtbriefes auch keine bestimmte Form oder Gestaltung des Frachtbriefes vor.

Gemäß Art. 5 CMR ist der Frachtbrief in 3 Originalausfertigungen auszustellen, die vom Absender und vom Frachtführer unterzeichnet werden. In der Praxis wird der Frachtbrief auf 3 verschiedenfarbige Blätter mit der Möglichkeit des „Durchschlags“ gedruckt. Tatsächlich enthält die CMR jedoch keine konkreten Regelungen darüber, ob der Frachtbrief auf gewöhnlichem Papier oder auf verschiedenfarbigen Blättern mit der Möglichkeit zum „Durchschlag“ gedruckt sein muss bzw. ob überhaupt Papierform vorgesehen ist. Es ist daher ebenso zulässig den Frachtbrief auf gewöhnliches, weiß farbiges Papier ohne die Möglichkeit zum „Durchschlag“ zu drucken. Wichtig ist hierbei nur, dass 3 Originalausfertigungen vorliegen, welche vom Absender sowie vom Frachtführer unterzeichnet werden.

Auch die Frage, ob der Frachtbrief lediglich in Papierform akzeptiert wird, oder dieser auch in elektronischer Form ausgestellt werden kann, lässt die CMR offen. Gemäß § 17 Güterbeförderungsgesetz müssen während der gesamten Beförderung Belege in elektronischer oder Papierform mitgeführt und auf Verlangen den Aufsichtsorganen ausgehändigt werden. Demnach wird in Österreich sowohl der elektronische als auch der Frachtbrief in Papierform akzeptiert. Bei der elektronischen Form ist lediglich zu beachten, dass der Frachtbrief auf einem mitgeführten Gerät (elektronisches Pad, Laptop, etc.) verfügbar ist und den Aufsichtsorganen vorgelegt werden kann.

Wer zur Ausstellung des Frachtbriefes verpflichtet ist, regelt die CMR ebenfalls nicht. Hierbei ist jedoch auf nationales Recht zurückzugreifen, wonach der Frachtführer vom Absender gemäß § 426 Abs. 1 UGB die Ausstellung eines Frachtbriefs verlangen kann. Demnach kommt dem Frachtführer ein Anspruch auf Ausstellung eines Frachtbriefes zu und ist der Absender somit zur Ausstellung verpflichtet.

Letztlich ist auch die Frage zur Form der Signaturen der Parteien des Beförderungsvertrages äußerst relevant. Aufgrund des Fortschritts der Technik und der Modernisierung von Prozessen bei der Beförderung, stellt sich die Frage ob elektronische Signaturen bzw. auf elektronischem Weg vervielfältigte Signaturen im Frachtbrief zulässig sind.

Art. 5 der CMR Richtfest, dass Unterschriften gedruckt oder durch den Stempel des Absenders oder des Frachtführers ersetzt werden können, wenn dies nach dem Recht des Staates, in dem der Frachtbrief ausgestellt wird, zulässig ist. Aufgrund des Vorbehaltes in Art. 5 CMR ist die Zulässigkeit der Unterschrift in Form von Druck und Stempel nach nationalem Recht zu prüfen. Anzuwenden ist hier das Recht des Staates, in dem der Frachtbrief ausgestellt wird.

Das österreichische Recht räumt dem Absender in § 426 Abs. 2 Z. 9 UGB die Möglichkeit ein, seine Unterschrift im Wege der mechanischen Vervielfältigung anzubringen. Es ist für den Absender daher zulässig, den Frachtbrief mit einer aufgedruckten Unterschrift zu versehen. Hinsichtlich der Unterschrift des Frachtführers besteht keine entsprechende Norm, jedoch kann unter Heranziehung anderer Normen, systematischer Interpretation und Vergleich mit der deutschen Rechtslage argumentiert werden, dass auch die Unterschrift des Frachtführers im Wege der mechanischen Vervielfältigung zulässig ist. Zu beachten ist, dass Art 5 CMR keine Aussage über die Möglichkeit von elektronischen Signaturen vorsieht. Nach dem Wortlaut der Bestimmung sind diese daher nicht zulässig und sind die Alternativen zur eigenhändigen Unterschrift auf „Druck“ und „Stempel“ beschränkt. Die Möglichkeit einer elektronischen Signatur ist den Parteien daher nicht zugänglich.

Zu den einzelnen Angaben

Der „Absender“ im Sinne der CMR und § 425 UGB ist der Vertragspartner des Frachtführers. Der Absender schließt den Frachtvertrag in eigenem Namen und auf eigene oder fremde Rechnung. Absender ist also unter Umständen auch ein Spediteur oder ein anderer Frachtführer. Auch der Empfänger kann etwa bei Ex-Works-Lieferungen – Auftraggeber und somit Absender sein. In der Praxis werden hier oft dadurch Fehler gemacht, dass die Verlader-Firma und nicht der Vertragspartner eingetragen werden.

„Frachtführer“ ist derjenige, der mit dem Absender dem Beförderungsvertrag abgeschlossen hat. Hier soll daher der Hauptfrachtführer und nicht der Unterfrachtführer eingetragen werden.

 

„Ort und Tag der Übernahme und Ablieferung des Gutes:“ Diese Angaben sind für den Nachweis der Übergabe des Gutes und für den Nachweis der Anwendbarkeit der CMR von Bedeutung. Hier ist der exakte geographische Ort (Straße, Hausnummer, Gemeinde, Postleitzahl) an dem das Gut tatsächlich geladen wird und das Datum anzuführen. Die Ware wird in der Praxis meist beim „Versender“ übernommen. Der „Versender“ ist nicht gleich dem „Absender“ im Sinne der CMR, er ist in der Regel nicht Partner des Frachtvertrages. Die Anschrift des Absenders muss nicht zwingend mit dem Beladeort übereinstimmen, zumal die Angaben über die Stelle der Übernahme und dem Tag der Übernahme hauptsächlich gemäß Art. 1 CMR für die Beurteilung der Anwendung der CMR sowie für die Gerichtsstände von Bedeutung sind.

 

„Bezeichnung von Gut und Verpackung:“ Die übliche Bezeichnung der Art des Gutes und die Art der Verpackung sind anzugeben. Üblichkeit ist hier zumindest auf den Ort der Ausstellung des Frachtbriefes zu beziehen. Das in der Praxis häufig benutzte Wort „Collo“ reicht wegen seiner Vieldeutigkeit, welcher Art das einzelne „Collo“ letztendlich ist, zur Erfüllung der Anforderungen der CMR nicht aus. Zu beachten sind darüber hinaus besondere Vorschriften zur Bezeichnung des Gutes (GGBG, ADR, etc.).

Die Gewichtsangabe ist für den Frachtführer äußerst wichtig, um die Belastung seines Fahrzeuges kontrollieren zu können. Dabei ist das Rohgewicht ausschlaggebend. Das Rohgewicht ist das Gewicht des Gutes einschließlich des Verpackungsgewichts. Güter die nicht gewogen werden, sind nach ihrer Menge anzugeben (so etwa bei Flüssigkeiten in der Regel nach Litern).

Haftung für unrichtige Angaben im Frachtbrief

Der Frachtführer kann vom Absender die Ausstellung eines Frachtbriefes verlangen. Der Absender haftet für unrichtige oder unvollständige Angaben im Frachtbrief gegenüber dem Frachtführer. Enthält der Frachtbrief beispielsweise unrichtige Gewichtsangaben kann der Absender vom Frachtführer für Verwaltungsstrafen, der Höhe nach unbeschränkt, zur Haftung herangezogen werden.

Zusammenfassung, Praxistipps

  • >> der Frachtbrief ist streng vom Beförderungsvertrag zu trennen und hat das Fehlen eines Frachtbriefes keine Auswirkungen auf das Bestehen oder die Gültigkeit des Beförderungsvertrages

 

  • >> der CMR Frachtbrief ist in 3 Originalausfertigungen auszustellen und sowohl vom Absender als auch vom Frachtführer zu unterzeichnen

 

  • >> der Frachtbrief kann sowohl in Papierform, mit oder ohne die Möglichkeit eines „Durchschlags“, als auch in elektronischer Form ausgestellt werden

 

  • >> die Unterschriften können gedruckt oder durch Stempel ersetzt werden, wenn dies nach dem Recht des Staates, in dem der Frachtbrief ausgestellt wird, zulässig ist

 

  • >> in Österreich ist die Vervielfältigung der Unterschrift auf mechanischem Wege und deren Druck im Frachtbrief für den Absender zulässig. Ob dies auch für den Frachtführer gilt, lässt die österreichische Rechtslage offen

 

  • >> eine elektronische Signatur ist vom Art. 5 CMR nicht erfasst und daher nicht zulässig

 

  • >> die CMR regelt nicht wer zur Ausstellung des Frachtbriefes verpflichtet ist, jedoch kann der Frachtführer aufgrund des nationalen Rechts vom Absender die Ausstellung eines Frachtbriefs verlangen

 

  • >> Frachtführer und Absender sind immer die zwei Parteien des Beförderungsvertrages

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