Transporteur 03/23 – A. Miskovez – Unzulässige Verspätungspönalen

Transporteur 03/23 – A. Miskovez – Unzulässige Verspätungspönalen

VERTRAGSKLAUSELN
Mit der heutigen „just-in-time“ Logistik ist es keine Seltenheit, dass für bereits kleinste Verspätungen hohe Vertragsstrafen drohen. In den meisten Transportaufträgen finden sich Klauseln, wonach die Überschreitung einer Lieferfrist je nach Höhe der Verspätung zu einer Strafe führt. In diesem Artikel stellen wir derartige Klauseln auf dem Prüfstand und schaffen Klarheit über die Ersatzfähigkeit von Lieferverzugspönalen.

Wann ist Lieferfrist überschritten?
Die Überschreitung einer Lieferfrist ist in Art. 19 CMR geregelt und liegt vor, wenn das Gut nicht innerhalb der vereinbarten Frist abgeliefert wurde. Doch was passiert, wenn keine Lieferfrist vereinbart wurde? Auch dieser Fall ist von Art. 19 CMR berücksichtigt und so wird auf die gewöhnliche Beförderungsdauer abgestellt, die einem sorgfältigen und vernünftigen Frachtführer zuzubilligen ist. Hierbei sind insbesondere die gewöhnlichen Zeiten für die Be- und Entladung sowie Wartezeiten zu berücksichtigen. Ist somit keine Lieferfrist vereinbart, so wird auf die gewöhnliche Laufzeit eines solchen Transports abgestellt.

Schadenersatz bei Verspätung
Wenn die Lieferfrist überschritten wird, kann der Auftraggeber Schadenersatz vom Frachtführer fordern. Die Voraussetzung ist jedoch, dass es tatsächlich zu einem Schaden gekommen ist und dieser nachgewiesen wird (Art. 23 Abs. 5 CMR). Dies ist etwa der Fall, wenn es beim Empfänger durch die verspätete Ablieferung zu einem Produktionsstillstand kommt oder wenn etwa ein Montage-Team am Entladeort wartet und nicht anderweitig eingesetzt werden kann. Darüber hinaus ist die Haftung des Frachtführers (außer bei grobem Verschulden) mit der Höhe der Fracht beschränkt. Wurde somit für den Transport eine Fracht von 1.200 Euro vereinbart, so stellt diese Summe auch die Maximalhaftung des Frachtführers bei gewöhnlichem Verschulden dar. Gemäß Art. 41 CMR ist jede Vereinbarung die den Bestimmungen der CMR zuwiderläuft, nichtig. Da die CMR in Art. 23 die Haftung für Lieferfristüberschreitungen abschließend regelt (Nachweis über tatsächlichen Schaden sowie Begrenzung mit der Fracht), dürfen keine Vereinbarungen getroffen werden, die dieser Vorschrift zuwiderlaufen. Wird daher vereinbart, dass unabhängig von einem tatsächlichen Schaden eine Vertragsstrafe in bestimmter Höhe pro Stunde der Verspätung zu zahlen ist, ist diese Vereinbarung unzulässig. Der Frachtführer muss somit nur einen tatsächlich entstandenen Schaden ersetzen.

Ausnahme
Bei Anwendbarkeit der CMR ist die Vereinbarung einer Vertragsstrafe für die verspätete Ablieferung unwirksam. In der Praxis gibt es jedoch eine Konstellation, bei der auch Strafen zu ersetzen sind. Hat beispielsweise ein Produktionsunternehmen dessen Güter an einen Kunden verkauft, so wird im Kaufvertrag oft ebenfalls eine Pönale für die verspätete Lieferung der Güter vereinbart. Muss der Verkäufer somit aus dessen Vertrag mit dem Kunden diesem eine Strafe zahlen, so stellt diese Strafe einen Vermögensschaden für den Verkäufer dar. Diesen Schaden kann er in weiterer Folge an den Frachtführer weiterbelasten. Die Besonderheit bei diesem Fall ist, dass zwischen dem Verkäufer und dem Kunden ein Kaufvertrag besteht und dieser nicht der CMR unterliegt. Resultiert die Strafe somit aus diesem Kaufvertrag, so kann diese als Vermögensschaden in der Transportkette weiterbelastet werden.

Fazit
Bei einem Transportvertrag, auf den die CMR anwendbar ist, ist die Vereinbarung einer Vertragsstrafe für die Lieferfristüberschreitung nicht zulässig. Fordert somit ein Auftraggeber aus dem Transportauftrag die Bezahlung einer Verspätungspönale, kann diese abgelehnt werden. Nur dann, wenn der Auftraggeber Schadenersatz für eine Vertragsstrafe fordert, die er selbst wiederum an dessen Kunden zahlen musste, ist zu untersuchen, ob die Vertragsstrafe aus einem Transportauftrag oder einem anderen Vertrag (z.B. Kaufvertrag) resultiert.

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