Transporteur 06/23 – A. Miskovez – Wenn der Empfänger die Annahme verweigert

Transporteur 06/23 – A. Miskovez – Wenn der Empfänger die Annahme verweigert

ABLIEFERHINDERNIS

In einer aktuellen Entscheidung beschäftigte sich das Amtsgericht Nettetal (17 C 29/22) mit der Frage, wer für einen Sendungsverlust auf dem Rückweg haftet, nachdem der Empfänger die Annahme der Ware verweigert hat.

Ausgangslage

Im gegenständlichen Fall wurde ein Frachtführer mit dem Transport eines E-Bikes beauftragt. Beim Transport zum Empfänger verlief alles ordnungsgemäß, allerdings wurde die Annahme des E-Bikes vom Empfänger verweigert, weshalb dieses wieder zurück zur Beladestelle transportiert werden sollte. Beim Rücktransport handelte es sich nicht um einen Direkttransport und so musste die Ware umgeschlagen werden. Hierbei kam es zum Verlust. Gemäß Art. 17 CMR haftet der Frachtführer für Schäden und Verluste die sich in dessen Obhutszeitraum ereignen. Der Obhutszeitraum und somit die Haftung des Frachtführers beginnt mit der Übernahme des Gutes und endet mit der Ablieferung. Eine wirksame Ablieferung liegt dann vor, wenn die Ware dem berechtigten Empfänger übergeben wurde. In gewissen Szenarien, wie dem gegenständlichen, kommt es jedoch nicht zur Ablieferung an den Empfänger, da dieser die Annahme verweigert. Hier stellt sich dann die Frage, wann der Obhutszeitraum des Frachtführers enden soll?

Ablieferungshindernis?

Ein sogenanntes Ablieferungshindernis ist in Art. 15 CMR geregelt und liegt dann vor, wenn die Aushändigung des Transportguts an den Empfänger aus irgendwelchen Gründen unmöglich wird. Ein beispielhaft in Art. 15 Abs. 1 CMR geregeltes Ablieferungshindernis ist die Annahmeverweigerung des Empfängers. Als im gegenständlichen Fall die Annahme des E-Bikes verweigert wurde, trat somit ein Ablieferungshindernis im Sinne der CMR ein. Bei Vorliegen eines Ablieferungshindernisses ist der Frachtführer dazu verpflichtet, Weisungen des Absenders einzuholen. Der Frachtführer muss somit beim Absender nachfragen, wie mit dem Gut weiter zu verfahren ist und hat die Weisung zu befolgen, sofern dies zumutbar ist. Der Absender ist im Gegenzug gemäß Art. 12 CMR verpflichtet dem Frachtführer alle Kosten zu ersetzen, die durch Ausführung der Weisung entstehen.

Rückbeförderung an Beladestelle

Erhält der Frachtführer die Weisung, die Ware zur Beladestelle zurückzuführen, so hat er diese Weisung zu befolgen und endet der Haftungszeitraum erst mit Ablieferung an der Beladestelle. Sofern der Frachtführer in einem angemessenen Zeitraum keine Weisung des Absenders erhält, darf er selbst entscheiden, wie weiter mit der Ware zu verfahren ist. Hierbei muss der Frachtführer jedoch sorgfältig und im Interesse des Verfügungsberechtigten handeln. Zulässige Möglichkeiten sind zum Beispiel die Verbringung in ein anderes geeignetes Lager oder die Rückführung an die Beladestelle. Niemals ist aber der Obhutszeitraum des Frachtführers automatisch mit der Annahmeverweigerung beendet. Sofern die Ware in ein anderes Lager verbracht wird, so haftet der Frachtführer weiterhin bis zur Ablieferung in das Zwischenlager. Sofern die Ware rückgeführt werden soll, haftet der Frachtführer bis zur Ablieferung an der Beladestelle.

Fazit

Da der Verlust im gegenständlichen Fall beim Rücktransport eingetreten ist und dieser somit nach wie vor im Obhutszeitraum des Frachtführers liegt, haftet der Frachtführer für den eingetretenen Schaden. Kann der Frachtführer ferner nicht einmal ansatzweise nachweisen, wie es zu dem Verlust gekommen ist oder wo der Verlust genau eingetreten ist, ist sogar von einem groben Verschulden auszugehen, wodurch der Frachtführer unbegrenzt haftet. In der Praxis sollte bei jeglichen Transport- oder Ablieferungshindernissen stets die Weisung des Auftraggebers eingeholt und diese schriftlich dokumentiert werden. Darüber hinaus sollte dem Auftraggeber eine Frist gesetzt werden, binnen welcher die Weisung zu erteilen ist. Hierdurch ist gewährleistet, dass in einem potentiellen Gerichtsverfahren nachgewiesen werden kann, ab wann der Frachtführer eigenmächtig handeln durfte.

Publikation herunterladen

Kategorien

Archiv

© Copyright - Schärmer + Partner Rechtsanwälte GmbH