Transporteur 04/24 – Dr. Schärmer & Mag. Miskovez – Haftungsfallen im Pharma- und Kühlverkehr – Temperaturverführt?

Transporteur 04/24 – Dr. Schärmer & Mag. Miskovez – Haftungsfallen im Pharma- und Kühlverkehr – Temperaturverführt?

Gerade bei temperaturgeführten Lebensmittel- und Pharmatransporten ist besondere Vorsicht geboten. Immer wieder kommt es durch falsche Dokumentation, unrichtige Bedienung der technischen Einrichtungen oder fehlende Aufklärung zu enormen Haftungen.

Andererseits haben sich gerade in diesem Segment rechtswidrige Taktiken, wie etwa Strafen bei Lieferfristüberschreitungen, verstärkt eingebürgert. Die wichtigsten Fakten rund um das Thema Kühl- und Pharmatransporte, basierend auf aktuellen Fällen unserer Kanzlei, haben wir für Sie auf einen Blick zusammengefasst.

Schadenverdacht problematisch

Eine Beschädigung des Frachtgutes ist grundsätzlich eine äußere oder innere Substanzverschlechterung, die eine Wertminderung des Gutes zur Folge hat. Derartige Schäden sind bei gewöhnlichen Transporten bzw. Waren meist nicht schwer festzustellen. Aber gerade bei Arznei- und Lebensmitteln ist in der Regel zunächst kein Schaden feststellbar - eine Qualitätsbeeinträchtigung kann jedoch aufgrund fehlender Temperaturprotokolle oder anderer Einwirkungen nicht ausgeschlossen werden.

Gemäß § 30 Abs. 8 Z 4 Arzneimittelbetriebsordnung sind Arzneimittel und Verpackungsmaterial so zu transportieren, dass sie u.a. weder in unvertretbarem Maße Hitze, Kälte, Licht, Feuchtigkeit oder einem anderen schädlichen Einfluss ausgesetzt sind. Darüber hinaus normiert § 33 Abs. 5 Arzneimittelbetriebsordnung, dass eine Wiederverwertung von Arzneimitteln, die unsachgemäß gelagert oder transportiert wurden bzw. deren Qualität sonst negativ beeinflusst wurde, verboten ist und diese Arzneimittel nachweislich zu vernichten sind.

In der Praxis werden derartige Arzneimittel womöglich richtig transportiert, allerdings kann aufgrund fehlender Temperaturprotokolle oder Fehlermeldungen der Temperaturfühler oft nicht mit Sicherheit festgestellt werden, ob das Transportgut durchgehend richtig gekühlt wurde.

Tiefgefrorenes

Bei tiefgefrorenen Lebensmitteln sieht das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz "LMSVG" gewisse Anforderungen vor. Aus der darauf basierenden Verordnung für tiefgefrorene Lebensmittel ergibt sich, dass die Temperatur der Ware auf -18 °C oder niedriger gehalten werden muss. Lediglich ein kurzfristiger Anstieg der Temperatur um 3 °C ist zulässig. Somit muss während des Transports durchgehend gewährleistet sein, dass die Temperatur von -15 °C zu keinem Zeitpunkt überschritten wird. Von Temperaturüberschreitungen betroffene tiefgefrorene Lebensmittel sowie Arzneimittel dürfen vor dem Hintergrund des Verbraucherschutzes nicht mehr in den Verkehr gebracht werden. Derartige Ware ist umgehend zu vernichten. In der Praxis liegt bei Temperaturüberschreitungen, meistens ein Totalschaden vor, da eine Substanzbeeinträchtigung nicht mehr mit 100-prozentiger Sicherheit ausgeräumt werden kann.

Luftzirkulation gewährleisten

Obwohl das Aggregat richtig eingestellt und die Ware ordnungsgemäß vorgekühlt wurde, kommt es auch aufgrund mangelhafter Verladung bzw. Verpackung zu Schäden, wenn hierdurch die Luftzirkulation nicht gewährleistet ist. So passiert es in der Praxis oft, dass sogenannte "Doppelstockbalken" zur Ermöglichung der Beladung so angebracht werden, dass diese die an der Fahrzeugdecke befindlichen Luftschläuche abklemmen. Hierdurch ist die Luftzirkulation beeinträchtigt. Auch die Verladung zu hoher Ware führt zum selben Ergebnis. Weiters liegt die Ursache für eine fehlende Luftzirkulation nicht immer nur im oberen Teil der Ware, sondern teilweise auch in der Verpackung bzw. Folierung der Palette. Wird die Ware nämlich mit der Palette durch eine Schrumpffolie so verbunden, dass die Lehrräume im Ladungsträger abgedeckt sind, kann die Luft unter den Paletten nicht zirkulieren.

Verladefehler?

Die Bestimmungen der CMR und des UGB regeln nicht, wer für die ordnungsgemäße Verladung und Ladungssicherung verantwortlich ist. Mangels einer solchen Regelung wird darauf abgestellt, wer vertraglich hierzu verpflichtet und tatsächlich "Herr der Verladung" war. Wird die Verladung, wie dies gerade bei Lebensmitteln üblich ist, ausschließlich durch das Verladepersonal und nicht den Fahrer durchgeführt, haftet der Frachtführer zunächst nicht für hieraus resultierende Schäden.

Wird die Ware durch das Verladepersonal daher so verladen, dass eine Luftzirkulation nicht gegeben ist, liegt ein klassischer Verladefehler vor, für den der Frachtführer mangels anderweitiger vertraglicher Vereinbarung prinzipiell nicht haften würde. Die Haftung des Fahrers ist allerdings dennoch gegeben, wenn es sich um einen offensichtlichen Verlademangel handelt, welcher für den Fahrer erkennbar ist. Gerade bei derartigen offensichtlichen Mängeln muss der Fahrer daher die Verladeweise rügen, auch wenn dieser die Verladung nicht selbst vorgenommen hat. Anders gestaltet es sich nur, wenn der Fahrer während der ganzen Beladung nicht anwesend war und beim Schließen der Aufliegertüren nicht weiter als die erste Palettenreihe blicken kann.

Weitere Aufklärungspflichten

Bei gewöhnlichen Transporten ist es gemäß Art. 11 CMR grundsätzlich Sache des Absenders, dem Frachtführer alle Informationen mitzuteilen und Unterlagen zu übergeben, welche für die Durchführung des Transportes notwendig sind. Besonders bei Kühl- und Pharmatransporten treffen den Spediteur und Frachtführer jedoch ebenfalls weitreichende Aufklärungspflichten.

So kam es in einem von uns betreuten Gerichtsverfahren vor, dass Glasbehältnisse nicht temperaturgeführt transportiert wurden und infolge von eisigen Außentemperaturen brachen. Was zunächst nach einem Verpackungsmangel, der zulasten des Absenders geht, aussah, entpuppte sich als Haftung des Frachtführers aufgrund fehlender Aufklärung.

Es ist Sache des Frachtführers, mittels Wetterbericht zu eruieren, ob besondere Temperatureinflüsse auf die Ware wirken. Im gegenständlichen Fall hätte der Frachtführer erkennen müssen, dass nicht-temperaturgeführte Glasbehältnisse aufgrund der Außentemperaturen brechen können und ein gewöhnliches Fahrzeug somit kein taugliches Transportmittel darstellt. Der Frachtführer hätte den Kunden daher darüber aufklären müssen, dass der Transport mit einem Kofferaufbau temperaturgeführt vorzunehmen ist.

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