Transporteur 02/24 – Dr. Schärmer – Ablieferungshindernisse – Fehlende Kommunikation

Transporteur 02/24 – Dr. Schärmer – Ablieferungshindernisse – Fehlende Kommunikation

Annahmeverweigerung durch Empfänger - fehlende Kommunikation durch den Frachtführer führt zum Totalverlust.

Schon in der letzten Ausgabe haben wir über die rechtlichen Grundlagen und Konsequenzen eines Ablieferhindernisses berichtet. Das Oberlandesgericht Karlsruhe (15 O 4/22) hat sich aktuell mit einem Fall befasst, in dem ein Kommunikationsfehler des Frachtführers zu einer vollen Haftung führte. Diesen Fall haben wir zum Anlass genommen, nochmals zur Wichtigkeit eines richtigen Verhaltens bei Ablieferhindernissen zu sensibilisieren.

Ausgangslage

Im konkreten Fall wurde ein Frachtführer mit einem Transport von Waren, die unter anderem Schmuck und Uhren mit einem Wert von 33.532 Euro enthielt, beauftragt. Der Frachtführer übernahm die Waren vollständig und unbeschädigt und traf fristgerecht an der Entladestelle ein. Der Lkw wurde an diesem Tag jedoch nicht entladen und der Frachtführer vom Empfänger gebeten, in der Nacht nochmals anzuliefern. Bei dieser zweiten Anlieferung wurden die Waren aber erneut nicht angenommen, da etwas mit den Kennzeichnungen offenbar nicht stimmte. Daraufhin hat der Frachtführer die Ware in ein nahegelegenes Lagerhaus verbracht und dort eingelagert.

Da die Waren nicht ordnungsgemäß abgeliefert wurden, begehrte der Auftraggeber Schadenersatz in Höhe des vollen Warenwerts. Auch zu Beginn des Gerichtsverfahrens befand sich die Ware nach wie vor im Lagerhaus und es wurde danach nochmals versucht, die Ware anzuliefern. Auch hier gab es eine erneute Annahmeverweigerung.

Hintergrund

Ein Ablieferungshindernis liegt vor, wenn die Aushändigung des Transportguts an den Empfänger zu einem bestimmten Zeitpunkt objektiv unmöglich wird. Es ist hierbei unerheblich, ob die Ablieferung aufgrund eines vom Frachtführer oder eines vom Auftraggeber vertretenden Umstandes unmöglich wird. Auch die Annahmeverweigerung des Empfängers, egal aus welchem Grund, stellt ein Ablieferungshindernis dar.

Liegt somit ein Ablieferungshindernis vor, kann die Ware nicht ordnungsgemäß abgeliefert werden und befindet sich somit nach wie vor im Obhutszeitraum des Frachtführers. Gemäß Art. 17 CMR haftet der Frachtführer auch in diesem Fall weiterhin für sämtliche Beschädigungen und Verluste, die in diesem Zeitraum eintreten.

Warenverlust?

Gemäß Art. 20 CMR kann der Verfügungsberechtigte das Gut, ohne weitere Beweise erbringen zu müssen, als verloren betrachten, wenn dieses nicht binnen 30 Tagen nach Ablauf der vereinbarten Lieferfrist abgeliefert worden ist. Wurde keine Lieferfrist vereinbart, beträgt die Frist 60 Tage ab Übernahme des Gutes. Diese sogenannte Verlustfiktion der CMR berechtigt den Verfügungsberechtigten somit, das Gut als verloren zu betrachten, wenn dieses innerhalb eines gewissen Zeitraumes nicht abgeliefert wird.

Hintergrund dieser Vorschrift ist, dass der Verfügungsberechtigte nicht der unsicheren Situation ausgesetzt sein soll, keine sinnvolle Entscheidung über eine anderwärtige Beschaffung der überfälligen Güter treffen zu können. Würde es nämlich keine Verlustfiktion geben, bestünde immer die Gefahr, dass der Verfügungsberechtigte nach einer gewissen Zeit ein Ersatzgut einkaufen muss und in weiterer Folge dennoch das ursprüngliche Gut erhält.

Ablauf der Frist

Es ist wichtig hervorzuheben, dass der Verfügungsberechtigte nach Ablauf der Frist unabhängig davon, ob der tatsächliche Standort des Gutes bekannt ist, von einem Verlust ausgehen kann. Es ist dabei vollkommen unerheblich, ob der Frachtführer und der Verfügungsberechtigte wissen, wo sich das Gut befindet oder ob es tatsächlich unauffindbar ist. Im gegenständlichen Fall wurde die Ware, wie bereits beschrieben, vom Empfänger nicht angenommen und daraufhin in einem nahegelegenen Lager eingelagert. Da die Ware somit nach wie vor nicht wirksam abgeliefert war und auch keine Lieferfrist vereinbart wurde, lief die 60-tägige Frist des Art. 20 seit der Übernahme der Güter weiter.

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