Transporteur 11/23 – Dr. Schärmer – Originalpapiere – Sind ihre AGB wasserdicht?

Transporteur 11/23 – Dr. Schärmer – Originalpapiere – Sind ihre AGB wasserdicht?

Nahezu täglich erreichen uns Anfragen, ob es zulässig ist, die Bezahlung der Fracht zurückzubehalten, bis originale Transportpapiere übermittelt werden.

Vor Kurzem konnten wir erneut die Frachtforderung eines Mandanten erfolgreich durchsetzen und Klarheit im Streit um die Originalpapiere schaffen.

Ausgangslage

Unser Mandant, ein österreichischer Frachtführer wurde von einem ausländischen Spediteur mit der Durchführung eines internationalen Transports beauftragt. Bereits in der Korrespondenz verwies unser Mandant über dessen E-Mail-Signatur auf die Gültigkeit seiner AGB. Darin ist insbesondere geregelt, dass der Anspruch auf Zahlung der Fracht mit Ablieferung des Frachtguts entsteht und ein ausnahmsloses Aufrechnungs-und Zurückbehaltungsverbot zugunsten unseres Mandanten gilt.

Im Zuge der Beauftragung übermittelte der Auftraggeber einen Transportauftrag samt AGB. Darin war geregelt, dass die Zahlung 45 Tage ab Übermittlung der Originaldokumente per Post beginnt. Der Transport wurde ordnungsgemäß durchgeführt, die Bezahlung der Fracht durch den Auftraggeber jedoch zurückbehalten, da die Originalpapiere nicht übermittelt wurden. Daraufhin haben wir Klage gegen den Spediteur auf Bezahlung der Fracht eingebracht.

AGB wirksam vereinbart?

Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten regelmäßig nur kraft ausdrücklicher oder stillschweigender Vereinbarung. Dabei genügt es, wenn der Unternehmer vor dem Abschluss des Vertrags erklärt, nur zu seinen allgemeinen Geschäftsbedingungen kontrahieren zu wollen und sich der Geschäftspartner daraufhin mit ihm einlässt. Haben nun beide Parteien wie im gegenständlichen Fall in ihren AGB Widersprüche, die jeweils besagen, dass die gegnerische AGB nicht akzeptiert werden, liegt offenbar keine Einigung über die AGB vor. Das Festhalten beider Parteien am Vertrag trotz ihrer Berufung auf einander widersprechende Geschäftsbedingungen führt zur Teilungsgültigkeit. Bestehen somit widersprechende AGB, bedeutet dies nicht, dass der ganze Transportvertrag ungültig ist, sondern nur jene Teile, die sich widersprechen.

Die Vereinbarung über Beladeort, Entladeort und Frachtpreis kam im gegenständlichen Fall ohne Widerspruch wirksam zustande. Hinsichtlich der Fälligkeit der Forderung, widersprechen sich die AGB jedoch zweifellos und wird vom Gericht in so einem Fall angenommen, dass gar keine Vereinbarung über die Fälligkeit getroffen wurde (offensichtlicher Dissens zwischen den Parteien hinsichtlich der Fälligkeit).

Liegt ein solcher Fall vor, muss das Gericht auf die gesetzlichen Regelungen zurückgreifen.

Was gilt gesetzlich?

Da es sich bei einem Transportvertrag um einen Werkvertrag handelt, besteht der geschuldete Erfolg des Frachtführers in der Verbringung der Güter von einem Ort an einen anderen. Der Frachtführer schuldet somit als Hauptleistungspflicht die schadenfreie Ablieferung. Gemäß § 1170 ABGB tritt die Fälligkeit bei Werkverträgen mit Leistungserbringung (schadenfreie Ablieferung) ein.

Dies bedeutet zusammengefasst, dass der Frachtführer Anspruch auf Bezahlung des Frachtlohns hat, wenn er seiner Hauptleistungspflicht nachgekommen ist und die Ware schadenfrei abgeliefert hat. Ist somit, wie im gegenständlichen Fall hinsichtlich der Fälligkeit nichts vereinbart worden (da sich die AGB widersprechen), kann sofort nach Ablieferung abgerechnet werden.

Nebenvereinbarung?

Selbst wenn die AGB des Auftraggebers wirksam vereinbart worden wären, bedeutet eine solche Vereinbarung noch nicht, dass die Zurückbehaltung der Fracht tatsächlich zulässig ist. Die Vereinbarung zwischen dem Auftraggeber und der Frachtführer, dass dieser Transportpapiere im Original zu übermitteln hat, kann zwar eine Nebenleistungspflicht des Frachtführers aus dem Transportvertrag begründen, niemals jedoch eine Hauptpflicht. Übersendet der Frachtführer daher die originalen Papiere nicht an den Auftraggeber, so führt dies möglicherweise zu einer Verletzung der Hauptpflicht. Die Hauptpflicht bleibt nämlich stets die schadenfreie Ablieferung. Die Zurückbehaltung des gesamten Frachtlohns trotz nachweislich ordnungsgemäßer Ablieferung ist daher grundsätzlich unzulässig.

Bearbeitungsgebühr

Beim Abzug einer Bearbeitungsgebühr kommt es nicht mehr auf die Unterscheidung zwischen der Nebenleistung und der Hauptleistung an. Schließlich wird der Großteil der Fracht in solch einem Fall bezahlt. Auch hier ist jedoch zu untersuchen, ob die Einhebung einer Bearbeitungsgebühr für die Nichtübermittlung von Originalpapieren überhaupt wirksam vereinbart wurde.

Wenn den AGB - wie im oben beschriebenen Fall - wirksam widersprochen wurde, gilt auch die Bearbeitungsgebühr nicht. Weiters ist der Abzug einer Bearbeitungsgebühr oft aufgrund des vereinbarten Aufrechnungsverbots gar nicht zulässig. Schließlich ist auch zu überprüfen, ob die Bearbeitungsgebühr schikanös und ungerechtfertigt eingehoben wird. Hat der Auftraggeber nämlich selbst den vollen Frachtpreis von dessen Kunden erhältlich und sind diesem auch tatsächlich keine "Bearbeitungskosten" in Form eines Aufwands entstanden, kann die Einhebung einer solchen Bearbeitungsgebühr schikanös und rechtsmissbräuchlich sein.

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