Transporteur 12/23 – Dr. Schärmer – Verantwortlicher Beauftragter – Weiterhin Vorteile

Transporteur 12/23 – Dr. Schärmer – Verantwortlicher Beauftragter – Weiterhin Vorteile

Die Verunsicherung in der heimischen Transportbranche ist groß. Wir zeigen auf, warum der verantwortliche Beauftragte immer noch Sinn macht.

Wie schon in der Juni-Ausgabe berichtet, beschäftigte sich der europäische Gerichtshof in seiner Entscheidung (C - 155/22) mit der Frage, ob die in Österreich gesetzlich vorgesehene Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten nach § 9 Abs. 2 VstG mit dem europäischen Recht vereinbar ist. Diese Entscheidung hat bereits hohe Wellen in der Transportbranche geschlagen, da sie zu weitreichenden Änderungen in der Behördenpraxis führen könnte.

Aufgrund dieses neuen Urteils kursiert in der heimischen Transportbranche nun auch die Fehlmeinung, dass die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten gar keinen Sinn mehr machen würde. Wir haben für Sie auf einen Blick zusammengefasst, weshalb die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten dennoch weiterhin empfohlen wird

Vorschieben?

Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern ist in Österreich mit dem § 9 Abs. 2 VstG eine besondere Form der Verantwortlichkeit für Strafen vorgesehen. In diesem Zusammenhang können Unternehmen einen verantwortlichen Beauftragten bestellen und haftet dieser fortan für Verwaltungsstrafen im bestellten Bereich (beispielsweise KFG oder AZG). Der europäische Gerichtshof hat diese Vorschrift zwar nicht für unzulässig erklärt, hat aber gesagt, dass die Strafen des verantwortlichen Beauftragten bei der Zuverlässigkeit des Unternehmens mitberücksichtigt werden müssen. Obwohl somit zukünftig das mitunter vorkommende „Vorschieben“ eines verantwortlichen Beauftragten nicht dazu führt, dass trotz vieler Strafen der Konzessionsinhaber nicht mehr um seine Konzession fürchten muss, bringt die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten weiterhin gewisse Vorteile mit sich.

Meldung an die Behörde

Zur wirksamen Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten bedarf es nur in besonderen Fällen einer Meldung an die Behörde. Beispielsweise im Bereich des KFG oder GGBG kann ein verantwortlicher Beauftragter einfach mit einer Urkunde bestellt werden und gilt ab dem Zeitpunkt der Unterfertigung als wirksam bestellt. Der Behörde muss diese Bestellung nicht gesondert gemeldet werden.

Wieso? Weil die Behörde ohnehin alle Strafen grundsätzlich auf den handelsrechtlichen Geschäftsführer ausstellt oder das Unternehmen in einem Verwaltungsstrafverfahren selbst dazu auffordert, die verantwortliche Person bekanntzugeben. In der Praxis wird dann meist im Einspruch vom Unternehmer bekannt gegeben, dass ein verantwortlicher Beauftragter bestellt wurde und wird das Verfahren dann auf diese Person umgestellt.

Verjährung abwarten?

Zu beachten ist, dass eine Person nur verfolgt werden kann, wenn die Behörde innerhalb eines Jahres ab dem Zeitpunkt der Übertretung eine wirksame Verfolgungshandlung gegen diese Person setzt. Zunächst könnte man daher meinen, dass es besonders klug wäre, bei jeder Strafe gegen den handelsrechtlichen Geschäftsführer den Ablauf eines Jahres abzuwarten und erst dann den verantwortlichen Beauftragten bekanntzugeben. Dann wäre nämlich ein Jahr bereits abgelaufen und der verantwortliche Beauftragte nicht mehr verfolgbar.

Diesem Vorgehen wurde mit § 32 VstG jedoch ein Riegel vorgeschoben und gilt jede Verfolgungshandlung gegen den handelsrechtlichen Geschäftsführer auch als Verfolgungshandlung gegen den verantwortlichen Beauftragten. Die Verjährung ist somit gehemmt. Durch die spätere Bekanntgabe eines verantwortlichen Beauftragten hat man in dieser Konstellation somit keine Vorteile.

Tauschen und Täuschen

In der Praxis passiert es aber, dass Behörden, nachdem bereits mehrere Verfahren gegen ein Unternehmen und dessen verantwortlichen Beauftragten geführt wurden, die nächsten Strafen bereits direkt an den verantwortlichen Beauftragten ausstellt. Die Behörde fragt dann beim Unternehmen nicht mehr nach, wer der verantwortliche Beauftragte ist und bestraft auch nicht zunächst den handelsrechtlichen Geschäftsführer, sondern gleich den verantwortlichen Beauftragten, der bereits aus dem Vorverfahren bekannt ist. Wer seine verantwortlichen Beauftragten jedoch regelmäßig wechselt bzw. austauscht, hätte in diesem Fall einen Vorteil.

So passiert es nämlich, dass die Behörde aus Gewohnheit den ihr bereits bekannten verantwortlichen Beauftragten belangt, dieser tatsächlich aber gar nicht mehr als verantwortlicher Beauftragter agiert. In solch einem Fall lohnt es sich dann den Eintritt der Verfolgungsverjährung abzuwarten, um die Bestellung des neuen verantwortlichen Beauftragten bekannt zu geben. Hat die Behörde nämlich von Anfang an den falschen verantwortlichen Beauftragten verfolgt, kann diese nach einem Jahr nicht mehr auf den richtigen verantwortlichen Beauftragten oder den handelsrechtlichen Geschäftsführer umstellen.

Wie bereits oben beschrieben, bezieht sich die Verjährungshemmung nämlich nur auf die Umstellung von Strafen vom handelsrechtlichen Geschäftsführer auf den verantwortlichen Beauftragten und nicht umgekehrt. Auch die Umstellung von einem verantwortlichen Beauftragten auf den anderen ist dann nicht mehr möglich.

Zusammengefasst: wenn somit regelmäßig der verantwortliche Beauftragte ausgetauscht wird, kann es passieren, dass eine Behörde aus Versehen den falschen verantwortlichen Beauftragten direkt belangt, diese Strafe aufgehoben und nicht mehr auf andere Personen umgestellt werden kann.

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